Die Separatisten bauen in der Ostukraine ihre «Volksrepublik Donezk» auf. Ministerrat, Polizei und Oberstes Gericht gibt es schon. Gestohlene Autos dienen als «Regierungsfahrzeuge». Anfang November sollen in der selbsternannten Republik Wahlen stattfinden. Doch hinter der Kulisse tobt ein blutiger Machtkampf.
Eduard Jakubowskij glaubt an die «Volksrepublik Donezk». Der Mann in dem dunkelblauen Tarnanzug ist Oberster Richter in jenem Gebiet, in dem prorussische Rebellen herrschen. «Ich baue gerade die Justiz unserer Republik auf», sagt der 55-Jährige.
Auf Jakubowskijs Schreibtisch stapeln sich Akten, hinter ihm hängt die Separatistenflagge mit dem russischen Doppeladler in der Mitte. «Solange wir kein Parlament haben», erläutert der Jurist, «erlässt der Ministerrat Verordnungen.»
So gilt für Donezk zum Beispiel eine Ausgangssperre zwischen 23 und 6 Uhr. «In Zukunft gleichen wir unsere Gesetze an das russische Recht an», sagt Jakubowskij weiter. Ukrainisches Recht bleibe in Kraft, solange es den Regeln der «Republik» nicht widerspricht
Schnelles Ende der Kämpfe
Ebenso wie andere Rebellenführer kommt auch Jakubowskij aus Russland. Nachdem im Juli das Flugzeug der Malaysia Airlines über der Ostukraine abgestürzt war, übergab er den Flugschreiber an die Behörden Malaysias. «Die ukrainische Luftwaffe hat die Maschine abgeschossen», behauptet der Mann, der in Donezk geboren wurde und in Moskau aufwuchs. «Wir haben die Beweise, die wir der Welt gerne zeigen», fügt er hinzu.
Vor den ukrainischen Parlamentswahlen am 26. Oktober will Poroschenko militärische Niederlagen vermeiden. Das gibt den Separatisten taktische Vorteile: Sie haben nichts zu verlieren und setzen ihre Attacken auf den Donezker Flughafen, die umliegenden Orte und die Stadt Mariupol fort. Dort starben bei einem Angriff am Dienstag sieben Menschen. «Wir betrachten den ganzen Oblast Donezk als unser Gebiet», betont Richter Jakubowskij.
Noch immer Unterstützung von der Ukraine
Eigenständig existieren kann die «Volksrepublik» bisher nicht. Rentner in Donezk beziehen ihre Pensionen immer noch von der ukrainischen Staatskasse. Lehrern und Beamten zahlten die Separatisten im September jedoch rund 200 Euro in bar aus. Das Geld kam höchstwahrscheinlich aus Russland.
Eine eigene Polizei der Rebellen ist im Moment im Aufbau. Weiss-blaue Toyotas mit der Aufschrift «Polizija» fahren in Donezk Streife. Die Autos sind nagelneu. Woher sie kommen, will Richter Jakubowskij nicht verraten. «Sie wurden vorschriftsmässig in Betrieb genommen», sagt er nur.
Ihre «Regierungsfahrzeuge» indes sollen die Milizen gestohlen haben, berichten Bürger. Als vor dem Obersten Gericht ein Separatist in einem grauen Renault ohne Nummernschild vorfährt, ist an der Tür des Wagens ist noch deutlich der Name der österreichischen «Raiffeisenbank» zu sehen, die in Donezk Filialen betrieben hatte. Später rollt ein schwarzer Bentley mit bewaffneten Milizen die Strasse entlang – ebenfalls ohne Kennzeichen.