Maliki ist Teil des Problems und nicht der Lösung

Während Washington erstmals offen auf Distanz zu Iraks Premier Nour al-Maliki geht, schlägt sein säkularer schiitischer Gegenspieler Iyad Allawi einen Friedensplan vor, der unter Aufsicht der UN eine politische Lösung der Krise bringen soll.

Der irakische Premier Nour al-Maliki stösst mit seiner Politik auf immer mehr Widerstand, auch innerhalb der schiitischen Bevölkerung des Landes. (Bild: Hadi Mizban, Keystone)

Während Washington erstmals offen auf Distanz zu Iraks Premier Nour al-Maliki geht, schlägt sein säkularer schiitischer Gegenspieler Iyad Allawi einen Friedensplan vor, der unter Aufsicht der UN eine politische Lösung der Krise bringen soll.

Nach scharfen Angriffen von Politikern aus der Golfregion musste sich Iraks Premier Nouri al-Maliki jetzt auch erstmals offene Kritik von den Verbündeten aus Washington anhören und zwar gleich in einem mehrstimmigen Chor. Aussenminister John Kerry erklärte, alle Entscheide der USA würden mit Blick auf das irakische Volk gefällt und seien nicht auf Maliki fokussiert.

Verteidigungsminister Chuck Hagel wurde noch deutlicher. Er bemerkte, die Regierung in Bagdad habe ihr Versprechen nicht gehalten, eine wirkliche Zusammenarbeit mit den sunnitischen und kurdischen Führern einzugehen. Und der ehemalige Militärchef der Irak-Invasion 2003, David Petraeus warnte gar, die US-Luftwaffe könne nicht im Auftrag einer schiitischen Miliz gegen sunnitische Araber kämpfen.

 Gefährliche Muskelspiele

Das war das erste Mal, dass die USA so offen auf Distanz zum zunehmend autokratisch herrschenden schiitischen Regierungschef in Bagdad gingen. Der hatte sich in den vergangenen Monaten, bestärkt durch die Aussichten auf ein Atom-Abkommen mit dem Iran, einen offenen Schlagabtausch mit dem Königshaus in Saudi Arabien geliefert. Ende November war ein saudischer Grenzposten mit Granaten beschossen worden. Das war die schlimmste militärische Grenzverletzung seit der US-Invasion 2003. 

Der Chef einer schiitischen Miliz warnte damals ganz offen im Fernsehen, das sei erst der Anfang gewesen, wenn Riad das Muskelspiel im Irak mit der Unterstützung sunnitischer Gruppen nicht beenden würde. Nach den militärischen Blitzerfolgen der Jihadisten hatte Maliki nachgelegt und Saudi-Arabien beschuldigt, Terroristen zu unterstützen. Aussenminister, Prinz Saud al-Faisal nannte diese Unterstellungen am Donnerstag lächerlich und betonte Malikis diktatorische Politik der Rache hätte zu diesem Volksaufstand geführt. ISIL würde aber nicht den Willen des Volkes vertreten, sondern sei eine destruktive Terror-Gruppe.  

Ayatollah Sistani kritisiert Maliki

Maliki hatte gehofft, dass eine historische Übereinkunft mit Teheran dazu führen könnte, dass seine Regierung endlich auch von den sunnitischen Arabern akzeptiert würde. Jetzt muss er fürchten, dass nicht nur seine Erzrivalen ihn bekämpfen, sondern er auch den Rückhalt der verbündeten Amerikaner verliert. Die waren noch bei den Parlamentswahlen Ende April hinter ihm gestanden. Seine politischen Gegner hatten damals Washington vorgeworfen, Wahlfälschungen beim Zählvorgang zu dulden, die von der Wahlkommission bestätigt worden waren. Die ehemalige Besatzungsmacht wolle Maliki den Weg für eine dritte Amtszeit ebnen, lautete die Interpretation der Kritiker. 

Premier Maliki hatte mit seiner Rechtsstaatskoalition die Wahlen zwar gewonnen, kann aber nicht alleine eine Regierung bilden. Es gibt grossen Widerstand von Kurden, Sunniten und andern schiiischen Gruppierung gegen eine dritte Amtszeit für ihn. Am Freitag hat auch Ayatollah Sistani, der wichtigste schiitische Würdenträger, eine neue Regierung gefordert, die die Fehler der Vergangenheit vermeide. Das war ebenfalls eine kaum versteckte Kritik an Maliki. 

Aufspaltung und Intervention verhindern 

Auch US-Vize Joe Biden hat jetzt von Maliki dezidiert verlangt, dass alle irakischen Gemeinschaften in die Regierungsarbeit eingezogen werden müssten. Während Maliki im Moment vor allem auf eine militärische Lösung des Aufstandes setzt, hat sein säkularer schiitischer Gegenspieler Iyad Allawi eine Initiative lanciert, die die Terroristen stoppen, die Aufspaltung des Landes und ausländische Interventionen verhindern soll.

Der politische Fahrplan hat zwei Elemente, eine nationale Versöhnung, die gewährleisten soll, dass niemand vom politischen Prozess ausgeschlossen wird und Mörder und Diebe von öffentlichen Geldern zur Verantwortung gezogen werden. Und zum zweiten eine Restrukturierung aller nationalen Institutionen auf der Basis des Bürgerprinzips und nicht von konfessionellen und ethnischen Quoten, insbesondere von Militär, Polizei und Justiz. Für die Umsetzung sorgt eine Regierung der Nationalen Einheit mit allen politischen Schlüsselfiguren und einigen Technokraten. Sie soll drei Jahre im Amt bleiben und freie und faire Wahlen durchführen. Der ganze Prozess solle unter UN-Aufsicht ablaufen, schlägt Allawi vor. In wenigen Tagen wird US-Aussenminister Kerry in Bagdad erwartet, dann wird es vielleicht die ersten konkreteren Hinweise geben, welche Rolle die USA Maliki noch zugedacht haben. 

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