Im Rahmen der Umstrukturierung, die mit dem Reformprojekt Harmos einhergeht, stösst das Klybeckquartier an seine räumlichen Grenzen. Jetzt wehren sich Quartierbewohner dagegen, dass ein provisorischer Doppelkindergarten auf der einzigen Grünfläche im Quartier gebaut wird.
Dass mit dem Schulharmonisierungsprojekt Harmos auch die Verteilung der Räumlichkeiten neu strukturiert werden muss, war von Anfang an klar, denn die neu entstandene Schulstufe Sek 1 wurde auf alle Standorte verteilt. Im Rahmen dieser Umstrukturierung stösst das Klybeckquartier noch mehr als andere Quartiere an seine Grenzen. Vor allem auf der Kindergartenstufe entsteht ein Platzbedarf, der mit den bestehenden Räumlichkeiten nicht gedeckt werden kann. Deshalb soll eine Notlösung Abhilfe schaffen: Das Erziehungsdepartement will ausgerechnet auf der Ackermatte, der einzigen Grünfläche im Quartier, einen provisorischen Pavillon mit einem Doppelkindergarten errichten. Der Bau würde einen grossen Teil der Rasenfläche beanspruchen.
Das Vorhaben, das am 25. März bekanntgegeben wurde, steht unter Zeitdruck. Bereits im kommenden Schuljahr sollen die Räumlichkeiten bezugsbereit sein und bis 2019 als Übergangslösung dienen. Im Baubegehren des Erziehungsdepartements schwingt Verzweiflung mit: «Wir sind uns bewusst, dass es für die Erstellung eines Baus an diesem Ort eine Ausnahmebewilligung braucht. Aus diesem Grund erläutern wir Ihnen gerne die Dringlichkeit unseres Anliegens», heisst es im Schreiben, das von Stephan Hug, dem Leiter Bau und Anlagen, unterzeichnet wurde. Darin wird zudem betont, dass es die «klare Haltung» des Erziehungsdepartements sei, die Ackermatte so schnell wie möglich wieder von den temporären Bauten zu «befreien».
Heidi Mück erhebt Einsprache
Das Erziehungsdepartement scheint im Rahmen der Schulharmonisierung einmal mehr am Limit zu sein. Doch wenn es um die wenigen vorhandenen Freiräume geht, kennen die Quartiersbewohner kein Erbarmen. Im Quartier regte sich deshalb schnell Widerstand gegen das Baubegehren. Heidi Mück – BastA-Grossrätin, Präsidentin des Quartiertreffpunkts Kleinhüningen und Quartierbewohnerin –, reichte am vergangenen Montag fristgerecht eine Einsprache mit über 150 Unterschriften ein.
«Das Sammeln der Unterschriften war ein absoluter Selbstläufer», sagt Mück im Gespräch. «Die Formulare füllten sich praktisch von alleine.» Sie habe das Formular beim Robi-Spielwagen abgegeben, auch die Leiterin des Quartiertreffpunkts habe das Formular umhergemailt, zudem unterschrieben einige Lehrer des Kleinhüninger Schulhauses. «Dass so viele unterschiedliche Leute innert kürzester Zeit unterschrieben haben, zeigte mir, wie wichtig es tatsächlich ist, dass die Ackermatte erhalten bleibt», sagt Mück.
Die Politikerin äusserte ihren Unmut über die Baupläne auch in der Quartierszeitung Mozaik: «Ackermätteli: Kaum verschönert, schon wieder zugebaut?», lautete der Titel. Tatsächlich wurde die Grünfläche vor kurzem umgestaltet, erst vor einem Jahr wurde der neue Spielplatz auf dem Ackermätteli feierlich eingeweiht. Die Gestaltung des Spielplatzes war das Ergebnis eines Mitwirkungsprozesses, bei dem sich die Quartiersbevölkerung stark engagiert habe, schreibt Mück. Das Ackermätteli werde von einer bunten Mischung aus Jung und Alt genutzt. Während die Parkbänke und Basketballkörbe vor allem von Jugendlichen in Beschlag genommen würden, seien auf der Wiese Familienpicknicks ebenso häufig wie Fussballspiele. Zwar würden der Spielplatz und Teile des Rasens auch nach dem Bau des Doppelkindergartens erhalten bleiben. Allerdings sei die Weitläufigkeit der Rasenfläche «ein wichtiges Qualitätsmerkmal».
In Kleinhüningen gibt es wenig Freiräume
Mück hält fest, dass Kleinhüningen im Bezug auf Freiräume im Vergleich zu anderen Quartieren stark benachteiligt sei. Solche würden aber dringend benötigt, da es das Quartier mit der jüngsten Bevölkerung in Basel ist. Auch beherbergt es am meisten Menschen mit tiefem Einkommen und tiefem Ausbildungsniveau, sowie am meisten Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger: «Diese Menschen sind insbesondere auf Freizeiträume ohne Konsumzwang angewiesen!»
Auch Mück muss sich eingestehen, dass der Schulraum vor allem auf der Kindergartenstufe knapp ist, und dass dringend eine Lösung gefunden werden muss. Das Erziehungsdepartement sieht den Pavillon auf dem Ackermätteli als einzigen Ausweg aus diesem Dilemma, ansonsten müssten «die Kinder täglich mit Bussen ins Gundeldingerquartier gefahren werden», eine Situation, die sowohl für Eltern als auch die Kinder selbst «höchst unerfreulich» wäre.
Mück hat jedoch einen anderen Lösungsansatz – und kann ihre Einsprache so mit einem Anliegen verbinden, das ihr sehr am Herzen liegt. Sie schlägt vor, die Passerelle über die Geleise der Hafenbahn zum Klybeckquai, wo sich auch der Wagenplatz befindet, rasch zu realisieren: «Dann kann der Doppelkindergarten stattdessen auf der Brache oder auf anderen Gebieten des Klybeckquais gebaut werden.»