Die Gewerkschaft Unia will den Bauarbeitern des Messeneubaus mit einer Schang-Hutter-Skulptur ein Denkmal setzen. Doch die Messe winkt ab.
Die Zügelmänner haben die Skulptur von Schang Hutter vor dem Messeneubau gerade ausgeladen, da taucht plötzlich die Führungsriege der Messe auf. Ein purer Zufall. Doch manchmal schreibt der Zufall die besten Drehbücher.
Langsam und gravitätisch schreiten Messe-CEO René Kamm und Verwaltungsratspräsident Ueli Vischer auf den Neubau zu, so als ob sie sich einen Traum erfüllt hätten und jetzt einfach den Moment auf sich wirken lassen wollten. Und ausgerechnet jetzt sind sie wieder da: die Störenfriede, die Gewerkschafter, die das Bild der «wahrscheinlich am besten geführten Baustelle, welche die Schweiz je gesehen hat» (Selbsteinschätzung von Messe-CEO René Kamm), nachhaltig gestört, Lohndumpingfälle aufgedeckt und angeprangert haben.
Verwaltungsratspräsident Vischer reagiert als Einziger: «Sie haben aber keine Allmendbewilligung.» Dazu macht er eine Handbewegung, ähnlich jener von Magistraten bei lästigen Journalistenfragen, wenn sie nichts kommentieren wollen. «Da täuschen Sie sich», antwortet Roland Schiesser von der Gewerkschaft Unia. Die beiden wechseln zwei, drei Worte – dann verschwindet die Führungsetage samt Entourage im endlos scheinenden Neubau.
Drinnen feiert sich die Messe selbst. «8. Februar. Übergabe Neubau Messe Basel» ruckelt eine Schrift über ein Leuchtband, und Lämpchen projizieren das Logo der Messe und des Generalunternehmers HRS darauf. Draussen hieven die beiden Zügelmänner die Metallskulptur von Schang Hutter auf ein Holzpalett.
«Bitte läuten und längere Zeit warten»
Zwei Stunden vorher steht Gewerkschafter Roland Schiesser vor der Tür des Ateliers von Schang Hutter im solothurnischen Bellach. «Bitte da läuten und längere Zeit warten» steht auf einem handgeschriebenen Schild. Dahinter befindet sich das Atelier des Künstlers Schang Hutter.
Überall stehen Figuren aus Metall und Holz herum, dazu Gipsköpfe und Hunderte von Bildern. «Ich freue mich, dass die Gewerkschaft eine meiner Skultpturen als Denkmal für die Bauarbeiter der Messe aufstellen will», sagt der 79-jährige Künstler. Die Gewerkschaft Unia möchte mit der Eisenskulptur die Arbeiter der Messebaustelle ehren, die sich knapp zwei Jahre lang abrackerten, damit der Glamourbau im Rekordtempo fertig wurde. Die Skulptur ist alles andere als Wohlfühlkunst: Sie hat ihre Arme anklagend nach oben gerichtet.
Ob die Skulptur all die Lohndumping- und Lohnskandal-Fälle symbolisieren soll? «Ich will damit der Verletzlichkeit Raum geben», sagt Hutter, «das ist eine politische Aussage, wie bei all meinen Figuren.» Er hoffe, dass seine Skulptur als Denkmal für die Arbeiter im Messeneubau einen Platz finden werde.
Doch Hutter weiss auch, dass sich viele lieber «von Kunst blenden lassen, die nichts aussagt». Menschen würden Kunst, die «auf die harte Realität auf der Welt aufmerksam macht», nicht so sehr schätzen, glaubt der Künstler.
Messe lehnt Arbeiter-Denkmal ab
Die Skulptur ist eine Leihgabe des Künstlers, weil die Messe das Kunstwerk nicht kaufen will. Für 60’000 Franken hätte die Messe dem Denkmal im 430 Millionen Franken teuren Bau einen festen Platz geben können. Doch auf Anfrage der Gerwerkschaft hatte die Messe abgewinkt: Man habe entschieden, auf den Kauf zu verzichten, liess diese durch ihren Sprecher ausrichten. «Es wäre zwar ein sympathisches Zeichen, dass wir die Leistung der Arbeiter zu schätzen wissen. Das tun wir aber auch ohne Symbolik und haben das unter anderem auch schon anlässlich eines Aufrichte-Mittagessens mit einem kleinen Geschenk (multifunktionales Werkzeug) zum Ausdruck gebracht», schrieb der Messesprecher der Gewerkschaft.
Etwas weniger diplomatisch äussert sich ein Kadermann der Messe, als auch er an der Hutter-Skulptur vorbeimarschiert: «Stellt das doch an der Rebgasse auf.» Dort hat die Unia ihre Büros. Doch Gewerkschafter Schiesser lässt sich nicht unterkriegen: «Wir kämpfen jetzt dafür, dass die Skulptur hier bleiben kann und nicht zurück ins Ateliers des Künstlers muss.»
Heute Abend will die Gewerkschaft die Skulptur an einer Feier offiziell enthüllen und der Messe als Denkmal für all die Bauarbeiter anbieten, die es erst möglich gemacht haben, dass die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld im Frühling im neuen Prunkbau der Architekten Herzog & de Meuron ihre Tore öffnen kann.