Das rotgrüne Basel will an der Expo in Mailand einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen den Hunger auf der Erde leisten. Dafür ist die Regierung bereit, auch mit umstrittenen Partnern zusammenzuarbeiten.
Basel plant den nächsten ganz grossen Auftritt nach der Weltausstellung in Shanghai. 2015 will sich die Stadt an der Expo in Mailand präsentieren, die unter einem schönen Motto steht: «Feeding the Planet, Energy for Life («den Planeten ernähren, Energie für das Leben»). Welternährung, Gesundheit und Nachhaltigkeit – das sind die entscheidenden Themen für die Veranstalter.
Darum geht es den Baslern auch. Aber ganz offensichtlich nicht nur. Mit den erwarteten 20 Millionen Besuchern sei die Expo «eine wichtige Plattform zur Vermarktung der eigenen Stärken», schreibt das Standortmarketing. Mit 42’000 Übernachtungen pro Jahr sei Italien für Basel schon jetzt der fünftwichtigste Tourismusmarkt. Und nach dem Bau des Gotthard-Basistunnels sei Basel den Italienern sogar noch näher.
Unter diesen Voraussetzungen lässt man sich das Engagement in Mailand gerne auch etwas kosten: 1,4 Millionen Franken. Rund zwei Drittel übernimmt der Kanton, der Rest stammt von Sponsoren, als «Main-Partner» konnte Syngenta gewonnen werden.
«Innovativ und nachhaltig»
Das Sponsoring konnte der Grüne Regierungspräsident Guy Morin am Montag in Bern stolz verkünden. An der Pressekonferenz unterzeichnete er mit der Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) und dem Genfer Kultur- und Sportminister Sami Kanaan (SP) eine Vereinbarung, wonach sich die drei Städte im Schweizer Pavillon präsentieren – als Partnerinnen und Vertreterinnen der «urbanen Schweiz».
Den Auftritt wollen die Basler und ihre Partner nun nutzen – nicht nur, um mehr Touristen aus Bella Italia anzulocken. Die Städte möchten nach eigener Darstellung im Sinne von «Feeding the Planet» auch «innovative Ansätze im Bereich der Ernährungswissenschaften, der nachhaltigen Ressourcenverwendung und Nahrungsmittelproduktion präsentieren». Dabei soll vor allem Basel als «führender Wissens- und Forschungsstandort» präsentiert werden.
Ein viel kritisierter Partner
Darum ist die Basler Regierung auch so stolz auf ihren «Main Partner». «Durch ihre Forschung, globale Präsenz und die enge Zusammenarbeit mit ihren Kunden hilft Syngenta, die Ernteerträge und die landwirtschaftliche Produktivität zu steigern», erklärt Morins Departement. Mit «fachspezifischen Anlässen» und «Best Practice-Beispielen» soll das nun der Weltöffentlichkeit vorgeführt werden.
Die netten Worte klingen viel versprechend – aber nicht unbedingt gewohnt aus dem Mund eines Grünen. Normalerweise wird Syngenta aus diesem politischen Spektrum eher mit Kritik als mit Lob eingedeckt. Vorgeworfen wird dem Unternehmen von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen unter anderem:
- Der Inbegriff für eine fehlgeleitete industrielle Landwirtschaft zu sein – und ein Konzern, der nur an den Profit denkt (25 Milliarden Dollar Umsatz bis 2020, noch sind es rund 13 Milliarden).
- Mit ihrer Gentechnik das Ökosystem durcheinanderzubringen.
- Die Vergiftung und den Tod von Landarbeitern durch das Herbizid Paraquat hinzunehmen.
- Mit ihren Pestiziden unzählige Bienenvölker auszurotten.
- Forscher zu kaufen, die Gefälligkeitsstudien verfassen.
- Stellen schonunglos in Billiglohnländer auszulagern.
Syngenta-CEO Michael Mack hat die Kritik schon häufig gehört – ohne sich beirren zu lassen. «Die grösste Herausforderung des 21. Jahrhunderts ist die nachhaltige Ernährung der wachsenden Bevölkerung», sagte er. Bis 2050 dürfte die Weltbevölkerung auf neun Milliarden Menschen anwachsen, Jahr für Jahr müssen 80 Millionen Menschen mehr ernährt werden. Darin sieht der Harvard-Ökonom seinen Auftrag.
Syngenta stehe für eine moderne Landwirtschaft, sagt er, effizient und wissenschaftlich. Die Kritiker dagegen hätten «romantische Vorstellungen» (vor allem jene in der Stadt, versteht sich), sie seien «politisch» oder sonstwie interessengesteuert, schrieb die «Basellandschftliche Zeitung» (bz) in einem lesenswerten Porträt. Ihr Fazit: Wenn Mack so rede, erhalte man fast den Eindruck, Mack leite kein kommerzielles Unternehmen, sondern ein Welternährungsprojekt.
Morin muss sich möglicherweise noch etwas umgewöhnen
Das sieht man offenbar auch im Basler Präsidialdepartement so. Sabine Horvath, Leiterin Aussenbeziehungen und Standortmarketings, freut sich jedenfalls schon jetzt auf die Zusammenarbeit 2015: «Syngenta kann da einiges beitragen. Das Unternehmen verfügt über ein breites Know-How.»
Nur ihr Chef Guy Morin wird sich möglicherweise ein bisschen anpassen müssen, wenn er mit Mack nach dem Rundgang durch den Pavillon noch ein Häppchen essen geht: Während Morin dafür bekannt ist, sich auch auf Auslandsreisen möglichst bewusst zu ernähren, hält Mack gar nichts von dem ganzen Tamtam, das gewisse Linke und Grüne ums Essen veranstalten. Daheim hat er seiner Familie laut «bz» jedenfalls den Verzehr von Bio-Produkten verboten.