Polizei hält Kontrollen unter dem Deckel

Gewerkschaften und Arbeitgeber werfen den Baselbieter Behörden vor, gegen Schwarzarbeit dilettantisch vorzugehen. Jetzt verschweigen diese ihre Kontrollergebnisse.

Mit einem Grossaufgebot kontrolliert die Baselbieter Polizei Anfang April die kantonale Baustelle des neuen Justizzentrums in Muttenz. (Bild: Leserreporter)

Gewerkschaften und Arbeitgeber werfen den Baselbieter Behörden vor, gegen Schwarzarbeit dilettantisch vorzugehen. Jetzt verschweigen diese ihre Kontrollergebnisse.

Bei der vorletzten Kontrolle ging es noch rasch: Keine vier Tage nachdem die Polizei Baselbieter Baustellen nach Schwarzarbeitern durchkämmt hatte, verbreitete sie eilig eine Erfolgsmeldung. Man habe nur geringfügige Verstösse gefunden. «Die involvierten Behörden ziehen eine positive Bilanz», meldete die Polizei. Das war Mitte März.

Am 9. April machte sich wieder ein Grossaufgebot der Polizei, des Amtes für Migration und des Kantonalen Amtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Kiga) an die Arbeit. Im Visier hatten die Polizisten eine Baustelle ihres Arbeitgebers: das neue Justizzentrum in Muttenz. Ob die Staatsdiener fündig wurden oder nicht, hält die ­Baselbieter Polizei aber unter dem Deckel.

Die Kommunikation verzögere sich, vertröstete die Polizei die TagesWoche. Ein Monat nach der Kontrolle dann die endgültige Absage: «Da in dieser Sache ein politischer Vorstoss hängig ist, ­äussern wir uns erst, wenn dieser im Parlament behandelt wurde.»

Tatsächlich hatten Gewerkschaften und Arbeitgeber gemeinsam die kantonalen Behörden ungewohnt heftig kritisiert: Der Kanton gehe gegen Schwarzarbeit dilettantisch vor. «Mit solchen Kontrollen soll die Bevölkerung beruhigt und der Anschein erweckt werden, dass Schwarzarbeit im Kanton Baselland kein Problem darstelle», kritisierte etwa SP-Landrat und Gewerkschafter Daniel Münger.

«Steuergelder verschleudert»

Der Direktor der Wirtschaftskammer Baselland, Christoph Buser, warf dem Kanton gar vor, Steuergelder zu verschleudern: «Die Behörden haben offensichtlich kein Interesse, Schwarzarbeit wirklich zu bekämpfen», sagte er. Anders lasse sich nicht erklären, weshalb es der Kanton bei seinen Grosskontrollen nicht einmal für ­nötig befunden habe, die auf die ­Bekämpfung von Schwarzarbeit spezialisierten Kontrolleure der Zentralen Arbeitsmarkt-Kontrolle (ZAK) zu kontaktieren.

Die ZAK wird von den Sozialpartnern gemeinsam getragen und kontrolliert im Auftrag des Kantons Baselland Baustellen auf Schwarzarbeiter. Und die privaten Kontrolleure sind erfolgreich: Im Jahr 2011 etwa kontrollierte sie rund 500 Personen. Dabei stiessen die Kontrolleure auf Dutzende, teilweise gravierende Verstösse, die sie dem Kiga meldeten.

Kontrolliert hat die Polizei ein Vorzeige­unternehmen.

Das Kiga will sich zum Ergebnis der Kontrolle auf der Baustelle des Justizzentrums nicht äussern. Dies sei Sache der Polizei. Weniger zugeknöpft zeigen sich Kadermitarbeiter der Baudirektion. Da der Kanton auch Bauherr des Justizzentrums ist, wurden sie bereits inoffiziell über das Kontrollergebnis informiert: Die Polizei habe keine nennenswerten Ver­stösse festgestellt.

Das überrascht ni­cht, gab es doch gar keine Verdachtsmomente gegen die involvierten Firmen. Im Gegenteil: Die Baumeisterarbeiten etwa, also die Gebäudehülle, erstellte die Firma Marti AG mit Sitz in Basel. «Ein Vorzeigeunternehmen, das sehr viel für den Kanton arbeitet und in der Region stark verankert ist», erklärt Gewerkschafter Daniel Münger.

Besonders brisant: Der Geschäftsführer der Marti AG, Björn Hansen, ist nicht nur Vorstandsmitglied der Baustellenkontrolle Basel, er sitzt auch im Vorstand der Zentralen Arbeitsmarkt-Kontrolle, die im Auftrag des Kantons Baselland eben solche Schwarzarbeitkontrollen durchführt. Auf Anfrage erklärt der Geschäftsführer Hansen, er begrüsse es, wenn er genauso streng kontrolliert werde wie alle anderen Firmen auch. Das mag stimmen, doch die Chance, dass die Heerscharen von Polizisten und Kontrolleuren ausgerechnet bei seiner Firma auf gravierende Verstösse oder Schwarzarbeiter stossen, sind natürlich minim.

Weitaus erfolgreicher sind Kontrollen bei Firmen, die schon aufgefallen sind oder gar überführt wurden. Deshalb ist der Informationsaustausch unter den Kontrollinstanzen zentral. Die ZAK fragte denn auch beim Kiga nach den Kontrollergebnissen der Muttenzer Baustelle. Doch selbst die Kontrolleure warten bis heute auf eine Antwort.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 10.05.13

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