Das Urteil, das die Baselbieter Energiepolitiker über die neue Energiestrategie der Regierung fällen, ist vernichtend. Schon zuvor war die federführende Baudirektorin Sabine Pegoraro (FDP) kritisiert worden – wegen ihres Einsatzes für die umstrittene Gaskraft und ihrer Nähe zur Wirtschaft.
Es sollte ein grosser Wurf werden, die neue Energiestrategie. Mit diesem Papier wollte die Baselbieter Regierung aufzeigen, welchen Beitrag ihr Kanton zur Energiewende leisten kann. Mit dem Ergebnis sind die Energiepolitiker nun allerdings wenig zufrieden. Im Bericht der Umweltschutz- und Energiekommission wird eine ganze Reihe von Punkten kritisiert. Hier die wichtigsten:
- Obwohl sich das Parlament mehrfach gegen Gaskraftwerke ausgesprochen hat, setzt die Regierung – aus Angst vor einer Stromlücke – weiterhin auf diese schmutzige Technologie.
- Das Potenzial insbesondere der Sonnenenergie wird falsch eingeschätzt, weil sich die Baudirektion auf veraltete Daten und Erkenntnisse abstützt.
- Die erneuerbaren Energien werden zu wenig stark gefördert. Entsprechend zögerlich läuft der Aufbau der Windkraftanlagen an.
- Die Tiefengeothermie ging in der Strategie ganz vergessen.
- Die Steigerung der Energieeffizienz ist nur auf die Sanierung von Gebäuden ausgerichtet. Weitere Massnahmen zur effizienteren Nutzung von Energie wurden gar nicht erst in Betracht gezogen.
- Die Mobilität wurde ebenfalls nicht beachtet – trotz des grossen Sparpotenzials in diesem Bereich.
Unter diesen Voraussetzungen zweifelt die Kommission daran, dass das Baselbiet sein Ziel erreichen wird: Bis 2030 müssten im Kanton laut Energiegesetz 40 Prozent des Bedarfs durch erneuerbare Energien gedeckt werden (heute sind es unter 30 Prozent).
Muttenz wehrt sich
Vor den Landräten aus der Energiekommission haben auch schon andere die Ende 2012 präsentierte Energiestrategie kritisiert – vor allem, weil Baudirektorin Sabine Pegoraro (FDP) die stark umstrittene Gaskraft puscht. In der «Basler Zeitung» behauptete sie sogar, der Bau eines Gaskraftwerks könne auch gegen den Willen der Standortgemeinde durchgesetzt werden.
Eine rechtlich mehr als fragwürdige Aussage, die vor allem in der Gemeinde Muttenz für Aufregung sorgte, weil das Gebiet Schweizerhalle als idealer Standort für ein Gaskraftwerk gilt. Sogar das Grundstück stünde dort schon bereit: Die Firma CABB sähe auf ihrem Areal gerne eine Gaskraftanlage, die zumindest für sie wohl auch finanziell interessant wäre.
Die Muttenzer wollen dagegen nichts wissen von einer dieser CO2-Schleudern in ihrer Gemeinde. Vor wenigen Tagen hat die Gemeindeversammlung darum eine Änderung des Zonenplans angenommen, die den Bau von Kraftwerken mit fossilen Brennstoffen verhindern soll.
Landrat gibt Tarif durch
Und entsprechend unzufrieden sind die Muttenzer auch mit der Baudirektion, welche die Energiestrategie mit «Persönlichkeiten aus der Energiebranche, Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung erarbeitet hat», wie es im Kommissionsbericht heisst. Bei den Verhandlungen am Runden Tisch durfte auch die Chefetage der Firma CABB dabei sein. Für die Argumente der Muttenzer interessierte sich in Liestal dagegen niemand.
Die Kritik der Parlamentarier wird sich Baudirektorin Sabine Pegoraro aber anhören müssen. In der übernächsten Woche wird der Landrat Strategiepapier und Kommissionsbereicht behandeln. Änderungen kann er zwar noch keine durchsetzen – aber immerhin schon mal den Tarif durchgeben im Hinblick auf die anstehende Totalrevision des kantonalen Energiegesetzes.