Es gibt neues Futter für Rätselfreunde in der Stadt Basel: Seit Juli kann man in einer Rauminstallation an der Burgstrasse 16 das ursprünglich als Computergame gedachte Spiel «Room Escape» spielen. Wir haben für Sie probegespielt.
Wir treffen uns an einem Montagabend mit den beiden Gründern von Room Escape Basel vor dem alten Warteckgebäude am Burgweg 16. Unser Ziel ist es, den neuen Escape-Room auszuprobieren, den Felix Erzinger und Lukas Haas Ende Juli eröffnet haben. Dabei muss man innert einer Stunde aus einem Raum den Weg in die Freiheit finden. Das geht aber nur, wenn man alle Rätsel löst.
Ursprünglich stammt dieses Konzept aus einem Computerspiel, die Idee eines echten Escape-Rooms wurde bisher schon in unterschiedlichen Städten Europas und Amerikas umgesetzt. Allein in der ungarischen Hauptstadt Budapest gibt es bereits 30 solche Räume.
Der Escape-Room in Basel befindet sich an einem passenden Ort, sieht doch der Warteckturm mit der hellgrünen eckigen Treppe ein bisschen aus wie aus einem Computerspiel. Doch unser Weg führt nicht die Treppe hinauf, sondern in den Keller hinunter. «Und, wart ihr schon einmal in einem Escape-Room?» Nein, müssen wir den Machern gestehen, weder virtuell noch in echt, wir sind blutige Anfänger. «Na dann, es kann gleich losgehen!» Nachdem wir uns mit den Regeln vertraut gemacht haben, treten wir ein, die Tür schliesst sich hinter uns.
Jeder Gegenstand ist ein potenzieller Hinweis
Wir befinden uns in einem dunklen, mittelalterlich anmutenden Raum. Wir haben eine Aufgabe: Wir müssen aus diesem Raum innerhalb von einer Stunde wieder herauskommen. Im Raum hat es Bücher, Spielkarten, Bilder der früheren Stadt Basel, eine alte Uhr. Jeder Gegenstand ist ein potenzieller Hinweis darauf, nichts bleibt also unangetastet. Hastig tragen wir alle möglichen Objekte, die uns irgendwie weiterbringen könnten, zusammen. Manches ergibt plötzlich einen Sinn, eine mögliche Lösung. Anderes entpuppt sich als falsche Fährte oder als reines Dekorationsmaterial.
Wenn wir bei einem Rätsel gar nicht weiterkommen, meldet sich einer der Spielleiter per Lautsprecher und gibt einen Hinweis. Doch weitgehend ist man bei Room Escape auf sich alleine gestellt oder besser gesagt: Man muss sich als Gruppe gegenseitig unterstützen, genau zuhören und parallel an unterschiedlichen Rätseln tüfteln, um in der vorgegebenen Zeit wieder in die Freiheit zu gelangen. Dabei müssen Schlösser geknackt werden. Auch Allgemeinwissen ist gefordert, etwa beim Kartenlesen.
Die Rätsel haben mit der Stadt Basel zu tun
Es ist gar nicht so einfach, den Weg zurück in die Freiheit in den vorgeschriebenen 60 Minuten zu finden und sich nach jedem gelösten Rätsel wieder kopfüber in das nächste zu stürzen. Das Spiel läuft Schlag auf Schlag. Und die Uhr tickt. Manch ein Rätsel bezieht sich auf die Stadt Basel, etwa durch historische Gemälde, oder durch den Einbezug von chemischen Elementen und somit der Pharmaindustrie.
Das klingt alles noch etwas vage und verwirrend? Das sollte es auch! «Room Escape» ist ein Rätselspass, den Sie unbedingt ausprobieren sollten, deshalb wollen wir hier auf keinen Fall zu viel verraten.
