Showdown in der Primera Division

In einer Finalissima entscheidet sich die spanische Meisterschaft. Heute Samstag (18 Uhr) empfängt der FC Barcelonan das führende Atlético Madrid. Mit einem Sieg könnte Barça aufgrund des besseren direkten Vergleichs eine verkorkste Saison noch retten.

«Keine Bange, nächste Saison verdienst Du wieder mehr als ich». Ob Neymar Messi besänftigt und ob beide doch noch den Meistertitel holen?

In einer Finalissima entscheidet sich die spanische Meisterschaft. Am Samstag (18 Uhr) empfängt der FC Barcelonan das führende Atlético Madrid. Mit einem Sieg könnte Barça aufgrund des besseren direkten Vergleichs eine verkorkste Saison noch retten.

Am Donnerstag war Feiertag beim FC Barcelona. In einem bewegenden Akt wurde Carles Puyol verabschiedet, der langjährige Spielführer, der nach unzähligen Verletzungen zum Saisonende seine Karriere beendet. Viele Besucher im Festsaal des Camp Nou trugen zur Hommage seine Captainbinde wie auch zahlreiche Freunde, Mitspieler und Ex-Trainer, die in einem Video ihre Referenz erwiesen. Sogar Johan Cruyff war da, der Clubguru. Erstmals seit 2010 nahm er an einem offiziellen Akt des Vereins teil, mit dessen aktueller Führung er hoffnungslos über Kreuz liegt.

Puyol trug T-Shirt, trank Wasser und vermied Tränen. Der Verteidiger gab sich so unpathetisch, wie er immer gespielt hatte. Man möge sich seiner erinnern als einem, «der immer alles für Barça gegeben hat»; das würde ihm gefallen, sagte der 36-Jährige, und dann richtete er, bis zum Schluss ganz Captain, den Blick schon wieder auf die Mannschaft und das heute anstehende Ligafinale gegen Atlético Madrid: «Es würde mich wahnsinnig freuen, die Meisterschaft für unseren Trainer zu gewinnen.»

Der bemerkenswerte Satz des Trainers Martino

Gerardo Martino wird heute zum letzten Mal auf der Bank des FC Barcelona sitzen. Eigentlich hatte der kurz vor Saisonbeginn eilig für den krebskranken Tito Vilanova eingesprungene Argentinier noch Vertrag für ein weiteres Jahr, aber den wird er nicht erfüllen. «Womöglich verdiene ich keine zweite Chance», sagte er selbst, «manchmal hat man das Gefühl, nicht das nötige Format gehabt zu haben».

Seine menschlichen Qualitäten werden allseits gerühmt, doch so sensibel und manchmal fast devot er auch die Identität des Clubs zu pflegen versuchte – was seine fachliche Arbeit betrifft, galt «El Tata», der «Grossvater», letztlich als zu antiquiert. Das allgemeine Urteil: Barça war eine Nummer zu gross für ihn.

Barça steht eine Generalüberholung bevor

Eigentlich sollte daher längst nur noch über Nachfolger Luis Enrique gesprochen werden und die anstehende Revolution im Kader. Nicht nur Puyol sowie Torwart Víctor Valdés (wohl zum AS Monaco) werden den Verein ja verlassen, es steht eine Generalüberholung an, die weitere Stammkräfte wie Dani Alves, Javier Mascherano oder Alexis Sánchez aus dem Verein befördern könnte.

Gerade im Endspurt der Meisterschaft lieferte die Mannschaft fast unablässig Argumente dafür, sie in dieser Konstellation für ein Auslaufmodell zu halten. Umso kurioser wirkt es, dass sie jetzt mit einem Sieg doch noch den Titel gewinnen kann.

Möglich ist es, weil Atlético und das mittlerweile chancenlose Real Madrid alle Patzer von Barça mit eigenen erwiderten. Weshalb sich die Katalanen zwar verbal – «Das war’s, auf Wiedersehen Liga», sagte Xavi vor zwei Wochen nach einem Remis gegen Getafe – und auch innerlich aus dem Rennen nahmen. Vorige Woche gab es mehr Abschiedsfeste als Trainingseinheiten.

Schminke für ein annus horribilis

Mathematisch wollte die Titelchance jedoch einfach nicht verschwinden. Im Idealfall läuft es nun wie bei der dänischen Nationalelf 1992, die sich schon im Urlaub wähnte, wegen des jugoslawischen Bürgerkriegs aber spontan im EM-Feld einsprang und den Titel gewann.

Der käme für Barcelona auch deshalb nicht ganz ungelegen, weil er wenigstens ein bisschen Schminke legen würde auf ein wahres annus horribilis. Noch mal zur Erinnerung: Anklage wegen Unregelmässigkeiten beim Neymar-Transfer, Rücktritt von Präsident Rosell, schwere Verletzungen von Torwart und halber Verteidigung, Transferverbot durch die Fifa wegen Regelverstössen bei der Verpflichtung Minderjähriger, Tod von Vilanova und: die Menschheitswerdung des Lionel Messi.

Aus immer noch nicht klaren Motiven – Steueraffäre? Blessuren? WM-Schongang? Fussball-Müdigkeit? Eifersucht auf den neuen Grossverdiener Neymar? – hat der viermalige Weltfussballer einen für seine Verhältnisse bescheidenen und vor allem oft lustlosen Beitrag zur Saison geliefert.

Messis mässige Saison wird vergoldet

Dafür wurde in monatelangen Verhandlungen eine unterschriftsreife Vertragsmodifikation ausgehandelt, die sein Nettogehalt auf 20 Millionen Euro pro Saison schrauben soll – mehr als Neymar, mehr als Cristiano Ronaldo, mehr als irgendwer. Wenigstens der Club scheint also sicher bei der Problemdiagnose: es handelte sich bloss um verletzte Eitelkeit.

Wie weit unter Standard er spielte, mag verdeutlichen, dass Messi in fünf Spielen gegen seinen einstigen Lieblingsgegner Atlético kein einziges Tor erzielen konnte. So wie Barça keines dieser fünf Spiele gewann.

Aber der Fussball gibt immer wieder neue Chancen, auch unerwartete. Womöglich verzieht sich heute die dunkle Wolke über dem Camp Nou, womöglich geht eine grosse Elf doch noch durch die Vordertür. Carles Puyol würde dann zum Abschied noch einmal den Meisterpokal in Empfang nehmen.

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