Rückenwind für erneuerbare Energien im Baselbiet

Geringerer Verbrauch, höhere Effizienz, Förderung von erneuerbarer Energie: Das neue Baselbieter Energiegesetzes bringt an sich nichts Neues – auf den ersten Blick. Doch das über hundertseitige Dokument, das der Regierungsrat in die Vernehmlassung gibt, hat es in sich.

Sauberer Strom zählt mehr als Landschaftschutz: Künftig sollen Windkraftwerke im Baselbiet einfacher bewilligt werden können. (Bild: JEAN-CHRISTOPHE BOTT)

Mit der Brechstange in Form einer Energiesteuer will der Regierungsrat die Zukunft des Kantons Baselland gestalten. Im Zentrum des neuen Energiegesetz steht die Energieeffizienz – und eine Zwecksteuer auf Ölheizungen und Grauen Strom.

Dass ein Kanton sein Energiegesetz von Grund auf erneuert, ist an sich schon eine Erfolgsmeldung. Seit Fukushima scheuen sich die Gesetzgeber, Hand an dieses heisse Eisen zu legen. Baselland tut es – und geht dabei recht konsequent vor. Oberstes Ziel ist es, die Vorgabe des Bundes zu erreichen, die eine Senkung des Energieaufwandes um 35 Prozent bis ins Jahr 2050 sowie einen Anteil an erneuerbaren Energien von 40 Prozent bis 2030 vorsieht.

Dies zu erreichen, ist für die Baselbierter Regierungsrätin Sabine Pegoraro die eigentliche Herkulesaufgabe der Energiewende, wie sie bei der Präsentation des Gesetzesentwurf am Mittwoch sagte. Alberto Isenburg, Leiter des Amtes für Umweltschutz und Energie AUE, ergänzt: «Das wollen wir nicht nur erreichen; das müssen wir erreichen.»

Jeder Neubau soll energieautark werden

Schaffen will dies die Bau- und Umweltschutzdirektion BUD vor allem mit Massnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz. «Wir konzentrieren uns vor allem auf den Gebäudebereich», erklärt Felix Jehle, Leiter Ressort Energie beim AUE. So solle jedes Haus, das ab 2020 gebaut wird, energieautark sein, ausserdem will das neue Gesetz den Gemeinden punkto Energieplanung mehr Freiheiten zugestehen. Will heissen: Gemeinden könnten Hauseigentümer dannzumal verpflichten, ihre Gebäude bei Neu- oder Umbauten an ein Fernwärmenetz anzuschliessen.

Ausserdem sollen Elektroheizungen endgültig aus dem Verkehr gezogen werden. Ebenfalls vorgesehen ist die Einführung des Grossverbrauchermodells, das bereits in 18 Kantonen Anwendung findet. Es sieht Zielvereinbarungen zwischen Kanton und Unternehmen vor. Eine neue Wärmedämmung kann so zu einer Abgabebefreiung führen. Künftig sollen nicht zuletzt darum auch KMU von den Fördermitteln profitieren können.

Künftig soll die Erzeugung erneuerbarer Energien Vorrang vor denkmal-, landschafts- und naturschützerischen Anliegen haben.

Weniger Regulierung sieht das neue Gesetz bei der Übernahme privat produzierten Stroms durch die Energieversorger vor. Hier will man sich ganz auf die Vorgaben des Bundes berufen und künftig auf eine kantonale Regelung, wie sie heute existiert, verzichten. Weitreichende Folgen könnte ausserdem Artikel 22 haben. Dieser besagt, dass die Interessen an der Erzeugung erneuerbarer Energien Vorrang vor denkmal-, landschafts- und naturschützerischen Anliegen haben. «Dies wird wesentliche Auswirkungen auf die Planung von Wind- und Kleinwasserkraftwerken haben», ist Felix Jehle überzeugt: «Artikel 22 wird unser tägliches Brot.»

Fünf Millionen Franken betragen die Fördermittel in die Energiewende heute, gespeist aus Kantons- und Bundesgeldern. «Das reicht gerade so», sagt Jehle. Die BUD will diesen Betrag auf 15 Millionen Franken verdreifachen. Das nötige Kleingeld dafür will sie sich von den Einwohnern holen. Neue Steuern also, gestützt auf eine Ergänzung in der Kantonsverfassung, Artikel 131, Absatz 1, Buchstabe j: Abgabe auf nichterneuerbare Energie.

Das letzte Wort hat das Volk

Die Zwecksteuer wird auf Öl, Gas und auch Strom erhoben, ausgenommen sind Bezüger ausschliesslich erneuerbarer Energiequellen. «Das ist ein beispielhaftes Modell für die Schweiz. Baselland übernimmt hier eine Pionierrolle», freut sich Sabine Pegoraro. Die vorgesehenen Sätze betragen beispielsweise 0,45 Rappen auf Heizöl pro Kilowattstunde. Das macht pro Jahr rund 24 Franken für eine ältere Dreizimmerwohnung und rund 115 Franken für ein Einfamilienhaus mit Baujahr 1960. Das letzte Wort haben allerdings die Baselbieter: Die Einführung der Steuer bedingt eine Verfassungsänderung und also eine Volksabstimmung.

Sabine Pegoraro ist überzeugt, dass das neue Energiegesetz einen wesentlichen Schritt in Richtung Energiewende darstelle. «Und es ist ein grosser Beitrag zur Reduzierung von CO2-Emmissionen und der Einsparung nicht erneuerbarer Ressourcen.»

Der Entwurf geht nun in die Vernehmlassung. Diese dauert bis am 31. Oktober. Nach der Überarbeitung will der Regierungsrat den Entwurf noch in diesem Jahr an den Landrat überweisen. Die BUD plant die Inkraftsetzung des neuen Energiegesetzes per Januar 2016, die Abstimmung über die Steuer auf nicht erneuerbare Energieträger findet frühestens im Juni 2015 statt.

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