Die Bestzeit konnten wir nicht knacken
Wir finden irgendwann wieder den Weg nach draussen, die bisherige Bestzeit von 51 Minuten zu knacken gelingt uns nicht. Doch trotzdem: Als wir den Raum wieder verlassen, können wir es kaum fassen, dass in diesen gefühlten paar Minuten tatsächlich so viel Zeit verstrichen sein soll (ja, zugegeben, wir brauchen sogar etwas mehr als 60 Minuten). Beim Verlassen des Raums kommt mir sofort ein Gedanke: Schade, dass wir nun bereits wissen, wie das Spiel geht. Jetzt können wir es nicht mehr spielen! Lukas Haas lacht. «So reagieren viele, die den Escape-Room ausprobieren. Das ist natürlich das schönste Kompliment.»
Jetzt, wo wir den Weg an die Freiheit gefunden haben, kommt ein starker Drang nach frischer Luft. Mit einem kalten Getränk begeben wir uns auf eine öffentliche Terrasse des Warteckgebäudes. Dort können wir die beiden Room-Escape-Gründer mit unseren Fragen löchern.
Die beiden Ingenieure Lukas Haas und Felix Erzinger sind die Gründer von RoomEscape Basel. (Bild: Livio Marc Stoeckli)
Room Escape Basel: Alles Dank Wawrinka
Lukas Haas und Felix Erzinger haben die Sherlock-GmbH, die hinter Room Escape Basel steckt, erst vor wenigen Monaten gegründet. Die Idee kam auf, als Erzinger im Februar in der serbischen Stadt Novi Sad ein solches Escape-Game ausprobierte. Er war für den Davis Cup in der Stadt und vom Escape-Room völlig fasziniert.
Haas sagt: «Wir haben es also eigentlich Wawrinka und Federer zu verdanken, dass wir überhaupt auf die Idee kamen!» Haas und Erzinger, beides Ingenieure, sind Arbeitskollegen. Während Kaffeepausen schmiedeten sie Pläne und spannen die Idee weiter. Gemeinsam besuchten sie auch unterschiedliche Escape-Rooms in der Schweiz, etwa in Zürich und Chur, um Ideen zu sammeln.
Die beiden jungen Männer – Haas ist 29, Erzinger 28 Jahre alt – hatten in ihrem Leben zuvor eigentlich nicht viel mit Rätseln und Tüfteln am Hut. Sie seien auch keine angefressenen Gamer. «Es hat mich vor allem gereizt, einmal mein eigenes Business auf die Beine zu stellen», sagt Erzinger. Beide haben neben Room Escape einen Vollzeitjob. Dadurch hätten sie zwar jetzt eine hohe Arbeitsbelastung, doch gleichzeitig auch die Möglichkeit, ihre eigenen Ideen zu verwirklichen ohne grossen finanziellen Druck.
Viele Touristen dank Trip Advisor
Haas sagt: «Natürlich haben wir in die GmbH nicht wenig Geld investiert, doch wir dachten von Anfang an: Im schlimmsten Fall gehen wir halt Konkurs.» Das Gegenteil scheint allerdings der Fall zu sein. Das Spiel erfreute sich bald grosser Beliebtheit. Im Durchschnitt fand bisher mehr als ein Spiel pro Tag statt. Haas und Erzinger hatten mit drei bis vier Spielen pro Woche gerechnet, um keine Verluste zu machen. Bei Touristen sei das Game besonders beliebt. Schon nach zwei Wochen stand Room Escape bei Trip Advisor an fünfter Stelle von Basels Sehenswürdigkeiten.
Laut Haas habe Trip Advisor einen «enormen Einfluss», viele Touristen kämen nur deswegen. Die Spieldurchläufe werden auch auf Englisch angeboten, alle geschriebenen Hinweise im Raum sind zweisprachig. Aber auch bei Baslern sei das Game beliebt, sie hätten schon viele Paare und einige Familien da gehabt.
Auch grössere Firmen würden das Game als «Team-Building-Event» buchen. Zu diesem Zweck arbeiten Haas und Erzinger auch manchmal mit dem im Warteckraum ansässigen Restaurant «Don Camillo» zusammen, das im Anschluss an das Spiel ein passendes «Mystery-Menu» serviert.
