Seit dem Aufruhr um Daniela Gaugler rückt das Amt des höchsten Baselbieters an den Rand der Glaubwürdigkeit. Dabei wäre das Amt des politischen Taktgebers ein Tritt auf der politischen Karriereleiter.
Das Leben der Daniela Gaugler ist kein einfaches im Moment. Sie liegt wegen eines möglichen Vergehens gegen das Baugesetz im Rechtsstreit mit dem Kanton, ihr Name dominiert im Wochenrhythmus die Schlagzeilen der Lokalpresse.
Indem sie Informationen zurückhält, versucht die 52-jährige Unternehmerin wieder die Oberhand über die Berichterstattung zu erlangen. Aber es gelingt ihr nicht. Nicht im Regionalfernsehen, auch nicht über unklare Stellungnahmen.
Führungsaufgabe statt Gezänk
Aber ob sie die Gäste in ihrem «Bed and Breakfast» in Lausen nun zu lange beherbergt, ob sie nun illegal Wohnungen vermietet hat oder nicht und ob es sich dabei nur um eine Bagatelle handelt oder nicht: Das spielt aufs Ganze gesehen keine Rolle mehr.
Denn die SVP-Politikerin Daniela Gaugler hätte eigentlich anderes zu tun: Sie ist die höchste Baselbieterin. Als Präsidentin des Landrats führt sie das Parlament, das die Gesetze erlässt, das der Regierung Aufträge erteilt, das über die Zukunft des Kantons bestimmt.
Der Landratspräsident muss die Behandlung wichtiger Geschäfte vorantreiben und ein Gremium von Kollegen aus allen Parteien leiten, die sich in Geschäften nur zu oft spinnefeind sind. Er ist zugleich Krisenmanager und Taktangeber des kantonalen Politbetriebs, wie ehemalige Landratspräsidenten gerne anführen.
Das aufwendige Jahr im Politikerleben wird auch finanziell abgegolten: Mit allen Entschädigungen, die ein Landratspräsident zum Beispiel für Repräsentationszwecke einfordern kann, summiert sich durchaus die stolze Summe von einem mittleren fünfstelligen Betrag – je nach verrechnetem Aufwand.
Karriereschritt und Krönung
Für ambitionierte Politiker war das Amt vor allem ein attraktiver Tritt auf der Karriereleiter. Allein in den letzten zehn Jahren gelangten mehrere Landratspräsidenten zu nationalen Weihen: FDP-Nationalrätin Daniela Schneeberger, SP-Nationalrat Eric Nussbaumer, CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter.
Auch weniger ambitionierte Landratspräsidenten waren erfolgreich. Meist waren es ältere Politsemester, die sich über Jahre einen Ruf in der Kantonalpolitik erarbeitet hatten. Für sie war die Wahl die Krönung eines langen Engagements in der Kantonalpolitik.
Offene Kritik gibt es selten. Der kollegiale Respekt gebietet vielen Politikern, den Landratspräsidenten für die Amtsführung nicht offen anzugreifen.
So wird auch an Ehemaligen meist nur hinter vorgehaltener Hand Kritik geübt, doch von linker wie von bürgerlicher Seite wird eine Häufung führungsschwacher Präsidenten insbesondere in den vergangenen Jahren moniert. Das Resultat: Ein Stau in der Politik. Zu lange Traktandenlisten, Stapel unbehandelter Vorstösse, ausufernde Debatten.
Die Würde des Amtes verlangte, dass ein Rücktritt nicht leichtfertig geschah. Ein Landratspräsident steht für Stabilität im Kanton, im Herausragenden wie im Mittelmässigen. Eher trägt ihn das Parlament durch das eine Amtsjahr, als dass man es zum Eklat eines Rücktritts kommen lässt.
Doch bei der politisch unscheinbaren Daniela Gaugler ist es nun plötzlich anders. Mittepolitiker der BDP und Grünliberalen formulieren erste Rücktrittsforderungen. Und wie die BaZ nun schreibt, soll vor der nächsten Landratssitzung eine «Krisensitzung» stattfinden, an der sich die Fraktionspräsidenten mit der Landratsräsidentin aussprechen wollen.
Und heute Donnerstag widerspricht ihr in der Baubewilligungsfrage auch noch offiziell die eigene Wohngemeinde (Mitteilung auf der Rückseite des Artikels).
Aber auch wenn über die mögliche Baurechtsverletzung vor ihrer Wahl ins Amt gestritten wird: Die eigentliche Frage ist letztlich keine juristische.
Es ist die Frage, ob die höchste Baselbieterin mit ihrer Informationspolitik, ihrem Auftreten und widersprüchlichen Informationen noch das Vertrauen der Volksvertreter geniesst. Wer sich in einem derart exponierten Amt wie dem Landratspräsidium befindet, von dem wird erwartet, dass er sich in einer Krisensituation nicht zurückzieht.
Die Partei schweigt
Die Landratspräsidentin hat die Vertrauensfrage für sich bereits beantwortet: Sie sehe keinen Anlass zum Rücktritt und wolle das Amt weiterhin ausüben, teilte Gaugler am Montag nach ihren Ferien mit. Was ihre Partei davon hält, ist noch offen. Nun weilt SVP-Parteipräsident Oskar Kämpfer in den Ferien und schweigt.
Nun kann Daniela Gaugler immer noch als erste Landratspräsidentin in die Chroniken des Landkantons eingehen, die sich während der Amtszeit zum Rücktritt gezwungen sah.
Oder sie bleibt im Amt, wie sie ankündigt. Und wird noch einige Monate als unglückliche Kommunikatorin in Erinnerung bleiben, deren mit Abstand grösste öffentliche Präsenz durch eine mögliche Baurechtsverletzung und eine verwirrende Informationspolitik entstand.
Für Daniela Gaugler gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Und die Tatsache, dass ein Rücktritt ein Donnerschlag im Politbetrieb wäre. Letztlich hiesse das, die Präsidentin räumt den Sitz, weil sie das Amt nicht mehr ausführen kann: Der Eklat eines Rücktritts wäre also in Kauf zu nehmen, um die Würde des Präsidiums zu wahren.