Machen Sie Platz, Madame! Guy Morin schielt auf Sibel Arslans Nationalratssitz

Alt-Regierungspräsident Guy Morin liebäugelt mit einer Kandidatur für den Nationalrat. Würde er gewählt, dann wohl auf Kosten von Sibel Arslan. Und damit auf Kosten der Basler Frauen im Parlament. Die BastA! hält sich dennoch bedeckt.

Jetzt wirds eng: Guy Morin will 2019 nach Bern. Das könnte Sibel Arslan ihren Platz kosten.

Lange hielt es Guy Morin abseits des Rampenlichts nicht aus. Ein gutes Jahr war es ruhig um den grünen Politiker. 2017 schied er als Regierungspräsident aus dem Amt. Und entschied sich, nach zwölfjähriger Pause wieder als Hausarzt zu praktizieren. Praxisgemeinschaft statt Rathaus heisst seit Mai 2017 seine Werkstatt.

Sein neuer alter Job scheint ihn nicht auszufüllen. «Ich sags einmal so: Mein neues Leben ist nicht ganz einfach», zitierte ihn die «Schweiz am Wochenende». Morin sucht deshalb sein grosses Comeback und denkt daran, 2019 bei den Nationalratswahlen zu kandidieren. Das will die «Basler Zeitung» aus parteinahen Kreisen erfahren haben. Der Grüne Grossrat Jürg Stöcklin sagt zur Zeitung: «Guy Morin hat uns sein Interesse für eine Kandidatur bestätigt.» Ob er 2019 dann auch antreten dürfe, sei aber noch nicht entschieden.

Sibel Arslan wählt die Diplomatie

Was würde das für Sibel Arslan bedeuten? Die BastA!-Politikerin wurde 2015 als Mitglied des Bündnisses aus Grünen und BastA! überraschend in den Nationalrat gewählt. Damit besetzte sie neben Silvia Schenker und Beat Jans, beide SP, einen dritten Basler Sitz für das links-grüne Lager. Sollte jetzt Morin kandidieren, gerät ihr Stuhl ins Wackeln – es ist fraglich, ob das Basler Stimmvolk gleich zwei Personen aus dem Grünen Bündnis wählt.

Das ist auch Sibel Arslan bewusst. Dennoch gibt sie sich professionell: «Es geht primär darum, den Sitz fürs Bündnis zu sichern», sagt sie. Morin habe bereits vorsorglich mit ihr gesprochen. Dieser hält sich derweil bedeckt: «Es ist alles offen, die Gespräche sind am Laufen», sagte er zu «barfi.ch».

«Mindestens zwei Frauen in Bern muss unser Ziel sein »

Politikerinnen aus dem Umfeld der Nationalrätin zeigen sich ob Morins Bestreben und Arslans Reaktion überrascht. «Ich war erstaunt, als ich gelesen habe, dass Sibel Arslan eine Kandidatur von Guy Morin begrüssen würde», sagt die Basler SP-Nationalrätin Silvia Schenker zur TagesWoche. Arslan riskiere damit natürlich ihren eigenen Sitz: «Der dritte Sitz ist immer wackelig. Und die erste Wiederwahl eine grosse Hürde – für alle Parlamentarier.» Dass Arslan das Risiko in Kauf nimmt, das Mandat zu verlieren, um den Sitz fürs Grüne Bündnis zu sichern, sei dennoch nicht abwegig.

Mit einer Kandidatur von Morin wäre die Gefahr gross, dass mit Arslan auch die Basler Frauen aus dem Nationalrat verschwinden – denn Silvia Schenker tritt Ende dieser Legislatur ab. Dieses Ungleichgewicht ist für Schenker inakzeptabel: «Unser Ziel muss es sein, mindestens zwei Frauen in Bern zu haben», betont sie.

Arslan habe bisher einen guten Job gemacht. «Sie hat sich in der aussenpolitischen Kommission und in der Rechtskommission einen Sitz gesichert und in verschiedenen Vorlagen Minderheitsanträge vertreten. Sie spielt eine aktive Rolle.» Laut Schenker hat sie sich in der kurzen Zeit ein breites Netzwerk aufgebaut. Das sei nicht selbstverständlich: «Ich habe andere erlebt, die viel mehr Zeit brauchten, bis sie da waren, wo Sibel jetzt ist.» Auch innerhalb der Fraktion sei der Rückhalt da.

Vage Worte von der Parteipräsidentin

Und was sagt eigentlich die BastA! zur Sache – eine Partei, die sich bei Genderdiskussionen in der Regel klar positioniert? Überraschend wenig. «Das ist alles noch sehr hypothetisch. Natürlich sollten sich die Parteien dazu Gedanken machen. Aber welche Kandidaten sie aufstellen wollen, ist ihnen selber überlassen», sagt die Co-Präsidentin Tonja Zürcher. Hier geht wohl der Frieden mit der Bündnispartnerin über die Frauensolidarität.

Dafür kritisiert Zürcher die Kommunikation der Grünen. Sie habe aus den Medien von den Absichten Guy Morins und der Parteileitung erfahren – und das sei unschön. «In einer Partner-Partei muss man miteinander reden können», sagt sie.

Zum Schluss stärkt Zürcher ihrer Parteikollegin dann doch den Rücken: «Sibel ist mit einem sehr guten Resultat gewählt worden. Ihre Abwahl wäre ein Verlust für unser Bündnis», sagt Zürcher. Sie habe rasch an Einfluss gewonnen in Bundesbern. «Von ihr hört man mehr als von Anderen. Zum Beispiel bei den Themen Konzernverantwortung, Aussenpolitik und Gleichstellung.»

Apropos Gleichstellung: Grüne und BastA! müssen sich überlegen, ob es wirklich im Sinne der Gleichstellung ist, wenn ein älterer Mann den Nationalratssitz einer jungen Frau angreift.

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