Die Geschäftsprüfungskommission wollte das Fehlverhalten bei der Basler Kantonalbank aufarbeiten und stellte dabei vor allem eines fest: dass sie es nicht durfte.
Fast schon alarmistisch hatte die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates (GPK) zur Medienkonferenz gerufen, um ihren Untersuchungsbericht zu den zahlreichen Skandalen der Basler Kantonalbank vorzustellen. Erst am Abend vorher hatte die GPK informiert, nach Börsenschluss, um etwelchen Effekten auf den Kurs der Partizipationsscheine vorzubeugen.
Ein Kracher war erwartet worden, der Saal entsprechend voll mit Journalisten. Doch die Luft war bald draussen, der Bericht bringt keine neuen Erkenntnisse zum Hergang der vier Affären, welche die BKB in den letzten Jahren in die Krise gestürzt haben. Das räumt selbst Joël Thüring ein, Mitglied des fünfköpfigen Untersuchungsgremiums: «Es war eine Aufarbeitung des Bekannten, konkret Neues zu den Ereignissen können wir nicht präsentieren.»
Verschlossene Türen
Genau darin liegt das Problem, auf das die GPK in ihrem Bericht aufmerksam macht: Sie stiess sowohl bei der Bank wie auch beim Finanzdepartement, das den Kanton als Eigentümer vertritt, in zentralen Fragen auf verschlossene Türen.
- Als die GPK zum Anlagebetrugsskandal ASE, in den die BKB tief verwickelt war, Einsicht in den Bericht der Finanzmarktaufsicht (Finma) forderte oder den vollständigen internen Untersuchungsbericht der Kanzlei Bär & Karrer anforderte, blockte die Bank ab. Auch Bankratsprotokolle konnten nicht vollständig eingesehen werden.
- Auch zu den regelwidrigen Stützkäufen der Bank, welche diese tätigte, um den Sturzflug der eigenen Partizipationsscheine aufzufangen, verwehrte man den Politikern Einsicht. Weder die Regierung noch die Bank wollten eine Verfügung der Finma zugänglich machen, in welcher diese die Bank scharf rügte.
- Zum noch immer hängigen Steuerstreit mit den USA, in dem eine hohe Millionenbusse droht, wurde der GPK ebenfalls der Zugang zu Dokumenten verweigert.
- Ralph Lewin, Präsident der Bank Coop, lehnte gleich zweimal ein Hearing der GPK ab, wo das Versandchaos bei den Kontoauszügen diskutiert werden sollte.
Der Konflikt ist schnell erklärt. In den Augen des Finanzdepartements wie auch der BKB fehlt der GPK jede rechtliche Grundlage, um sich einzumischen. «Seit 20 Jahren ist die Bankenaufsicht national geregelt, mit der Finma als erstem und einzigem Aufsichtsorgan. Die bankenrechtliche Aufsicht erfolgt somit über die Finma. Weder Regierungsrat, Grosser Rat noch GPK haben hierbei eine Aufsichtsfunktion», argumentiert Kaspar Sutter, Generalsekretär des Finanzdepartments.
Keine Aufsichtspflichten
Die Kantonalbank teilt diese Einschätzung: «Die finanzmarktaufsichtsrechtlichen Befugnisse sind im Bundesrecht abschliessend geregelt, weshalb für die Kantone auf diesem Gebiet kein gesetzgeberischer Freiraum mehr besteht.»
Die GPK fühlt sich gleichwohl zum Eingreifen ermächtigt. Sie beruft sich auf die Basler Verfassung, die dem Grossen Rat ein eher allgemein gehaltenes Aufsichtsrecht über ausgegliederte und staatliche, aber selbstständige Institutionen zuspricht. Wer recht hat, ist schwer abzuschätzen, aber die Argumentation der GPK ist nicht restlos nachzuvollziehen, da im Bankengesetz klar festgehalten ist, dass dem Grossen Rat keinerlei Aufsichtspflichten zukommen.
Eva Herzog fragte nicht nach
Einig sind sich aber alle, dass die Verantwortlichkeiten im überarbeiteten BKB-Gesetz geklärt gehören, über das im Herbst beraten wird. Denn das umfassende Kontrollversagen, vor allem in den Fällen ASE und USA ist durchaus auf eine viel zu lockere Aufsicht zurückzuführen. So lagen gemäss GPK sämtliche Bankratsprotokolle der Finanzdirektorin vor. Dennoch habe diese kein einziges Mal interveniert – auch als die politischen Risiken im US-Steuerstreit offensichtlich geworden waren.
Kaspar Sutter, Sprecher von Finanzdirektorin Eva Herzog, begründet das wiederum mit der Aufsichtspflicht: «Die bankenrechtliche Aufsicht über die BKB obliegt der Finma. Der Regierungsrat hat gegenüber dem Bankrat kein Weisungsrecht.»
Überforderte Vizepräsidentin
Die GPK will das nicht gelten lassen: «Alarmzeichen wurden vom Regierungsrat nicht oder zu spät erkannt. Was eigentlich genau die Rolle des Eignervertreters wäre.» Auch in den anderen Fällen habe man keine Hinweise gefunden, dass sich die Finanzdirektorin über die Probleme beim Bankrat erkundigt habe.
Auch der von den Parteien bestellte Bankrat, über dessen Kompetenzen erhebliche Zweifel bestehen, wird von der GPK scharf kritisiert. Sie wirft ihm nicht zu rechtfertigende Ahnungslosigkeit vor, indem er gefährliche Entwicklungen nicht erkannt und viel zu spät reagiert habe. Vizepräsidentin Christine Keller (SP) wird von der Kommission sogar als derart überfordert erachtet, dass eine Änderung des Wahlmodus empfohlen wird. Der Bankrat soll den Posten nicht mehr eigenmächtig besetzen können.
Eine weitere Überraschung
Für SVP-Mann Thüring ist es ein dringliches Anliegen, die Qualität des Bankrats zu verbessern. Als die GPK während der Untersuchung gefragt habe, ob weitere Überraschungen drohen, habe man versichert, dass alles auf dem Tisch sei. Ende Mai gab die Bank dann bekannt, knapp 40 Millionen Franken an den deutschen Fiskus zu überweisen. Eine Art Ablasshandel, um die eigenen Mitarbeiter vor Strafverfolgung zu schützen.