Lösung im Streit um den kantonalen Finanztropf

Wer hat, der gibt – und wer kriegt, will immer mehr. Im Seilziehen um den kantonalen Finanzausgleich hat der Baselbieter Finanzdirektor Anton Lauber zum Befreiungsschlag angesetzt. Damit kann er sogar Erfolg haben.

Beim Streit um den Finanzausgleich scheint der Baselbieter Finanzdirektor Anton Lauber den Kompromiss gefunden zu haben. (Bild: Nils Fisch)

Wer hat, der gibt – und wer kriegt, will immer mehr. Im Seilziehen um den kantonalen Finanzausgleich hat der Baselbieter Finanzdirektor Anton Lauber zum Befreiungsschlag angesetzt. Damit kann er sogar Erfolg haben.

Der kantonale Finanzausgleich. Ein Wort, dass bereits hohe Komplexität ausstrahlt, aber im Grunde etwas einfaches meint: Die vermögenden Gemeinden unterstützen die darbenden Gemeinden. Wer hat, der gibt, wer nicht hat, der bekommt. Das alte Prinzip der Solidarität.

Für die Gemeinden geht es um Millionen von Steuerfranken – und damit ans Lebendige. Klar, dass da Streit nicht weit ist. Das aktuelle System sei unfair, klagten grosse Gemeinden. Sie würden zu viel einzahlen und ihre finanzschwachen Nachbarn würden über Gebühr kassieren. Der Streit eskalierte politisch, als die Gebergemeinden unter der Anführung von Binningen und Reinach einen Systemwechsel forderten – per Gemeindeinitiative.

Jetzt hat Anton Lauber den Kompromiss gefunden. Er hat ein Finanzausgleichsgesetz entwickelt, und das behagt praktisch allen grossen Parteien – und auch den meisten kleinen Gemeinden. Das förderte die Vernehmlassung zutage, die am 2. März abgeschlossen wurde.

Zehn Millionen Franken weggestrichen

Das Resultat bestätigte sich, als der Baselbieter Finanzdirektor die Resultate am Donnerstag präsentierte. «Die Vorlage wurde ausserordentlich positiv aufgenommen», sagt Lauber. «Dazu gehören auch Gemeinden, die nicht restlos begeistert sind. Aber das Verständnis ist gross», betonte er.

Immerhin schrumpft der Ausgleichsbetrag um rund zehn Millionen Franken. Derzeit hat das Baselbiet im Schweizer Vergleich ein sehr hohes Ausgleichsvolumen. Nun sinkt das Niveau deutlich. Es soll in Dreijahresschritten vom Regierungsrat festgelegt werden.

Ohne eine Übergangsfrist wären einige Gemeinden mit der Umstellung allerdings überfordert. Darum federn zusätzliche Übergangsbeiträge die Auswirkungen der Jahre 2016 bis 2019 ab. 2016 steht ein Betrag von 7,9 Millionen Franken im Jahr zur Verfügung, bis 2019 sinkt er auf zwei Millionen.

Gemeindefusionen werden sogar zur Option

Spätestens dann muss Laubers grosser Plan greifen. Und der verlangt nach einer engen Zusammenarbeit – unter den Gemeinden sowie zwischen Kanton und den Gemeinden. Eine Gemeinde, so Lauber, müsse eine kritische Grösse haben, um Aufgaben vom Kanton zu übernehmen. «Dazu braucht es regionale Lösungen.»

Damit dürfte er nicht nur Zweckverbände und seine noch nicht zu Faden geschlagene Idee der Regionalkonferenzen meinen, sondern auch Gemeindefusionen. Die entsprechenden Regelungen sollen ins Gemeindestrukturgesetz fliessen, das die Regierung im Herbst dem Landrat zutragen will. Die Vernehmlassung ist abgeschlossen, Parteien und Gemeinden hätten die Vorlage positiv aufgenommen, so Lauber.

Das neue Finanzausgleichsgesetz will Lauber per 1. Januar 2016 umsetzen – und hofft dabei, eine Volksabstimmung zu vermeiden. Das bedingt allerdings, dass Vierfünftel des Landrats Ja stimmen. Das Parlament könnte seine Entscheidung sogar ins kommende Jahr vertagen; das Gesetz würde dann trotzdem rückwirkend per Anfang Anfang 2016 in Kraft treten können.

Fünf dagegen: «Wunderbar», so Lauber

Von den 86 Baselbieter Gemeinden sind nur fünf dagegen: Bretzwil, Ettingen, Läufelfingen, Reigoldswil und Titterten. Drei weitere Gemeinden äusserten sich in der Vernehmlassung nicht klar, 78 haben sich für das Gesetz ausgesprochen. «Das ist ein wunderbares Go», frohlockte der Finanzvorsteher, «und die Solidarität wird gewahrt.»

Auch die Parteien begrüssen die Vorlage. CVP, FDP, SVP, SP und Grüne sprachen sich grundsätzlich dafür aus, die EVP bezog keine Stellung, die Grünliberalen reagierten mit Ablehnung. Auch der Verband Baselbieter Gemeinden, das Birstal sowie die Plattform Birstal Plus stimmten der Vorlage zu.

Ebenso bedeutend ist die Zustimmung jener Gemeinden, die für die damalige Gemeindeinitiative verantwortlich zeichnen. Unter dem Lead von Reinach und Binningen hatten sie das neue Finanzausgleich-System angestossen. Winkt der Landrat das Gesetz in seiner heutigen Form unverändert durch, würden sie ihre Initiative wohl zurückziehen. Er habe jedenfalls entsprechende Signale erhalten, so Anton Lauber.

Grosses Entgegenkommen an die Gebergemeinden

Konkret sieht das neue Finanzausgleichsgesetz als einschneidendste Anpassung die Abschaffung der Zusatzbeiträge für die 36 finanzschwächsten Gemeinden vor. Sie galten stets als Fremdkörper. Ausserdem sinkt die Grenzabschöpfung von 80 auf 60 Prozent, will heissen: Je zusätzlichem Steuerfranken bliebe den Gebergemeinden künftig nicht nur 20, sondern 40 Rappen. «Dadurch wird eines der grössten Anliegen der Gebergemeinden, nämlich die Budgetsicherheit, deutlich gestärkt», erklärte Lauber.

Eine Steuerkrafterhöhung in den Gebergemeinden wird sich also künftig mehr auszahlen, während einigen Nehmergemeinden vor allem im Oberbaselbiet massive Einschnitte drohen. 58 Gemeinden werden stärker belastet, Gebergemeinden wie Allschwil, Binningen, Reinach oder Muttenz werden dagegen je über eine Million Franken einsparen. «Der neue Finanzausgleich gibt den Gemeinden mehr Autonomie», ist Anton Lauber überzeugt. Diese Autonomie beinhaltet auch die Erhöhung des einen oder anderen Steuerfusses in den Nehmergemeinden.

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