Die Verlängerung des Hilfspakets für Griechenland ist eine Niederlage für Finanzminister Schäuble und die neoliberale Politik. Darum hat Die Linke dem Beschluss zugestimmt.
Meine Fraktion, Die Linke, hat einer Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland im Bundestag mehrheitlich zugestimmt. Das ist neu und sieht aus wie ein Bruch mit vorher vertretenen Positionen. In Wirklichkeit haben wir unsere Positionen nicht geändert, sondern es hat sich etwas anderes verändert.
In Deutschland wird – Vorreiterin ist hier die «Bild»-Zeitung – ein obskures Bild von «den Griechen», ihren Politikerinnen und Politikern und der Verwendung von Hilfspaketen gezeichnet. «Die Griechen» soll man sich als eine faule Bande vorstellen, die gern Urlaub und Party macht und Hilfskredite verprasst; griechische Politikerinnen und Politiker dagegen werden als Spätpubertierende gezeichnet. Da helfe eben nur die harte Hand oder der Rausschmiss aus der Euro-Zone. Schlimm ist, da man von der «Bild»-Zeitung kaum etwas anderes erwartet, dass auch andere Zeitungen dieses Bild mitverbreiten. Es kommt mir vor wie nur schlecht verbrämter Klassenhass.
Erzwungene Verelendungspolitik
Auch «Qualitätsmedien» wie die FAZ oder «Die Zeit» interessiert es nicht, dass 90 Prozent der Hilfskredite nicht bis zur griechischen Bevölkerung kommen, sondern nur bis zu den Banken. Wenn beinahe die Hälfte der Griechinnen und Griechen keinen Zugang mehr zur Gesundheitsversorgung hat, spreche ich von Verelendung. Manche deuten das euphemistisch an, indem sie von einem Tal der Tränen sprechen, das eben durchschritten werden müsse. Leute, die sich so äussern, wissen einfach nicht, wovon sie schreiben.
Es ist genau die erzwungene Verelendungspolitik, die uns bisher davon abgehalten hat, dem Euro-Rettungsprogramm zuzustimmen. Aber auf was haben sich die griechische Regierung und die Regierungen der Euro-Länder eigentlich geeinigt? Ist da irgendetwas, was Die Linke motivieren könnte, nun auch für die Finanzhilfen zu stimmen?
Nur ein Spalt in der Tür
Der entscheidende Punkt für uns ist, dass es der griechischen Regierung gelungen ist, für Folgeabkommen einen grösseren Verhandlungsspielraum zu erkämpfen. Dabei fand bereits eine Entkopplung zwischen Krediten, die selbstverständlich immer an Bedingungen geknüpft sind, und einem Bedingungsdiktat seitens der Troika statt (einer Beamtengruppe, bestehend aus Vertretern von IWF, Europäischer Zentralbank und Kommission). Das ist nicht unbedeutend, wenn man bedenkt, dass ein anderer Regierungschef, Papandreou, aus dem Amt gedrängt wurde, weil er eine Legitimation der Sparpolitik durch eine Volksabstimmung einholen wollte.
Das verdeutlicht das Mass der Abhängigkeit, das verdeutlicht aber auch die Leistung der jetzigen griechischen Regierung. Um den Eindruck überzogener Euphorie zu vermeiden: Das ist nicht mehr als ein Spalt in einer Tür, die gegen gewaltige Widerstände noch zu öffnen ist. Das geht nur durch eine Politisierung des scheinbar technokratischen Alternativlosigkeitsdiskurses. Und das ist auch die Aufgabe meiner Partei.
Es geht bei der Politisierung des Diskurses nicht nur um günstigere Bedingungen für Griechenland, damit wieder Politik im Interesse der Bevölkerung möglich wird. Es geht auch darum, die Hegemonie neoliberaler Politikvorstellungen in der gesamten EU zu brechen, insbesondere auch in Deutschland. Die Europäische Union muss eine Union der europäischen Bevölkerungen werden, auf keinen Fall jedoch ein deutsches Europa.
Ich denke, dass im Geburtsland der Demokratie der Anfang gemacht worden ist. Wolfgang Schäuble hat eine erste Niederlage erfahren. Eine Oppositionspartei kann nicht anders, als das ordnungsgemäss zu bestätigen. Das haben wir gemacht, deshalb haben wir der Verlängerung des Hilfsprogramms für Griechenland im Bundestag zugestimmt.