Attraktiver Studentenjob
Während des Spiels sitzt der jeweilige Spielleiter draussen und verfolgt das Geschehen per Videoübertragung, mit einem Mikrofon kann er Anweisungen geben, wenn ein Team nicht weiterkommt. Erzinger und Haas können neben der Arbeit unmöglich alle Führungen selbst begleiten. Sie haben dafür fünf Studenten eingestellt, voraussichtlich kommen zwei weitere hinzu.
Alle Mitarbeiter wurden bisher über Mund-zu-Mund-Propaganda gefunden. Doch sie erhielten auch Spontanbewerbungen. Wenn dann plötzlich «ein Lebenslauf ins Büro geflattert kommt», werde einem plötzlich bewusst, dass man Arbeitgeber geworden sei, sagt Haas lachend: «Dabei würde ein unverbindlicher Anruf doch reichen.»
Bei den Spielen komme es auch zu kuriosen Vorfällen. «Manchmal finden die Leute andere Wege, ein Rätsel zu lösen, als eigentlich vorgesehen war.»
Schwierig werde es, wenn sich Besucher in einer Sprache unterhalten, die der Spielleiter nicht versteht. «Es ist dann schwierig, abzuschätzen, wie weit die Gruppe ist, man muss dafür besonders gut zuschauen.»
«Das Spiel zu leiten ist ein bisschen wie eine Gesellschaftsstudie.»
Einmal kam direkt aus dem Hotel Dreikönig eine arabisch sprechende Gruppe, bestehend aus einem Mann und mehreren Frauen. «Sie hatten eine Riesenfreude», erinnert sich Erzinger, «sie haben alles fotografiert und uns am Schluss mit Komplimenten überschüttet.» Allgemein sei es natürlich äusserst spannend, die Leute zu beobachten, wie sie sich im Escape-Room anstellen würden, sagt Haas. Es sei eine Art «Gesellschaftsstudie». Zwischen den Teilnehmern gehe es auch mal emotional zu und her, wirklich Streit habe es aber bisher nie gegeben.
Bald soll ein zweites Szenario entstehen
Die jungen Männer haben ein arbeitsintensives halbes Jahr hinter sich. Für den ganzen Umbau und das Kreieren der Rätsel zeichnen die beiden Ingenieure selbst verantwortlich. Für die Bauarbeiten opferten beide mehrere Wochen Ferien. «Es ist toll, jetzt zu sehen, dass sich dieser Aufwand gelohnt hat», sagt Haas. Erzinger meint: «Das Schönste daran ist, dass wir mit diesem Spiel in kurzer Zeit schon so viele Leute begeistern konnten.»
Gelohnt hat sich der Aufwand tatsächlich: Room Escape ist mittlerweile fast schon zum Selbstläufer geworden und auch finanziell um einiges rentabler, als sich die Macher dies für die ersten Monate erträumt hätten. Trotzdem verzichten Haas und Erzinger bisher darauf, sich selbst etwas auszuzahlen: «Wir sehen Room Escape Basel nach wie vor eher als Hobby.»
Lieber sparen die beiden das Geld, um bald ein zweites Room-Escape-Szenario zu eröffnen. «Die Nachfrage ist anscheinend da», sagt Haas, «die meisten haben nach dem Spiel Lust, etwas Ähnliches bald wieder zu machen.» Das können wir bestätigen!
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Room Escape: im Untergeschoss des Malzsilos, Burgweg 15, Basel. Preis: ab 69 Franken (für zwei Personen).
Die Idee eines «echten» Escape-Rooms wurde erstmals im ungarischen Budapest umgesetzt. Mittlerweile gibt es weltweit viele weitere Room-Escape-Angebote, vor allem in Europa. So gibt es ähnliche Konzepte in Berlin, Belgrad und anderen Städten. In der Schweiz findet man das Angebot bereits in Chur, Bern, Zürich, Luzern und Basel (Room Escape Basel). Die Schweizer Firma «Adventure Rooms», welche ursprünglich in Bern ansässig war, hat ihr Angebot mittlerweile auf viele weitere Städte in der ganzen Welt ausgeweitet – etwa auf Moskau und Barcelona. Eine laufend aktualisierte Übersicht zu allen Spielen und Räumen inklusive Nutzerbewertungen finden Sie auf der Webseite escape-game.org.