«Rechnung hat nichts mit Politik zu tun»

Die Staatsrechnung von Baselland trägt ein altbekanntes Zeichen vor dem Ergebnis: das Minus. Finanzdirektor Adrian Ballmer muss Rückstellungen von 30 Millionen erklären und «Verschwörungstheorien» entkräften. Die Stimmung im Baselbiet ist vor der Abstimmung über das Entlastungsrahmengesetz nervös.

Der zurückgetretene Baselbieter Finanzdirektor Adrian Ballmer (FDP). (Bild: Keystone)

Die Staatsrechnung von Baselland trägt ein altbekanntes Zeichen vor dem Ergebnis: das Minus. Finanzdirektor Adrian Ballmer muss Rückstellungen von 30 Millionen erklären und «Verschwörungstheorien» entkräften. Die Stimmung im Baselbiet ist vor der Abstimmung über das Entlastungsrahmengesetz nervös.

Adrian Ballmer musste schlechte Nachrichten überbringen. Erneut. Zum dritten Mal in Folge schliesst der Kanton Basel-Landschaft sein Ergebnis mit einem Defizit. 96,5 Millionen sind es dieses Mal – 18,6 Millionen schlechter als budgetiert. Noch bevor der Finanzdirektor aber den «Ernst der Lage» schildern konnte, griff er im Sitzungszimmer 210 des Baselbieter Regierungsgebäudes einen anderen Punkt auf.

«Es gab einige Anrufer», begann Ballmer in seinem unaufgeregtem Ton, «die eine Verschwörung wittern, weil die Medienkonferenz eine Woche früher einberufen wurde, als geplant.» Das sei Quatsch, sagte Ballmer: «Das ist keine Verschwörung, sondern eine Panne.» Die Unterlagen seien zu früh an die Medien versendet worden, weshalb man reagieren musste. «Die Finanzkommission erfährt das Ergebnis nicht gerne aus den Medien.»

Die Szene mag eine Nebensächlichkeit sein, sie verdeutlicht aber genau die Stimmung im Baselbiet. Es ist nicht erst seit heute klar, dass der Kanton finanzielle Probleme hat. Es ist schon länger bekannt, dass die Uhr auf fünf vor Zwölf steht. Die Aussage zeigt aber, dass die Finanzdirektion von Adrian Ballmer im Fokus steht, seit er das Entlastungspaket 12/15 durchgedrückt hat.

60 Millionen Franken mussten «erneut verbraten werden»

Das Ergebnis spielt den Befürwortern des Pakets vor der Abstimmung am 17. Juni in die Hände. Auch 2011 musste der Kanton auf Eigenkapital zurückgreifen, damit die Rechnung «defizitbremsenkonform ist». Nach 46 Millionen Franken für 2010 sind es nun 60 Millionen, die «verbraten werden», wie Ballmer es ausdrückte. Damit werde klar, dass das Entlastungspaket nötiger denn je sei. «Kein Weg führt daran vorbei», wiederholte der Regierungsrat während seinen Ausführungen immer wieder. 

Ballmer musste weder die Stimme erheben noch zu pathetischer Gestik ausholen, um seinen Wunsch nach dem Entlastungspaket zu unterstreichen. Er hat die Rechnung auf seiner Seite.

Fragen bleiben allerdings auch dazu: Die grössten Abweichungen gegenüber dem Budget 2011 liegen etwa bei den Rückstellungen. So wurden für die Deckung der Lücke in der Basellandschaftlichen Pensionskasse (BLPK) 48,5 Millionen bei Seite gelegt. Zudem wurden 30 Millionen für die Altlastensanierung zurückgestellt.

Dass dies die Rechnung verschlechtert, weiss Ballmer ganz genau. Auch dass es ihm als Taktik ausgelegt wird. Er griff deshalb bereits der Kritik vor. Es gehe bei den Rückstellungen für die BLPK nicht darum, dass man «den Abschluss aus taktischen Gründen optisch verschlechtert», sondern darum, keine «faulen Eier im Sortiment» zu haben. «Diese Rechnung hat nichts mit Politik zu tun.»

«Die Rechnungslegung ist immer politisch»

«Das ist Quatsch», sagte Ruedi Brassel, SP-Landrat und Mitglied der Finanzkommision, «Budget und Rechnungslegung sind immer eine politische Geschichte.» Könne man die Rückstellungen für die BLPK aufgrund der schlechten Börsenlage noch verstehen, seien die 30 Millionen für die Altlasten mehr als klar gewesen. «Wir haben schon beim Budgetieren gesagt, dass dies nötig sei», so Brassel. Wäre das aufgenommen worden, wäre der Budget-Druck kleiner gewesen und die Rechnung nun optisch weniger schlecht.

Die Rückstellungen seien so sicher wie das Amen in der Kirche und deshalb «eine Möglichkeit, die Rechnung zu korrigieren, wenn sie nicht schlecht genug ausfällt», sagt Brassel. Er will in der Finanzkommission Erklärungen für diese finanztechnischen Massnahmen hören. Was aber noch viel mehr Diskussionstoff aus seiner Sicht liefert, ist die Abgrenzungsproblematik der Steuererträge.

Der Steuerertrag 2011 ist 46 Millionen Franken höher als budgetiert. 42,7 Millionen stammen dabei aus den Abgrenzungen der periodischen Steuerträge. Es sind Einnahmen aus dem Jahr, welches abgeschlossen wird. «Das heisst, die Rechnung im vergangenen Jahr wäre deutlich besser ausgefallen, wenn die Abgrenzungen nicht gemacht worden wären», fand Brassel und wollte wissen, wie gross die Reserven bei den Abgrenzungen sind. «Wenn jedes Jahr so viel Geld ins nächste übertragen wird, wächst der Druck fürs laufende Jahr.»

Adrian Ballmer liess sich auch an der Medienkonferenz nicht von kritischen Fragen aus dem Konzept bringen. «Ich nehme es relativ locker, dass mir die Rückstellungen angekreidet werden.» Er betreibe aber ganz sicher kein «Window-Dressing». Er schöne die Bilanz nicht weder zum Positiven noch zum Negativen. Und obwohl die Rechnung für ihn nichts mit Politik zu tun hat, verpasste er es nicht, eine Wahlempfehlung mit auf den Weg zu geben. Der Regierungsrat sei entschlossen, das Gleichgewicht im Haushalt wieder herzustellen. «Ich hoffe, dass die Baselbieterinnen und Baselbieter bei der Abstimmung am 17. Juni 2012 die gleiche Entschlossenheit zum Ausdruck bringen.»

Nächster Artikel