Es darf gebüsst werden.
Das Stelleninserat würde etwa so lauten: «Können Sie gut die Hand heben? Machen Ihnen neongelbe Westen keinen Kummer? Sind Sie gewandt im Umgang mit dem Notizblock? Und dem bösen Blick? Dann auf zur Verkehrspolizei!»
Ja, es ist ein ewiges Gejammer und Genöle: die Polizisten und der richtige – Beamte würden sagen «bedarfsgerechte» – Einsatz ihrer Arbeitskraft. Aber Kollegen, jetzt reichts. Basel befindet sich mitten in einer diffusen und von mehreren Seiten geführten Debatte über die Sicherheit. Aufwendige Studien klären uns über das Sicherheitsempfinden der Senioren auf, Sicherheitsinitiativen verlangen mehr Polizisten, Fangruppen weniger Repression.
In diesem Umfeld ist es, wie sollen wir sagen, etwas schwierig, drei der hochgeschätzten Sicherheitskräfte an einem sonnigen Mittwochnachmittag an einem der friedlichsten Orte in Basel (dem Rümelinsplatz) dafür einzusetzen, böse Velofahrer zu büssen. Ortsunkundigen sei kurz geholfen: Zwischen dem Rümelinsplatz, der Grünpfahlgasse und dem Gerbergässlein gibt es einen Abschnitt von etwa 20 Metern, auf dem das Velofahren nicht gestattet ist. Wir wollen jetzt gar nicht anheben zur grossen Klage über den allmorgendlichen Lieferantenverkehr (mit Autos!); daran haben wir uns gewöhnt. Woran wir uns aber nie gewöhnen werden, ist die Praxis der Polizei, ihre Mitarbeiter in der Nähe unserer Redaktion zu platzieren, um jeden Velofahrer anzuhalten – nicht nur, um ihn zu büssen, sondern auch, um an die Moral des anständigen Staatsbürgers zu appellieren.
Wir sitzen dann jeweils in der Redaktion (wir Schlauen kommen mit dem Tram), schauen den armen Velofahrern mit ihren persönlichen Polizisten zu und denken: Gibt es wirklich nichts Besseres zu tun?
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 11.05.12