Warum sollten die Basler mit ihren Steuergeldern ausgerechnet die Baselbieter unterstützen? Weil es hier nicht um Lokalchauvinismus geht, sondern um eine ganze Region. So ist der Plan der beiden Regierungen weiser, als er auf den ersten Blick erscheint.
Man stelle sich das einmal vor: Der Basler Steuerzahler bezahlt bares Geld dafür, dass der geplagte Baselbieter Steuerzahler mit den hübschen Strassen nicht mehr Steuern zahlen muss. Skandal!
So zumindest schreit es aus den Kommentarspalten und so lautet auch der allgemeine Grundtenor der Reaktionen auf den Plan der baselstädtischen Regierung, bis 2019 80 Millionen Franken ans finanziell lädierte Baselbiet zu bezahlen, damit die Landschäftler unter anderem bei der Universität Basel nicht den Rotstift ansetzen.
Entwicklungshilfe, bar auf die Kralle
20 Millionen jährlich also, zusätzlich zum nationalen Finanzausgleich, überhaupt zusätzlich zu allem: Das ist eine Art Entwicklungshilfe für geplagte Nachbarn. Schweizweit einzigartig sei das, zumindest nach dem Wissen der beiden Regierungen.
Basel-Stadt geht also weit, um die Beziehung mit dem Nachbarn zu retten. Das lässt drei Interpretationen zu:
Es ist ein Kuhhandel. Basel-Stadt lässt sich von Baselland erpressen. Kaum setzen die sparwütigen Landschäftler zum Sparschnitt bei der Universität und der Kultur an, knicken die Städter ein und kaufen ihre Institutionen frei. Kernaussage: Da, nehmt unser Geld, aber lasst bitte Uni und Kultur in Ruhe.
Es ist ein Ablasshandel. Damit die Baselbieter die Steuern nicht erhöhen müssen, wollen sie sparen. Ihre Massnahmen betreffen auch partnerschaftliche Geschäfte wie die Uni-Finanzierung, die Basel-Stadt allerdings als Grundbedingung stellt, um überhaupt eine gemeinsame Spitalplanung mit Baselland anzugehen.
Die Situation ist verfahren, beide Verhandlungspartner beharren auf ihren Positionen. Basel-Stadt holt zum Befreiungsschlag aus und kauft sich mit 20 Millionen jährlich aus der Situation. Die bedürftigen und daher etwas gierigen Landschäftler greifen dankbar zu, Problem gelöst.
Es ist ein fairer Handel – für die Partnerschaft. Werfen wir das Klischee vom geizigen, aber gierigen Landschäftler und das vom edlen, aber ewig missverstandenen und dauergeplagten Städter über Bord, dann bleibt, dass sich die Regierungen am Freitag tatsächlich für eine Partnerschaft entschieden haben. Die Zahlung der städtischen Millionen erfolgt auf Zeit, in gegenseitigem Einvernehmen.
Die Baselbieter erbringen dafür schliesslich Leistungen; sie geben etwa dem finanziell ebenfalls eng bestückten Tropeninstitut eine Sicherheit, indem sie sich an einer gemeinsamen Trägerschaft beteiligen werden. Es ist tatsächlich ein Geben und ein Nehmen. Und vor allem geben sich die Kantone damit Zeit für weitere Verhandlungsrunden, die angesichts der verfahrenen Partnerschaft dringend nötig sind.
Ein Deal für die Region
So gesehen ist es ein überraschend mutiger Schritt, den die beiden Regierungen heute Freitag gemacht haben. Statt sich weiter auseinandertreiben zu lassen, machen sie einen Schritt aufeinander zu. Die Basler Regierung entschied sich gegen Trotzreaktionen und Sanktionen. Und die Baselbieter Regierung springt über ihren Schatten, nimmt das Geld aus der Stadt und signalisiert, dass es seine Rolle als Hochschulkanton doch wieder ernstnehmen will.
Dieser Deal – ob man ihn nun Kuhhandel, Ablasshandel oder Fairtrade schimpft – ist also am Schluss der weise Entscheid zu Gunsten einer Partnerschaft und damit zu Gunsten der Region. Und abgesehen davon demonstrieren die beiden Basel nach dem ganzen Wahlkampfgetöse für einmal ein erfrischendes Beispiel zur Überwindung der sonst üblichen, gutschweizerischen Kantönligeist-Pflicht.
Angesichts von Angebot, Leistungen und gewonnener Zeit ist der Betrag von insgesamt 80 Millionen Basler Franken gar kein so schlechter Preis. Jetzt aber muss Baselland seine Finanzen in den Griff bekommen – und wenn am Schluss sogar die eben angebotene Entwicklungshilfe nichts nützt, dann eben doch per Steuererhöhung.