In Gerhard Pfisters Haut will man nicht stecken. Am 23. April 2018 wird er sein zweijähriges Amtsjubiläum als CVP-Präsident feiern. Unter der Führung des rechtskonservativen Lehrers, der angetreten war, den langsamen Abwärtstrend bei der Christlichdemokratischen Volkspartei zu stoppen und umzukehren, geht es mit den Wähleranteilen in eine Richtung. Nach unten.
«Ich möchte am Erfolg gemessen werden. Nicht heute und nicht in einem Jahr. Aber spätestens 2019 bei den nächsten Wahlen», liess Pfister am Tag seiner Wahl zum Parteipräsidenten verlauten. Es sieht nicht gut aus. 13 von 16 kantonalen Wahlen gingen in die Hose. Wenn Gerhard Pfister im jüngsten Porträt im «Tages-Anzeiger» zum X-ten Mal die Trendwende beschwört – «der Erfolg wird kommen, Sie werden schon sehen» – klingt das schon fast nach einem vergeblichen Rosenkranzgebet.
Ausgerechnet die Genfer
Am Sonntag waren Wahlen in Genf – und die CVP gewann einen Sitz. Sie stellt neu zwölf statt elf der 100 Sitze im Grossen Rat. Ausgerechnet die Genfer.
Der Genfer CVP-Präsident, Bertrand Buchs, ist der Anti-Pfister. Er steht für betonte Hinwendung nach links statt nach rechtsaussen. Und das mit Erfolg. Keine Zusammenarbeit mit der SVP, hat die Partei vor fünf Jahren beschlossen. Sie setzt sich für Vaterschaftsurlaub und Lohngleichheit ein. «Seither wächst die Partei, seither haben wir eine tolle Dynamik», sagt Buchs dem «Tages-Anzeiger».
Mit Pfister kreuzte der Genfer schon mehrmals die Klingen. Beim «Islampapier» könnten die Positionen verschiedener nicht sein. Es komme nicht infrage, sagt Bertrand Buchs der Zeitung, das Kopftuch an Schulen zu verbieten. Er selbst wisse, was es bedeute, wenn man als Katholik ausgegrenzt wird, sagt er dem «Tages-Anzeiger». Buchs: «Wenn wir das Kopftuch an den Schulen verbieten, so wie Pfister das will, tun wir den Muslimen an, was uns selbst widerfahren ist.»
Genfer Vorbild für die Basler CVP?
Die Basler CVP ist fest im bürgerlichen Viererticket mit LDP, FDP und SVP eingebettet. Doch die CVP, ganz entsprechend dem nationalen Trend, verliert. 2016 erreichte sie noch 6,3 Prozent der Wählerstimmen, verlor einen Sitz im Grossen Rat. Sie ist die schwächste Partei im bürgerlichen Quartett.
Wäre das Genfer Vorbild unter dem neuen Basler CVP-Präsidenten Balz Herter womöglich eine Option? Zumal die Partei in den letzten Monaten mit einer Politik irgendwo zwischen Zickzack- und Mitte-Links-Kurs auffällt: So beteiligte sich die Basler CVP an der bürgerlichen Spar-Forderung an die Basler Regierung – nur um kurz darauf zurückzukrebsen (Herter zur TagesWoche: «Angesichts der grossen Überschüsse ist der Vorstoss sicher nicht ideal»). Zudem rückte die CVP an vorderster Front von der Opposition der Bürgerlichen gegen die Überbauung Lysbüchel ab.
Aber zum Genfer Modell geht Herter – noch? – auf Distanz. «Basel hat andere Rahmenbedingungen», sagt er auf Anfrage. Das gelte sowohl im Vergleich zur Stadt Genf – aber selbstverständlich auch im Vergleich zu den CVP-Stammlanden. Inwiefern tickt Basel anders? «Meistens steht das linke Bündnis in Basel gegen den Rest – und dazu gehören auch wir. Da sind wir aber die Mitte».
Herter beschreibt die Basler CVP als «einen eher liberalen Verein», insbesondere im Vergleich zur nationalen Mutterpartei. «Beispielsweise sind wir beim Thema ‹Ehe für alle› sicher liberaler eingestellt als andere Kantone», sagt der Basler CVP-Präsident.
Er sehe deshalb keinen Grund, es seinem Genfer Kollegen Bertrand Buchs gleichzutun und offen auf Opposition zu gehen – sowohl zur SVP als auch zum eigenen Parteipräsidenten. «Ich denke nicht, dass das nötig ist. Die soziale Komponente ist bei uns – so lange es nicht nach dem Giesskannenprinzip geschieht – klar ausgeprägt und wichtig. Bei der Reform der Altersvorsorge 2020 war die CVP regional wie national Brückenbauer. Auf kantonaler Ebene unterstützen wir Tagesstrukturen. Da unterscheiden wir uns klar genug von unseren lieben Mitbürgerlichen», meint Herter.
Trotzdem: Wird die Basler CVP als klassische Mitte-Partei ihr Tief überwinden können – ohne sich so explizit abzugrenzen von bürgerlichen Bündnispartnern und der nationalen Partei, wie das in Genf erfolgreich geschieht? Balz Herter sieht – Stand jetzt – dafür keinen Anlass. Die Basler CVP sei eine «urbane und weltoffene» Sektion.
«Nicht immer einverstanden»
Trotzdem fügt er an, dass er inhaltlich nicht immer mit seinem Parteipräsidenten einverstanden sei. «Aber ich sage es Gerhard Pfister im persönlichen Gespräch, wenn ich nicht gleicher Meinung bin.» Dort gehöre das auch hin, denn es bringe «nicht nur Gutes», wenn man immer alles nach aussen trage, so Herter.
Das mag im Jahr 2018 gelten. Ob die Aussage in einem Wahljahr ebenfalls Bestand hat, wird sich zeigen.