Präsident Sisi kauft Waffen in grossem Stil

Die US-Botschaft in Kairo feierte dieser Tage die Wiederaufnahme der gemeinsamen Panzerproduktion am Nil. Präsident Sisi ist derzeit Waffengrosseinkäufer. Sein Bestreben, die Stabilität des Landes in der Krisenregion am Boden, in der Luft und zu Wasser zu verteidigen, unterstützen auch Frankreich und Russland bereitwillig.

Das Waffengeschäft ist beschlossen: Der ägyptische Präsident Abdelfattah al-Sisi (Mitte) und der französische Primeminister Manuel Valls (links) mit den Verteidigungsministern beider Länder am 10. Oktober 2015.

(Bild: EPA/Khaled Elfiqi)

Die US-Botschaft in Kairo feierte dieser Tage die Wiederaufnahme der gemeinsamen Panzerproduktion am Nil. Präsident Sisi ist derzeit Waffengrosseinkäufer. Sein Bestreben, die Stabilität des Landes in der Krisenregion am Boden, in der Luft und zu Wasser zu verteidigen, unterstützen auch Frankreich und Russland bereitwillig.

Auf der 300 Kilometer langen Wüstenstrasse von der Mittelmeerstadt Marsa Matruh in die Oase Siwa herrscht trotz der abgeschiedenen Lage reges Treiben. Die ägyptische Armee ist in dieser Region nahe der porösen libyschen Grenze dabei, riesige neue Militärstützpunkte einzurichten. Soldaten zäunen immer weitere Gebiete ein. Zur Unterstützung wurden bei den USA modernste mobile Überwachungssysteme für 100 Millionen Dollar gekauft.

Erst im März hatte Washington die Lieferung von Militärgütern wieder aufgenommen, die nach der blutigen Entmachtung der Muslimbrüder im Sommer 2013 für fast zwei Jahre eingefroren war. Nach und nach wurden zwölf F16-Kampfjets überstellt, auf deren Auslieferung die ägyptische Luftwaffe wegen der politischen Eiszeit hatte warten müssen.

Die Wiederaufnahme der gemeinsamen Produktion der Abrams-Panzer in der Nähe von Kairo ist jetzt der letzte Schritt der US-Administration in der Normalisierung ihrer Militärkooperation mit der neuen Führung von Präsident Abdelfattah al-Sisi. Deren Kernstück besteht seit dem Frieden mit Israel in einer jährlichen Militärhilfe von 1,3 Milliarden Dollar.

Neu liefern auch Frankreich und Russland

Weil der traditionell engste Verbündete seine Waffenlieferungen vorübergehend sistierte, hat Sisi seine Beschaffungspolitik neu organisiert, den Kreis der Liferanten erweitert und so die Abhängigkeit von den USA verringert. Vor allem Frankreich und Russland haben die Gelegenheit genutzt.

Paris stuft Ägypten als «strategischen Partner» ein und hat mit Kairo milliardenschwere Verträge abgeschlossen. Sie umfassen etwa 24 Rafale-Kampfflugzeuge, eine Fregatte und mehrere Korvetten.

Für Aufsehen gesorgt hat insbesondere der Kauf von zwei Mistral-Helikopterträgern. Sie waren eigentlich für Russland gebaut worden, durften wegen des Embargos im Zusammenhang mit der Ukrainekrise aber nicht ausgeliefert werden. Ägypten wird damit das erste arabische Land, das über Helikopterträger verfügt.



Eigentliche für Russland gebaut: Diese zwei Helikopterträger der Mistral-Klasse dürften bald von Saint-Nazaire Richtung Ägypten auslaufen. (AP Photo/David Vincent)

Eigentliche für Russland gebaut: Diese zwei Helikopterträger der Mistral-Klasse dürften bald von Saint-Nazaire Richtung Ägypten auslaufen. (AP Photo/David Vincent) (Bild: AP Photo/David Vincent)

Russland hat dem Deal zugestimmt und verkauft auch selber an Kairo, unter anderem 40 MiG-29 für rund zwei Milliarden Dollar, und hofft weiter, mehrere Dutzend Helikopter liefern zu können, mit denen die französischen Mistral ausgerüstet werden sollen.

Auch China fehlt nicht auf der Lieferantenliste. Bei jeder Auslandreise von Sisi ist militärische Kooperation ein zentrales Thema.

Einsatz zugunsten Europas in der Flüchtlingskrise?

Die Grosseinkäufe betreffen Bodentruppen, Luftwaffe und Marine gleichermassen; ein klares Signal, dass Sisi, der ehemalige Armeechef, für Ägypten die Rolle als eine der führenden Militärmächte in der Region beansprucht und auch in der Lage sein will, aussenpolitische Ziele mit militärischem Muskelspiel zu unterstreichen. Im eigenen Land tobt zudem ein erbitterter Kleinkrieg gegen jihadistische Gruppen im Nordsinai.

Die ägyptische Armee gehört weltweit zu den 15 stärksten und ist vor allem in Bezug auf die Zahl der Soldaten die grösste in den arabischen Ländern. Sie ist auch im Inland die stärkste und unbestrittenste Institution und in vielen Bereichen anstelle von zivilen Organisationen aktiv: von der Planung des neuen Suez-Kanals über den Bau von Strassen bis zum Abpumpen des Wassers in den vom Regen überfluteten Strassen Alexandrias.

Mit dem forcierten Ausbau der Marine soll die Verteidigungsbereitschaft sowohl im Mittelmeer als auch im Roten Meer bis zur Meerenge von Bab al-Mandeb im Jemen gestärkt werden. Der Mistral erlaube einen besseren Schutz der Küstengewässer, insbesondere gegen die zunehmenden terroristischen Aktivitäten, schreibt der Strategieexperte Mohammed Qashquosh in einer Zeitungskolumne.

Mit den Helikopterträgern will Ägypten auch seine strategische Bedeutung für Europa unterstreichen.

Der Mistral werde auch dabei helfen, die illegale Migration von Ägypten und Libyen nach Europa zu verhindern. So unterstreicht der Experte die strategische Bedeutung Ägyptens auch für Europa.

In verschiedenen Gedankenspielen wird auch immer wieder ein möglicher Einsatz ägyptischer Soldaten im Krieg im Jemen und neuerdings bei den von den USA angekündigten Kommandoaktionen gegen den IS in Syrien und im Irak erwähnt.

Intransparente Finanzen

Eine genaue Übersicht, wie viele Milliarden Sisis Grosseinkäufe verschlingen, gibt es nicht. Die gesamte Region hat 2014 laut Transparency International 135 Milliarden Dollar für die Rüstung ausgegeben. Das ist mit 5,1 Prozent des Bruttosozialproduktes eine der höchsten Quoten weltweit.

Ägypten steht für Käufe in den USA teilweise die Militärhilfe zur Verfügung. Frankreich hat einen staatlichen Kredit von mehreren Milliarden bewilligt und für die Lieferungen aus Russland soll auch Geld aus den Golfländern, die ein vitales Interesse an einer starken ägyptischen Armee haben, eingesetzt werden. Das Budget der Armee ist nicht bekannt, eine zivile Kontrolle gibt es nicht.

Transparency International hat einen neuen Index geschaffen, der die Rolle des Parlamentes bei der Aufsicht über das Militär und seine Ausgaben für Beschaffung misst. Da rangiert Ägypten in der schlechtesten Kategorie F, zusammen mit Ländern wie Eritrea oder Algerien. Entsprechend hoch ist laut Transparency International auch das Risiko für Korruption.

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