Der zweite Wahlgang am 22. Juni rückt näher – ein kleiner Rück- und Ausblick der beiden Regierungsratskandidaten Lukas Engelberger (CVP) und Martina Bernasconi (GLP) auf den Wahlkampf.
«Von gewissen Frauen bin ich enttäuscht»
Selbstzweifel beschleichen Martina Bernasconi nur selten. Als die Grünliberale vor rund vier Monaten ihre Regierungsratskandidatur bekanntgab, zeigte sie sich äusserst zuversichtlich. Doch was im ersten Wahlgang am 18. Mai geschah, damit hatte die 49-Jährige nicht wirklich gerechnet – erst recht angesichts des bescheidenen Wahlbudgets von 20’000 Franken: Die stets gut gelaunte Bernasconi holte 35 Prozent der Stimmen und somit «nur» sechs Prozent weniger als Favorit Lukas Engelberger von der CVP.
Die Philosophin und Lehrerin glaubt deshalb nun erst recht daran, dass ihr im zweiten Wahlgang am 22. Juni die Sensation gelingen kann. «Meine Wahl in die Regierung wäre eine Überraschung – aber sie ist durchaus möglich. Meine Chancen sind besser als auch schon», sagt sie. Bernasconi rechnete von Anfang an mit dem Frauenbonus, betonte sie doch immer wieder, dass sie vor allem aufgrund ihres Geschlechts in die Regierung gehöre.
Anders sahen das die Chefinnen der linken Parteien: SP, Grüne und BastA! verweigerten ihr die offizielle Unterstützung. Bernasconi nahm dies als Beleidigung wahr: «Von gewissen Frauenexponentinnen bin ich enttäuscht. Nicht, weil sie mich nicht unterstützen wollten, sondern darüber, wie sie es kundgetan haben. Ich wurde teilweise persönlich angegriffen.» So bezeichnete Heidi Mück, Co-Präsidentin der BastA!, sie als «neoliberal» und ihre Kandidatur als «billigen Schachzug». Und die SP-Präsidentin Brigitte Hollinger betitelte Bernasconi als «strammbügerlich».
Weniger linke Stimmen im zweiten Wahlgang
Dennoch wurde die Grossrätin und ehemalige Politikerin der Frauenliste am 18. Mai gerade von SP-Wählern unterstützt. Dass Ständerätin Anita Fetz (SP) zuvor in der Zeitung «Schweiz am Sonntag» die Basler Bürgerlichen in eine Boygroup und eine «hübsche Young-Boygroup» mit Lukas Engelberger unterteilte und die GLP-Kandidatin zur Wahl empfahl, verlieh ihr zusätzlichen Schub. Im zweiten Wahlgang wird Bernasconi jedoch mit weniger linken Stimmen auskommen müssen, denn Themen wie die Mindestlohn-Initiative und die Gripen-Kampfjets, die vor ein paar Wochen viele linke Wähler an die Urne bewegten, fehlen dieses Mal.
Bernasconi zeigt keine Ermüdungserscheinungen vom Wahlkampf, im Gegenteil. Sie habe immer noch Freude daran und ihre Wahlkampagne führe bei ihr zu einem Adrenalinschub, sagt sie. «Ich bin belastbarer, als ich dachte. Es freut mich, dass ich als Aussenseiterin so ernst genommen werde von den Leuten.» Unterschätzt hat sie die Publizität. Sie könne kaum mehr irgendwohin gehen, ohne erkannt zu werden. Aber auch das findet sie nur positiv. Bernasconi mag es, wenn die Scheinwerfer auf sie gerichtet sind.
«Man darf sich nicht zu wichtig nehmen»
Für Lukas Engelberger wäre es ein Desaster, wenn er am 22. Juni den Sprung in die Regierung nicht schaffen würde. Ein Sitz in der Regierung steht schon lange auf seinem Karriereplan, und wegen der Beschränkung auf vier Amtsperioden darf er in zwei Jahren nicht nochmals für den Grossen Rat kandidieren. Seine ganze politische Karriere wäre dahin. Eine Nichtwahl wäre auch finanziell unschön für den 39-jährigen CVPler: Rund 150’000 Franken investiert er in den Wahlkampf – 100’000 für den ersten Wahlgang, 50’000 für den zweiten.
«Ich wäre natürlich enttäuscht, wenn ich nicht gewählt würde», sagt Engelberger. Der Rechtskonsulent bei der Roche ist jedoch zuversichtlich, in zwei Wochen Nachfolger von Carlo Conti (CVP) zu werden. Prominente Unterstützung erhält er unter anderem von den SP-Männern Tobit Schäfer und Ruedi Rechsteiner.
Engelberger zeigt sich im Wahlkampf von der netten Seite. Es fällt ihm schwer, seine GLP-Konkurrentin Martina Bernasconi anzugreifen. Dafür ist er sich zu schade und zu sehr Gentleman. Von Anfang an wurde dem Vater dreier Kinder vorgeworfen, bei einer Wahl in die Regierung nur die Interessen der Pharma vertreten zu wollen. Engelberger bezeichnet diesen Vorwurf als «billig», und er hat es auch langsam satt, sich rechtfertigen zu müssen. «Ich arbeite für ein Pharmaunternehmen, bin aber schon länger Mitglied des Grossen Rates. Ich bin also kein Mann der Pharma – und lasse mich auch nicht darauf reduzieren.»
Privatsphäre ist ihm heilig
Den Wahlkampf bezeichnet er als «wichtige Erfahrung». «Es macht Spass. Es ist aber auch ein bisschen eine Bewährungsprobe und etwas repetitiv – mit der Zeit beantwortet man immer dieselben Fragen, aber das gehört dazu.» Grosse Überraschungen seien ausgeblieben. Unterschätzt habe er allerdings, dass man unter den Kandidaten Privates nicht privat lasse. Damit meint er, dass Martina Bernasconi ihn zum Beispiel als konservativ bezeichnete, weil er mit seiner Familie in einem Einfamilienhaus im unteren Teil des Bruderholzquartiers wohnt. «Das Privat- und Familienleben gehört aus meiner Sicht nicht in den Wahlkampf, das hat nichts mit dem Thema zu tun.» Engelberger legt viel Wert auf Privatsphäre, sie ist ihm heilig. Sobald es zu persönlich wird, fühlt er sich unwohl.
Distanz ist ihm wichtig. «Es tat gut, im Wahlkampf mit der Familie auch ein Mal ein paar Tage wegzufahren und abzuschalten. Man darf sich nicht zu wichtig nehmen, nur weil man vorübergehend mehr Medienpräsenz hat.» Wegfahren wird er auch nach dem zweiten Wahlgang für zwei Wochen. Bevor es dann Anfang August höchstwahrscheinlich mit dem Regieren losgeht.