Peter Dittus, der Generalsekretär der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), wünscht sich mehr Protest gegen die Banken. Dies sagte er gestern Abend bei einer von der Basler Occupy-Bewegung organisierten Diskussionsveranstaltung an der Fachhochschule für Soziale Arbeit im Gundeli.
In der Regel folgen solche Veranstaltungen dem immer gleichen Ritual – seit Jahrzehnten: Gut gegen Böse, wütende junge Menschen gegen den kaltschnäuzigen Klassenfeind. Gestern Abend war das anders. Unter den rund 80 Personen, die der Einladung der Basler Occupy-Bewegung zu einer Diskussion mit Peter Dittus, dem Generalsekretär der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) folgten, waren viele ältere Menschen. Und Dittus, der Bankenvertreter, gab sich betont menschlich. Auch äusserlich, statt in der Bankeruniform Anzug mit Krawatte trat er locker-lässig in Jeans und Turnschuhen auf. Als wollte er schon damit signalisieren «Ich bin einer von euch». Noch mehr aber verstärkte er diesen Eindruck, indem er gleich zu Beginn der Diskussion sagte, er hege grosse Sympathien für die Protestbewegung. Ganz so einfach kam er dann aber doch nicht davon.
Reformen statt Revolution
Denn, egal welchen Alters das Publikum war, Frust und Wut über den von der Finanzwirtschaft weltweit angerichteteten Schlamassel äusserten alle. Und die meisten der Votanten zeigten sich äusserst kompetent in Finanzfragen. So kompetent, dass selbst Dittus manchmal überfordert wirkte. Dann flüchtete er sich auch mal ins Philosophische – «was versteht man unter Geld?» oder musste auch mal zugeben, dass er dazu schlicht nichts sagen könne. Dittus wurde aber vor allem nicht müde, sich von den «Casino-Methoden» der Privatbanken zu distanzieren und zu betonen, dass die BIZ alles Interesse daran habe, diese zu stoppen. Es dürfe nicht sein, so der BIZ-Vertreter, dass «das Fussvolk die Suppe auslöffeln muss, die Banken ihm eingebrockt haben». Solche Voten kamen bei seinen Zuhörerinnen und Zuhörern zwar an, genügten ihnen aber nicht. Sie wollten von Dittus wissen, wie wie man denn zu verhindern gedenke, dass sich dieses Desaster nicht ständig wiederhole.
Eine Mehrheit gab sich auch nicht zufrieden mit den von Dittus beschworenen Kapitalerhöhung für die Banken, die dringend nötig sei. Das System als solches müsse geändert werden, so lautete die mehrfach geäusserte Forderung. Die Banken müssten verstaatlicht, der Einfluss der Politik wieder gestärkt werden. «Sie reden», so der Vorwurf eines Diskussionsteilnehmers, «nur von den Symptomen, nicht von den Ursachen». Ein anderer wollte wissen, weshalb das Zinssystem als solches nicht angegriffen werde. Solange die Banken durch Kreditvergaben Geld schöpfen würden, solange gehe deren Abzockerei weiter. «Es ist ein System, das auf Betrug basiert», schloss er. Noch nie, meldete sich ein älterer Herr, habe eine Revolution etwas verbessert. «Das System könnte funktionieren, wenn die kurzfristigen Gewinne hoch besteuert würden.»
Undurchsichtig für Laien
Der Schlagabtausch ging noch eine Weile so weiter, am Schluss zeigte sich der BIZ-Vertreter «beeindruckt vom breiten Spektrum der Meinungen». Es stimme ihn allerdings nachdenklich, sagte Peter Dittus, «dass der Protest in Basel so verhalten ist». Solange das so bleibe, «wird es schwierig sein, selbst die kleinste Reform durchzusetzen». Wen wunderts? Denn diese Diskussion hat vor allem eines gezeigt: Jemand, der nur mit seinem Lohn von Monat zu Monat lebt und nichts anzulegen hat, der weder Ökonom noch Banker ist, begreift nicht, nach welchen Regeln die Finanzbranche funktioniert. Und das ist wohl die Mehrheit. Sie hat nur das dumpfe Gefühl, dass etwas schief läuft – traut sich aber kaum, sich zu wehren. Wie auch, wenn man weder die Sprache noch die Spielregeln der Player in der Welt von Hedge-Funds, Derivaten und dergleichen versteht?