Säitsii-ing in Basel – hop-on, hop-off mit dem neuem Touristenbus

Neuer Touribus, neues Vergnügen: als Baslerin mitfahren. Auf der zweistündigen Fahrt dreht man eine schöne Runde und erfährt, wo früher Elefanten gewogen wurden.

Basel rundherum: ein Läckerli gibt es für alle Gäste offeriert.

(Bild: Jara Petersen)

Seit bald zwei Monaten hat auch Basel einen Touristenbus. Einen, wie es ihn in anderen Städten längst gibt: Rundfahrt mit «Hop-on» und «Hop-off» an 14 Haltestellen und mit grossen Panoramafenstern. Ein iPad vor jedem Sitz zeigt die Route und Zusatzinfos und über ein Audiofile erfährt der Gast, warum wichtig ist, was draussen vorbeizieht. Manchmal würde man von selbst ja nicht darauf kommen. 

«Erleben Sie Basel kompakt – steigen Sie ein! Die oft unterschätzte Stadt Basel ist voller interessanter Sehenswürdigkeiten», liest man auf der Website des privaten Betreibers.

Hört sich doch gut an. Aber was kriegt der Tourist bei der «BaselCityTour» zu sehen? Und wer gönnt sich eigentlich so ein Fährtchen? Am Tinguelybrunnen steige ich ein («hop-on») und mache die zweistündige Tour mit. Unterwegs habe ich die besten Sätze aufgeschnappt.

«Tipp 1: Wählen Sie die Sprache»

Wie es sich für einen guten Touristenbus gehört: Man muss nichts machen. Auch nicht denken. Im Sitzen kriegt man die Essenz einer Stadt eingeflösst. Und gleich zu Beginn leuchtet vorne im Bus auf einem Bildschirm ein Tipp zur Spracheinstellung für das iPad auf: «Wählen Sie die Sprache.» Okay, dieses Bisschen muss man selber machen. Aber dann: zurücklehnen, schauen, zuhören.

Bei der Citytour empfängt das iPad die Infos zu den einzelnen Stationen per GPS. Technisch nicht ganz unproblematisch: Unten bei der Heuwaage erfährt man zum ersten Mal, warum die so heisst. Später, wir fahren über das Viadukt, empfängt das iPad noch einmal dieselbe Information: Die Heuwaage heisst so, weil hier mal Heu gewogen wurde. Und nun wissen wir das für immer.

«Wir fahren jetzt auf das Dreiländereck zu. Ihre Möglichkeiten im Dreiländereck: ein Spaziergang zur Skulptur.»

Das muss man dem neuen Touribus lassen: Er gibt sich alle Mühe, dem Besucher auch Orte jenseits der ausgetretenen Innenstadtpfade zu zeigen. Deshalb sind wir jetzt in Kleinhüningen gelandet. «Ein romantisches Fischerdorf» sei es einmal gewesen. Lauschige Ecken gibt es ja immer noch in Kleinhünigen.

Der Bus kreuzt aber nur den Wiesenplatz. Und das Stücki-Zentrum, kurz landen wir deshalb auf der Autobahn. Das ist mir ein wenig unangenehm. Ich will nicht, dass die auswärtigen Gäste unsere hässliche Autobahn sehen! Kurz vor dem Dreiländereck kommt dank Audiofile epische Stimmung auf: «hier, ein Symbolort!» Keiner steigt aus.

«Das Besondere dieser Brücke: Sie ist doppelstöckig»

Eine Rundfahrt durch eine Stadt, die man längst kennt, ist speziell: Ich fühle mich ein bisschen hinterhältig. Wie jemand, der nur drauf wartet, grinsen zu dürfen. Wie ein fieser Besserwisser, der gähnend testet, was sich andere mühsam ausgedacht haben. 

«Achten Sie bitte auf den Farbverlauf der Fassade», sagt die Männerstimme im Ohr. Die bunte Fassade des Kinderspitals zieht vorbei. Das ist mal praxisbezogene Wissensvermittlung. Jetzt wissen gleich alle, wo die Notaufnahme wäre.

«Es kommen und gehen Zigeunerwagen»

Hoffentlich hat das keiner gehört, du politisch unkorrektes Audiofile, du! Die Beschreibung des Durchgangsplatzes für Fahrende ist unschön. Wir sind beim Hafenareal. Ein alternativer Freiraum sei hier ausserdem am Entstehen, wird erzählt. Sie geben sich wirklich Mühe, facettenreich zu sein, denke ich. Aber dann dreht der Bus auf dem Kehrplatz bei der gelben Industriehalle, von wo aus die Landestelle nur für Ortskundige erkennbar ist. Die Gäste sehen den alternativen Freiraum gar nicht. Vielleicht hätten sie dort was trinken gehen wollen! In mir wallen ungekannte Gefühle touristischer Fürsorge auf.

«Weil am Rhein: traditionell beliebter Einkaufs- und Gastro-Ort»

Vielleicht holen wir uns alle mal ein billiges Eis drüben, will ich schon vorschlagen, als der Exkurs zum Einkaufstourismus kommt. Die indische Familie funkt dazwischen. Sie fragt, ob hier die Shoppingmeile sei.

«Häsch s Foti übercho?»

Die beiden Zürcherinnen finden es famos im Bus. «Richtig famos». Sie plaudern mit dem Fahrer. Sie verfallen in laute, schmachtende Seufzer, als wir an der alten Stadtmauer im Dalbetal vorbeifahren. Die Ladys überlegen sich sogar, offzuhoppen, um, wie das Audiofile vorschlägt, mit der Fähri über den Rhein zu schippern. Dann ruft Ueli an. «Ueli!! Häsch s Foti übercho? Mir mached Säitsii-ing! In Basel!», quietschen sie in ihr Handy. Sie wirken hell begeistert, ununterbrochen. Famos.

«We don’t need to go to the museum, right?»

Station Tinguely-Museum. Hier seien tolle Skulpturen ausgestellt, erzählt das Audiofile. Das ältere amerikanische Paar ist gereizt, seit es ongehoppt ist. Es ist heiss im Bus und es gibt KEINE Klimaanlage. Old Europe muss ihnen zutiefst mittelalterlich vorkommen. «We don’t need to go to the museum, right?», fragt die Frau erschöpft. «Nou nou», beschwichtigt der Fahrer. Er macht kurz Halt für die Zwei: Die iPad-Sprache wird korrekt eingestellt.

«Ein UFO, das Menschen ansaugt und wieder ausspuckt»

Unser Bus ist jetzt im Weltall. Das Messegelände katapultiert das Audiofile in neue Sphären: beinahe poetisch, die spacige Beschreibung für ein Gebäude. Architektur wird oft erwähnt auf der Tour. Besonders oft die «international tätigen» Herzog & de Meuron. Dass Basel eine Kunststadt ist, natürlich auch. Und die Chemie. Das sind, über die ganze Strecke, die Hauptingredienzien.

Zum Schluss erklingt «Z Basel an mym Rhy». Bis zur dritten Strophe. Dann würgt ein GPS-Audiosignal dazwischen: Wir sind wieder beim Tinguelybrunnen angelangt.


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Mit der Juli-Serie «Besuch in Basel» macht die TagesWoche die Stadt als Magnet für Gäste aus der Schweiz und aus aller Welt zum Thema. Der Schweizer Tourismus steckt in der Krise, in Basel nimmt hingegen die Zahl der Übernachtungen von Jahr zu Jahr zu. Wir nehmen in loser Folge den einen oder andern Augenschein, was Basel den Besuchern bietet – mal ernst, mal mit einem Augenzwinkern.

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