Regisseurin Noëmi Kaiser macht anderes Theater

Die Nutzer der Kunstwerkstatt «artSoph» bringen ein eigenes Theaterstück auf die Bühne. Heute wird es ein erstes Mal aufgeführt.

(Bild: Stefan Bohrer)

Die Nutzer der Kunstwerkstatt «artSoph» bringen ein eigenes Theaterstück auf die Bühne.

Wenn die Grafikerin und Schauspielerin Noëmi Kaiser sagt: «Ich begegne ihnen auf Augenhöhe», meint sie es genau so, wie sie es sagt. Es ist keine Worthülse, die sie verwendet, um den Umgang mit den Menschen zu beschreiben, mit denen sie ein Theaterstück einstudiert hat.

«Zwischenräume» heisst das Stück, das am Wildwuchs-Festival im Mai erstmals überhaupt aufgeführt wurde und nun im Oktober in Münchenstein und Basel wieder auf die Bühne kommt. Wildwuchs – das ist jenes Festival mit Menschen, die anders sind. Und anders sind auch die Menschen im «artSoph» in Liestal, wo Noëmi Kaiser arbeitet.

Die Nutzer sind der Motor

«Ich will nicht wissen, weshalb ein Nutzer hier ist», sagt sie. Ob er wegen einer Suchterkrankung in die Kunstwerkstatt kommt, wegen psychischer Probleme – oder beidem. Es ist keine Therapie, die sie macht, ihr Fokus liegt auf der Kreativität der Menschen und nicht auf deren Defizit. Noëmi Kaiser kommt vom Theater her – und macht nun wieder Theater, Kunst und Kreatives in jeder erdenklichen Form.

Ausschlaggebend für das jeweilige Projekt sind die Nutzer selbst. Sie bringen die Ideen, sie sind der Motor. Ein Grossteil dieser Nutzer lebt im Sophie-Blocher-Haus, einer Einrichtung für Menschen, die durch die sozialen Netze gefallen sind. Andere kommen von anderen Institutionen in die Werkstatt. Ein junger Mann kann sprayen – also sprayt er. Ein anderer erfindet gern Dinge und hat Schmerzen am Arm. Nun haftet ein «Kissenträger» an seinem ­Rücken. Bald steht er damit auf der Bühne.

Frau auf einem Bein

Noëmi Kaiser will nicht ins andere Theaterleben ­zurück, in das Leben der «echten» Schauspieler, der grossen Bühnen. Die Freiheiten bei «artSoph» gibt sie nicht mehr her. Genauso wenig wie die Überraschungen: Die Idee für «Zwischenräume» entstand wegen ­eines Bildes in einem Heft. «Da stand eine Frau auf ­einem Bein – und wir wussten: Daraus wollen wir was machen.»

Also haben sie gesammelt, Bilder, Texte, Schnipsel. Sie hält Daumen und Zeigefinger in die Luft, der Zwischenraum ist 15 Zentimeter breit. «So dick war das Dossier.» Nun, über ein Jahr später, sind es Episoden, die einst als Idee in der Mappe lagen. Episoden, die zusammengehören – oder auch nicht. Wie im richtigen Leben, nur anders.

  • «Zwischenräume» wird am 3. und 4. Oktober auf dem Walzwerkareal in Münchenstein gezeigt und am 14. Oktober im Ackermannshof in Basel.

Artikelgeschichte

Erschienen in der Wochenausgabe der TagesWoche vom 27.09.13

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