Radio mit und für Migranten? Debora Cilli macht es vor

Die Italienerin Debora Cilli wohnt seit 14 Jahren in Basel und macht jetzt Radio mit und für Migranten und Migrantinnen. Das Format ist längst fällig – findet nicht nur sie.

Öffnet Türen für Migranten und Migrantinnen: Debora Cilli.

(Bild: Eleni Kougionis)

Die Italienerin Debora Cilli wohnt seit 14 Jahren in Basel und macht jetzt Radio mit und für Migranten und Migrantinnen. Das Format ist längst fällig – findet nicht nur sie.

Eigentlich fast eine Schande, dass es sowas in Basel bis jetzt noch nicht gab: Seit Kurzem strahlt Radio X einmal pro Monat eine Sendung mit Migranten und Migrantinnen aus.

Zwar gibt es bei Radio X bereits mehrsprachige Sendungen, die von Migranten und Migrantinnen gemacht werden, politisch wurde es dabei aber selten. Das soll sich nun ändern:Unter dem Namen «CitoyenX» wird jeweils am letzten Donnerstag des Monats um 18 Uhr politisches Radio mit Migranten und Migrantinnen gemacht.

Eine öffentliche Stimme für Migranten

Der Sendungsbeschrieb auf der Website klingt vielversprechend: «Bei ‹Citoyen X› setzen sich MigrantInnen mit der Schweizer Politik auseinander und erhalten somit eine öffentliche Stimme. In Interviews, gestalteten Beiträgen sowie Diskussionsrunden diskutieren MigrantInnen und ihre Gäste über politische Themen aus der lokalen und nationalen Politik.» 

Ende Februar wurde die erste Folge ausgestrahlt – und überzeugte: Abwechslungsreich und inhaltsstark wurde das Thema «politische Partizipation» behandelt, die Beiträge reichten von Vox Populi über Kurzgeschichten zu Interviews, unter anderem mit den beiden Grossräten Tanja Soland und David Jenny über die abgelehnte Ausländermotion.

In der nächsten Sendung geht es um Einbürgerung – und hier kommt Debora Cilli ins Spiel. Die Ägyptologin und angehende Sozialarbeiterin wird die Sendung moderieren und hat grosse Teile davon produziert – als blutige Anfängerin im Radiobusiness. Das sei aber kein Problem gewesen, «die Sendung ist ja glücklicherweise nicht live!» Cilli sitzt lachend vor einem Tee im Café Frühling. «Citoyen X» wird vorproduziert, da sei es nicht so schlimm, wenn nicht alles auf Anhieb klappe. Ausserdem sei das verantwortliche Team bei Radio X äusserst hilfsbereit und bereite sie gut vor.

Cilli hat zum ersten Mal bei ihrer Arbeit von der geplanten Radiosendung gehört: Sie absolviert zurzeit ein Praktikum im Quartiertreffpunkt Burg im Warteck und meldete sich sofort, als sie von «Citoyen X» hörte. Ein Radioformat für und von Migranten und Migrantinnen, das fördert nicht nur das Selbstwertgefühl, sondern ist auch ein wichtiger Schritt Richtung Integration – davon ist Cilli überzeugt.

Integration hat nicht immer mit Sprache zu tun

Sie weiss, wovon sie redet: In Italien geboren, seit 14 Jahren in Basel, hat sie in Ägyptologie promoviert und später immer wieder im Union die Quartiertreffpunkte im Kleinbasel betreut. Cilli ist nicht nur selbst Migrantin, sie hat auch immer wieder eng mit Migranten und Migrantinnen zu tun. Integration, erzählt sie und bläst in ihren Tee, werde immer mit Sprache in Verbindung gebracht: Am allerwichtigsten sei, so die gängige Meinung, dass Ausländer Deutsch lernen würden – der Rest käme dann von selbst. 



Kopfhörer auf!: Debora Cilli im Studio von Radio X.

Kopfhörer auf!: Debora Cilli im Studio von Radio X. (Bild: Eleni Kougionis)

Diese Meinung vertrat auch Cilli, bis ihr ein Geflüchteter aus Syrien bei einem Gespräch ein weiteres Wort nannte: Netzwerk. «Ich musste feststellen, dass das stimmt: Integration hat letztlich gar nicht so viel mit der Sprache zu tun, wirklich wichtig sind die Schlüsselpersonen.» Also Personen, die Türen öffnen und Kontakte herstellen könnten. Die als Glieder einen Anschluss an die fremde Gesellschaft schaffen. 

Ein Glied, wie es «Citoyen X» sein kann. «In einer Radiosendung muss man komplexe Sachverhalte einfach und verständlich aufbereiten. Das fördert Interesse und Verständnis für schwierige Themen.»

Integration hat auch mit Erfolgserlebnissen zu tun

Mit jeder geglückten Sendung kommen auch die Erfolgserlebnisse. Diese, meint Cilli, seien besonders wichtig. «Wenn man die Sprache nicht versteht, fühlt man sich defizitär. Das kreative Gestalten kann einen zugänglichen Weg anbieten, um niederschwellige Erfolgserlebnisse zu haben. Dies ist besonders wichtig in einem fremden Land, wo die Integration am Anfang schwierig sein kann.»

Deshalb setzt sich Cilli hier besonders stark ein: Neben ihrer Arbeit im Quartiertreffpunkt organisiert sie einen Kunst-Workshop zum Thema «Heimat», wo Menschen jeden Alters und jeder Herkunft an einem Wochenende zusammenkommen und an einem Kunstprojekt arbeiten. Zweimal hat er schon stattgefunden, die weiteren Termine im April und Mai sind fast ausgebucht. Gemeinsames Gestalten sei besonders erfüllend, da man auch ohne oder mit sehr geringen Sprachkenntnissen teilnehmen könne: Kunst ist universell verständlich.

Dazu kommt: Das gemeinsame Produzieren, mit Bekannten und Unbekannten, hilft Vorurteile abzubauen und fördert ein Zusammen- statt nur Nebeneinander. Cilli nickt überzeugt. Dasselbe gelte fürs Radio, für jede Form von Integrationsarbeit. Es braucht Begegnungsorte und offene Türen. Oder eben: ein Netzwerk.

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«Citoyen X» auf Radio X: Immer am letzten Donnerstag im Monat, um 18 Uhr, und in der Wiederholung am Sonntag darauf um 13 Uhr. Wer gerne mitmachen will, kann sich unter citoyenx@radiox.ch melden.

Debora Cillis Kunst-Workshop zum Thema Heimat ist kostenlos und für alle offen. Weitere Infos und Anmeldung dazu hier.

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