Die Neat und zusätzliche Subventionen bringen Güter auf die Schiene. Trotzdem werden 2018 weiterhin mehr Laster die Alpen durchqueren, als das Gesetz erlaubt.
Die Schweiz kommt dem Ziel etwas näher, den alpenquerenden Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern. Das ist die gute Nachricht im neusten Bericht des Bundesrates zur Verkehrsverlagerung, den das Bundesamt für Verkehr am Montag veröffentlichte (Bericht im PDF-Format).
So hat sich die Zahl der Lastwagenfahrten durch die Schweizer Alpen seit dem Jahr 2000 um 25 Prozent verringert (siehe Grafik). Der Hauptgrund dafür: Die Erhöhung der Gewichtslimite ab 2001 auf 40 Tonnen erlaubt es, pro Lastwagen 55 Prozent mehr zu transportieren.
Zudem konnte die Bahn ihren Marktanteil – nach einem vorübergehenden Rückgang bis 2009 – ab 2010 wieder erhöhen: Von der ganzen Gütermenge, die 2014 durch die Alpen transportiert wurde, entfielen 68 Prozent auf die Schiene; im Jahr 2000 betrug der Anteil der Schiene allerdings noch 70 Prozent (siehe Grafik 2).
Die Hauptgründe: Durch die Erhöhung der Gewichtslimite hatte der Strassentransport vorerst einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Schiene. Doch der konnte schrittweise kompensiert werden – mit der Einführung und Erhöhung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA), mit Subventionen für den kombinierten Verkehr Strasse/Schiene sowie mit weiteren Massnahmen zur Förderung der Bahnen.
Neat wirkt sich erst ab 2021 voll aus
Theoretisch könnten die Bahnlinien durch den Gotthard und Lötschberg/Simplon schon heute den gesamten Gütertransport durch die Schweizer Alpen bewältigen. Denn die beiden Strecken sind heute zu weniger als zwei Dritteln ausgelastet. Der Neat-Basistunnel durch den Gotthard, der Ende 2016 in Betrieb geht, wird die Bahnkapazität weiter erhöhen und die Transportzeit verkürzen.
Doch die zusätzliche Kapazität und Produktivitätssteigerung der Bahn zwischen Erstfeld und Biasca wirkt sich laut Verlagerungsbericht erst ab 2021 voll aus. Dann wird zusätzlich der Cenerie-Basistunnel eröffnet und die Bahnverbindung Basel-Chiasso durchgehend auf vier Meter Eckhöhe ausgebaut. In der Zwischenzeit werden die Bauarbeiten für diesen «4-Meter-Korridor» den Bahnbetrieb mehr behindern als fördern.
Um in dieser Übergangszeit zusätzliche Güter auf die Schiene zu bringen, beschloss der Bundesrat als zusätzliche Massnahme, den Trassepreis auf der Gotthardachse per Verordnung zu senken. Diese weitere Bahnsubvention gilt befristet bis zum Jahr 2021.
EU stärker als Alpenschutz
Neben guten Nachrichten bestätigt der neuste Verlagerungsbericht die schlechte Botschaft: Die über 25 Milliarden Franken teure Neat und alle andern erwähnten Mittel reichen nicht, um die Zahl der alpenquerenden Lastwagenfahrten ab 2018 auf 650’000 zu senken. Diese Limite hat das Parlament im Güterverkehrsverlagerungs-Gesetz verankert, um die Alpeninitiative umzusetzen.
Erreichen liesse sich dieses Ziel mit einer entsprechenden Kontingentierung der Lastwagenfahrten mittels einer «Alpentransitbörse» – eine Massnahme, die der Verein Alpeninitiative seit Jahren fordert.
Im Unterschied zur Neat wäre diese Massnahme billig. Doch sie stösst auf erbitterten Widerstand der EU. Denn die EU gewichtet den Transport auf der Strasse höher als den Alpenschutz. Darum wagte es der Bundesrat bisher nicht, diese Massnahme zu beantragen, und er wird es auch weiterhin nicht wagen.
Das bestätigt er im 139-seitigen Verlagerungsbericht auf Seite 83 mit dem lapidaren Satz: «Die Ergänzung der Verlagerungskonzeption um eine Alpentransitbörse bzw. gleichwertige Schwerverkehrsmanagement-Instrumente steht auch weiterhin kurz- bis mittelfristig nicht in Aussicht.»
Zwei Drittel der Güter durch die Schweizer Alpen werden auf der Schiene transportiert. Gerade umgekehrt verhält es sich beim Schweizer Güterverkehr insgesamt: 38 Prozent entfallen auf die Schiene, 62 Prozent auf die Strasse. Die Güter-Verkehrsleistung insgesamt stieg in der Schweiz im Jahr 2014 auf den Rekordwert von 28,3 Milliarden Tonnenkilometer (Transportierte Menge mal Transportdistanz). Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Zuwachs von 2,8 Prozent, wobei der Zuwachs auf der Schiene prozentual etwas stärker war als auf der Strasse.
Um die Verlagerung auf die Schiene zu fördern, will der Bundesrat auf Anfang 2017 die LSVA erhöhen und den Bahnen vorübergehend tiefere Trassenpreise für die Nutzung der Transitstrecken verrechnen lassen.