Politiker wollen Verkehrskonzept aufweichen

Der Gewerbeverband pocht auf eine gewerbefreundlichere Umsetzung des Verkehrskonzeptes für die Innenstadt. Politiker von links bis rechts haben nun fünf politische Vorstösse eingereicht. Gefordert werden: längere Lieferzeiten, einfachere Gebührensysteme und Zugangspoller.

Der Gewerbeverband pocht auf eine gewerbefreundlichere Umsetzung des Verkehrskonzeptes für die Innenstadt. Politiker von links bis rechts haben nun fünf politische Vorstösse eingereicht. Gefordert werden: längere Lieferzeiten, einfachere Gebührensysteme und Zugangspoller.

Richtig umgesetzt ist das Verkehrskonzept für die Basler Innenstadt noch nicht. Obwohl es seit dem 1. Januar 2014 gilt, fehlt grösstenteils die Beschilderung für die eigentlich autofreie Innenstadt. Für die Gewerbetreibenden im Perimeter ist das allerdings kein Trost. «Im Gegenteil», sagte Gewerbeverbands-Direktor Gabriel Barell am Mittwochmorgen.

Der Verband lud zur Medienkonferenz, nicht nur um seinem Ärger über die «langsame Verwaltung» und den «fehlenden Menschenverstand» der Verwaltung bei der Umsetzung Luft zu verschaffen, sondern auch, um öffentlich den Druck auf die Regierung und den Grossen Rat zu erhöhen.

Direktor Barell ist sich bewusst, dass «die möglichst verkehrsfreie City politischer Wille einer klaren Mehrheit ist und die Stadt attraktiver machen könnte», aber es müsse eine Handhabung her, die «nicht gegen das Gewerbe geht». 40 Betriebe aus der Innenstadt haben sich bei ihm gemeldet, sie alle stören sich an der Umsetzung des Konzeptes oder sind zumindest davon verunsichert – «auch wenn es viel zu früh für eine Bilanz ist», wie Barell selbst eingesteht.

Fünf Grossratsmitglieder wollen nun eine gewerbefreundlichere Umsetzung des Konzeptes mit politischen Vorstössen vorwärtstreiben. Das Vorstosspaket ist aus Sicht von Barell breit abgestützt, die Vorstösse stammen aus der CVP, GLP, FDP, LDP und dem Grünen Bündnis. «Dass die SVP und die SP nicht vertreten sind, heisst nicht, dass sie dagegen sind, es fehlte einfach die Zeit, um sie mit an Bord zu holen», hiess es am Ende der Medienveranstaltung. Und weil es auch darum ginge, möglichst schnell eine Verbesserung zu erzielen, habe man bewusst auf «unrealistische Maximalforderungen» verzichtet, sagte Barell.

Die fünf Vorstösse fordern (die ausführlichen Vorstösse sind auf der Rückseite des Artikels):

  • Längere Lieferzeiten: CVP-Grossrätin Pasqualine Balmelli-Gallacchi fordert in ihrer Motion, dass als Güterumschlagszeit in der Innenstadt neu von Montag bis Samstag einheitlich 6 bis 11 Uhr gelten solle. Die Umschlagzeiten im Verkehrskonzept sind aktuell: Montag bis Freitag zwischen 6 bis 11 Uhr, samstags von 6 bis 9 Uhr.
  • Freie Fahrt für ansässige Gewerbebetriebe: GLP-Grossrätin Martina Bernasconi fordert, dass Gewerbebetrieben in der Innenstadt freie Zu- und Wegfahrt genehmigt wird, wenn ihr Betrieb sonst nicht möglich ist. Gemeint seien ansässige Handwerksbetriebe, Floristen, Bäckereien und Produktionsbetriebe wie Schlossereien. «Die Innenstadt soll eine Arbeitsstätte bleiben», sagt Bernasconi. Die Bedingung für die freie Fahrt zum Geschäftsdomizil ist aber ein lärm- und schadstoffemissionsarmes Ökofahrzeug. Als Übergangsfrist für ein entsprechendes Fahrzeug sind zwei Jahre vorgeschlagen.
  • Konzession für Kurierdienst: Grüne-Grossrätin Mirjam Ballmer fordert den Aufbau eines privatwirtschaftlichen City-Logistik-Modells. Kurierdienste sollen Konzessionen erhalten, unter der Voraussetzung, dass die Kurierdienste ihre Dienstleistungen nach Möglichkeit mit dem Velo erbringen und für andere Transporte nach einer Übergangsfrist ökologische Fahrzeuge einsetzen. Sie sollen gewährleisten, dass die Anwohner der Innenstadt die für ihre Lebens- und Arbeitsgewohnheiten benötigten Güter und Dienstleistungen an ihrem Domizil nachfragen können.
  • Neues Gebührensystem: FDP-Grossrat Andreas Zappalà fordert ein neues Gebührensystem für die Innenstadt-Zufahrt. Die Idee ist eine moderne Online-Software-Lösung, die nicht nur weniger Bürokratie bedeuten würde, sondern auch kostengünstiger wäre. Das jetzige Gebührensystem bevorzuge Inhaber von Dauerbewilligungen.
  • Schneller Umsetzung von Zufahrtspollern: LDP-Grossrat Heiner Vischer fordert, dass das Pilotprojekt am Spalenberg mit mechanischen Zufahrtssperren – so genannten Pollern – schneller auf den gesamten Innenstadt-Perimeter umgesetzt wird. In Anbetracht der grossen Unsicherheit bei der Umsetzung des Verkehrskonzeptes Innerstadt und den ausserordentlich vielen zu bewilligenden Ausnahmen kommt der Regulierung und Kontrolle der Massnahmen ein besonderes Gewicht zu, schreibt Vischer und sieht die «einzige praktikable Lösung» in Pollern. «Bis es aber soweit sein könnte, dauert es drei Jahre – das ist zu lange.» Er fordert in seinem Anzug, dass der Regierungsrat prüft, wie man das System in eineinhalb Jahren umsetzen könnte.

Prioritär sind aus Sicht des Gewerbeverbandes vor allem die drei Motionen, während die Anzüge von Zappalà und Vischer längerfristig sind. «Einige dieser Forderungen hätten von der Regierung und Verwaltung auch ohne politischen Auftrag umgesetzt werden können», schreibt der Gewerbeverband in der Medienmitteilung zum Anlass und fordert nun, «dass die Behörden wenigstens nach Überweisung der Vorstösse durch den Grossen Rat rasch tätig werden und bis zum Sommer endlich Klarheit über die künftigen Verhältnisse in der verkehrsfreien Innenstadt herrscht».

Der Sommer ist ein guter Zeitpunkt, frühestens dann wird auch das gesamte Verkehrskonzept wie vorgesehen greifen.

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