Am Dienstag stimmte der Nationalrat gegen eine Änderung des Nationalen Finanzausgleichs, die den Stadtkanton jährlich um 30 Millionen Franken entlastet hätte. Eine Stimme hätte gereicht, um den Antrag anzunehmen.
Die Politik schreibt manchmal kuriose Geschichten. Am vergangenen Dienstag ereignete sich ein Fall, wie er selten im Bundeshaus vorkommt. Der Nationalrat lehnte einen Antrag zum Nationalen Finanzausgleich (NFA) mit einer Stimme Unterschied ab – es standen 92 gegen 91 Stimmen. SVP-Parteipräsident Toni Brunner war bei der Abstimmung nicht anwesend, ebenso fehlte die SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr, die sich nun wegen dem Entscheid gegen Vorwürfe wehren muss.
Bei den meisten Abstimmungen im Parlament fallen die Abwesenden nicht ins Gewicht. An diesem Dienstagvormittag fehlten ihre Stimmen jedoch. Ein Antrag der Finanzkommission forderte, dass Einsparungen vom Bund (196 Millionen Franken) aus dem NFA auf jene Kantone verteilt werden, die aufgrund ihrer soziodemografischen Struktur mehr Ausgaben haben, als andere Kantone. Kurz: Kantone mit grossen Städten – also vor allem Genf, Zürich, Waadt und Basel-Stadt – hätten von der Änderung profitiert.
Eine «Ohrfeige ins Gesicht»
Basel-Stadt wäre damit jährlich um 30 Millionen Franken entlastet worden, das berechnete das Basler Finanzdepartement. Im 2015 zahlte der Stadtkanton Netto 92 Millionen Franken in den NFA. Künftig sollen es pro Jahr etwa 12 Millionen Franken weniger sein, dafür sprach sich der Nationalrat ebenfalls an diesem Dienstagmorgen aus.
Alle Basler Nationalräte mit Ausnahme von Markus Lehmann (CVP) stimmten dem Antrag der Finanzkommission zu. SP-Nationalrat Beat Jans ist entsetzt darüber, dass Lehmann nicht für die Ausschüttung der Bundesgelder stimmte. Für Jans wäre der Vorschlag eine Chance gewesen, die ungleiche Belastung der Städte zu korrigieren. «Vermutlich war es ein Versehen», sagt Jans.
Dass auch einige Baselbieter Nationalräte – Christian Miesch (SVP), Daniela Schneeberger (FDP) und Elisabeth Schneider-Schneiter (CVP) – gegen den Antrag stimmten, empfindet Beat Jans als «Ohrfeige ins Gesicht»: «Sie bringen Basel ohne Not, ohne Nutzen für Baselland und gegen den Wunsch ihrer eigenen Regierung um jährlich 30 Millionen Franken Einnahmen.»
Geld bleibt beim Bund
Die Baselbieterin Daniela Schneeberger folgte mit ihrer Stimme dem Bundesrat, der die Einsparungen von 196 Millionen Franken nicht verteilen wollte. «Das heutige System hat sich bewährt», sagte sie vor dem Parlament. Die CVP sehe keine Notwendigkeit den soziodemografischen Lastenausgleich zu erhöhen, man habe sich sehr intensiv und sorgfältig mit dem Thema befasst.
Es ist davon auszugehen, dass Markus Lehmann dementsprechend der Linie seiner Partei folgte. Warum er in dieser Frage nicht primär den finanziellen Interessen seines Kantons folgte, bleibt unbeantwortet. Lehmann war trotz mehrmaliger Kontaktaufnahme bisher nicht erreichbar.
Mit dem knappen Entscheid des Nationalrats bleiben die 196 Millionen Franken nun voraussichtlich beim Bund, das Geld soll nicht an die Kantone verteilt. Der Ständerat wird das letzte Wort über die NFA-Änderungen haben.