PK-Gegner sorgen für Empörung

Die Gegner der vorgeschlagenen Pensionskassen-Sanierung glauben endlich den Beweis gefunden zu haben, dass die Baselbieter Regierung das Volk anlügt. Die Veröffentlichung der entsprechenden Informationen ist rechtlich allerdings höchst umstritten – offenbar auch im eigenen Lager.

Sind sich nicht mehr ganz einig: Hanspeter Weibel (SVP), Gerhard Schafroth (Grünliberale) und Siro Imber (FDP) vom Komitee gegen die PK-Sanierung. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Gegner der vorgeschlagenen Pensionskassen-Sanierung glauben endlich den Beweis gefunden zu haben, dass die Baselbieter Regierung das Volk anlügt. Die Veröffentlichung der entsprechenden Informationen ist rechtlich allerdings höchst umstritten – offenbar auch im eigenen Lager.

Böse Worte sind im Abstimmungskampf um die Sanierung der Baselbieter Pensionskasse schon viele gefallen. Doch nun geht es wirklich hart auf hart. Das Nein-Komitee um die beiden Landräte Gerhard Schafroth (Grünliberale) und Hanspeter Weibel (SVP) hat in einer Medienmitteilung vertrauliche Informationen aus der Finanzkommission (FiKo) publik gemacht – oder, je nach Darstellung, zumindest auf ihre Existenz hingewiesen (die Mitteilung ist auf der Rückseite dieses Artikels zu finden).

Die Indiskretion soll zeigen, dass die Regierung das Volk im entscheidenden Punkt anlügt: den Kosten für die PK-Sanierung. In den Abstimmungsunterlagen ist von 2,2 Milliarden Franken die Rede, das Nein-Komitee beziffert sie dagegen auf 4,5 bis 7 Milliarden Franken. Darum sagt es dem Kanton und einigen Gemeinden für den Fall eines Ja bei der Abstimmung vom 22. September den Ruin voraus.

Warten auf die Staatsanwaltschaft

Empört auf die angebliche Enthüllung reagiert FiKo-Präsident Marc Joset (SP). Die Unterlagen und Informationen aus den Sitzungen seien generell vertraulich, sagt er. Im aktuellen Fall habe die Kommission die Vertraulichkeit sogar noch per Abstimmung bekräftigt. Daran habe sich Kommissionsmitglied Gerhard Schafroth nicht gehalten und damit eine Amtsgeheimnisverletzung begangen. Das jedenfalls vermutet Joset, der davon ausgeht, dass die Staatsanwaltschaft aktiv wird, weil es sich bei einer Amtsgeheimnisverletzung um ein Offizialdelikt handeln würde.

«Unanständig, unkollegial»

Folgen erwarten ganz offensichtlich auch andere Kommissionsmitglieder. «Für mich steht fest, dass dieses Vorgehen unkollegial und unanständig ist», sagt der Grüne Klaus Kirchmayr, einer der prominentesten Befürworter der PK-Vorlage: «Eine rechtliche Wertung müssen andere vornehmen.»

Schafroth ist sich dagegen keiner Schuld bewusst. In den veröffentlichten Unterlagen seien alle vertraulichen Zahlen eingeschwärzt, von einer Amtsgeheimnisverletzung könne also keine Rede sein, sagt er. Sein Komitee habe nur darauf aufmerksam machen wollen, dass die Regierung neue Berechnungen anstelle, dem Volk die unangenehmen Ergebnisse aber vorenthalte.

Imber konzentriert sich lieber auf seine Prüfung

Unumstritten ist Schafroths Darstellung aber offenbar nicht einmal im eigenen Komitee. FDP-Landrat Siro Imber, bis jetzt einer der Vorkämpfer im Lager der Gegner, hat die Mitteilung mit dem Hinweis auf die vertraulichen Informationen jedenfalls nicht mitunterzeichnet. Angeblich, weil er Besseres zu tun hatte. «Ich muss mich auf meine Prüfungen konzentrieren», sagt Imber. Darum sei er vor der Publikation der Mitteilung nicht mehr zu den rechtlichen Abklärungen gekommen, die seiner Ansicht nach nötig gewesen wären.

Nun übernehmen diese Arbeit wohl andere. Die Baselbieter Staatsanwaltschaft hat den Fall zur Kenntnis genommen und wird ihn nun prüfen. Eine formelle Untersuchung wäre erst möglich, nachdem der Landrat die parlamentarische Immunität aufgehoben hat, unter deren Schutz Schafroth wie auch sein Mitstreiter Weibel stehen. Das entsprechende Gesuch müsste die Staatsanwaltschaft stellen.

Was beweisen die Unterlagen?

Mindestens so interessant wie die Meinungsverschiedenheiten im Komitee und das Ausgehen eines möglichen Verfahrens ist die inhaltliche Frage: Beweisen die Informationen aus der Finanzkommission, dass die Regierung die Öffentlichkeit bis jetzt in die Irre geführt hat?

Das ist schwierig zu beurteilen. Das Komitee hat nur einen Anhang zu einem Folgegeschäft zur PK-Vorlage verschickt, in dem es um finanzielle Garantien für kantonsnahe Institutionen geht, die bei der Sanierung in finanzielle Probleme geraten könnten. Und in dem Anhang sind tatsächlich die meisten Zahlen eingeschwärzt. Zusammengezählt sollen sie dem «Best-Case-Szenario» des Nein-Komitees  aber nahe kommen (das wären 4,5 Milliarden), heisst es in der Mitteilung der Gegner. Doch auch das ist beim derzeitigen Kenntnisstand nicht mehr als eine Behauptung.

Warum nicht alles offenlegen?

Doch warum sorgt die Kommission nicht von sich aus für mehr Klarheit und veröffentlicht das ganze Dokument ungeschwärzt?

Weil Regierung und Kommission die Wahrheit verheimlichen wollen, sagt Schafroth. Weil das Geschäft in der Bearbeitung ist und es noch sehr viel Unbekannte gibt, sagt Joset. Beim jetzigen Stand der Kommissionsarbeit könnten Gegner wie Befürworter der PK-Sanierung das aus den Unterlagen herauslesen, was ihnen gerade passe. Das habe die Kommission verhindern wollen und sich explizit für Vertraulichkeit entschieden.

Auf diesen Beschluss beruft sich auch Finanzdirektor Anton Lauber (CVP). Darum will er den neusten Angriff des Nein-Komitees nicht kommentieren. Er sagt nur: «An unseren Zahlen hat sich nichts geändert.»

Lesen Sie am Freitag in unserer Wochenausgabe, warum die PK-Sanierung wohl scheitern wird. Und welche Folgen das hat. Die aktuelle Ausgabe erhalten Sie jeweils am Kiosk oder digital über die App der TagesWoche. Oder natürlich bequem nach Hause geliefert mit einem Abo.

Nächster Artikel