Rückschlag für die französische Rechte

Der rechtspopulistische Front National geht bei den französischen Regionalwahlen leer aus. Die regierende Linke hielt der Offensive von Oppositionschef Sarkozy besser als erwartet stand.

Der Front National geht leer aus. Marine Le Pen erklärt die Niederlage ihrer Partei an den französischen Regionalwahlen.

(Bild: THIBAULT CAMUS)

Der rechtspopulistische Front National geht bei den französischen Regionalwahlen leer aus. Die regierende Linke hielt der Offensive von Oppositionschef Sarkozy besser als erwartet stand.

Frankreichs Wähler zeigten sich flexibel. Im ersten Durchgang der Regionalwahlen vor einer Woche hatten sie den Front National (FN) zur stärksten Partei gemacht; knapp dahinter folgten die konservativen Republikaner von Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. Bei der Stichwahl von Sonntag drehten sie den Spiess um: Dank einer beträchtlichen Mobilisierung – die Stimmbeteiligung stieg um fast zehn Punkte auf 58 Prozent – obsiegten die Gegenkandidaten der Frontisten in allen 13 Regionen. Je sechs gehen an die Rechte und Linke, während in Korsika die Autonomisten die Mehrheit des Regionalrates erringen.

In Nordfrankreich verlor Marine Le Pen mit 42 Prozent gegen den Konservativen Xavier Bertrand, der vom Rückzug der Sozialisten nach dem ersten Wahlgang profitierte. In der Region der Côte d’Azur, Provence und den Südalpen verlor Marion Maréchal-Le Pen mit 45 Prozent; in Ostfrankreich – inklusive Elsass – blieb der FN-Vize Florian Philippot mit 36 Prozent klar hinter dem Konservativen Philippe Richert (48 Prozent), obwohl der Sozialist Jean-Pierre Masseret (15 Prozent) in dieser Region gegen die Weisung der Parteidirektion ebenfalls zur Wahl angetreten war.

Keine «blaue Welle» für Sarkozys Republikaner

Anders als im ersten Wahlgang kam die bürgerliche Rechte auch nicht klar vor die Linke zu liegen. Es gelang Sarkozys Republikanern nicht, mit ihren Parteifarben eine «blaue Welle» zu inszenieren. Das Sarkozy-Lager gewann zwar wichtige Regionen wie den Grossraum Paris sowie Auvergne-Rhône-Alpes mit der Metropole Lyon, musste aber zulassen, dass die Sozialisten in mehreren Regionen des Westens, darunter der Bretagne und Aquitanien, ihre Positionen behaupten konnten. Sarkozy wirkte in seinem Fernsehauftritt abgekämpft und bleich; nachdem er offen um die Stimmen der FN-Wähler für die Stichwahl gebuhlt hatte, erklärte er dem staunenden Fernsehpulikum, er gehe «keine Konzessionen mit den Extremen» ein.

Noch verblüffender äusserte sich Marine Le Pen, erklärte sie doch, ihre Wähler hätten sich über die skandalösen Wahlappelle der Gegner hinweggesetzt. Im Gegenteil legten die bürgerlichen und linken Parteien nach eindringlichen Aufrufen aus ihren Kreisen stimmenmässig zu; die FN-Kandidaten hatten ihr Stimmenpotenzial hingegen offensichtlich schon nach dem ersten Wahlgang ausgeschöpft.

«Die Gefahr des Front National ist nicht beseitigt.»

Manuel Valls, sozialistischer Premierminister 

Der sozialistische Premierminister Manuel Valls, der sich zu den Siegern dieser Stichwahl zählen durfte, erklärte, er verspüre «keinerlei Erleichterung oder Triumphgefühl», denn die Gefahr des FN sei «nicht beseitigt». Genau ein Monat nach den Terroranschlägen verlangten die Bürger mehr Sicherheit und keine politischen Wagnisse, fügte er an. Noch am Wahlwochenende hatte Valls am Radio davor gewarnt, «für eine antisemitische, rassistische Partei» zu stimmen, die das Land zu spalten und in einen «Bürgerkrieg» zu stürzen drohe.

Mit dieser bewusster Dramatisierung des Wahlgangs verteidigte sich der Vorsteher der Linksregierung auch gegen Vorwürfe, die Sozialisten hätten den Vormarsch der Frontisten bewusst gefördert, um die konservativen Republikaner zu schwächen. Nachträglich erweist sich der Rückzug von sozialistischen Kandidaten in zwei umstrittenen Regionen als ein geschickter Schachzug.

Hollande gewinnt wieder an Popularität

Den Sozialisten, die ortsweise mit den Grünen und Kommunisten antraten, kam zweifellos auch die wiedergefundene Popularität ihres Präsidenten zugute. François Hollande hatte schon nach den Terroranschlägen von Paris mehr als 20 Sympathiepunkte zugelegt; am Samstag konnte er sich zudem als strahlender Gastgeber der Klimakonferenz von Paris präsentieren.

Die Präsidentschaftswahlen von Mitte 2017 – für die die Regionalwahlen ein letzter Stimmungstest waren – scheinen damit offener denn je. Nur Marine Le Pen hat ihre Grenzen aufgezeigt bekommen. Sarkozy wird sich einer wachsenden internen Opposition stellen müssen. Hollande scheint auf der Linken plötzlich wieder unbestritten, sofern ihm Valls in den Meinungsumfragen nicht zu gefährlich wird.

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