Sieben Antworten vor dem 17. WM-Spieltag

Wegen eines Fussballers würde doch niemand seine Familie verkaufen – oder? Wo sind all die schönen farbigen Karten hin? Und wieso weiss ein Wettpate eine Stunde vor Spielbeginn, dass es einen Platzverweis geben wird? Fragen über Fragen – wir haben (fast) alle Antworten.

Private Viewing: Working Poor Daniel Souto (l.) schaut den Achtelfinal seiner Brasilianer gegen Chile. (Bild: Reuters/Ueslei Marcelino)

Wegen eines Fussballers würde doch niemand seine Familie verkaufen – oder? Wo sind all die schönen farbigen Karten hin? Und wieso weiss ein Wettpate eine Stunde vor Spielbeginn, dass es einen Platzverweis geben wird? Fragen über Fragen – wir haben (fast) alle Antworten.

Wie beliebt ist Mexikos Nationalheld Guillermo Ochoa eigentlich bei den Fans seines Ex-Clubs Ajaccio?

Extrem beliebt. Zumindest bei einem eher durchgeknallt erscheinenden Fan-Exemplar. Ochoa ist derzeit ja arbeitslos, weil sein Club Ajaccio aus der Ligue 1 abgestiegen ist und schlicht kein Geld hat, um einen WM-Helden weiterhin zu verköstigen (ganz abgesehen davon, dass der vielleicht auch gerne etwas weiter oben spielen würde).

Nun hat ein Anhänger von Ajaccio nicht nur sein Haus, sondern gleich seine ganze Familie zum Verkauf angeboten. Für zehn Millionen Euro sind zu haben: Ein 5-Zimmer-Haus mit 99 Quadratmeter, Ehefrau Muriel (39), die Töchter Ariel (14) und Ange (9) sowie die Mutter Gertrude, «immer noch sehr aktiv trotz ihrer 75 Jahre».

Mit den zehn Millionen Euro soll sodann Ochoa die nächsten drei Jahre bezahlt werden.

Guter Plan, nächster Plan, würden wir sagen. Und nein, das ist nicht erfunden, die Anzeige gibt es tatsächlich.

Wo sind eigentlich all die schönen, farbigen Karten hin, die die Schiedsrichter an den Spielen sonst verteilen? Wurden die abgeschafft?

Unseres Wissens nach nicht. Aber es ist in der Tat auffällig, wie selten die Schiedsrichter eine Verwarnung oder gar einen Platzverweis aussprechen. Fast scheint es so, als ob die Fifa eine besondere Nachsicht angeordnet hätte.

In einer derart hart geführten Partie wie Uruguay gegen England wäre in einem durchschnittlichen Champions-League-Spiel wohl mindestens ein Südamerikaner irgendwann mit einer Gelb-Roten Karte vom Platz gewandert. An dieser WM aber gab es in diesem ununterbrochen grenzwertigen Spiel mit vielen taktischen Fouls bloss zwei Gelbe Karten – eine für jede Seite.

Und der subjektive Eindruck wird durch die Statistik untermauert. Bis zu den Achtelfinals waren pro Begegnung im Schnitt bloss 2,58 Gelbe Karten gezeigt worden. Das ist ein Wert, der letztmals an der WM 1982 (!) unterboten worden war, als es pro Spiel 1,9 Verwarnungen gab. Seit 1990 pendelte der Wert an den Weltmeisterschaften zwischen 4,8 (2006) und 3,1 (1990).

Dieses Laisser-Faire der Schiedsrichter scheint bislang jenen lateinamerikanischen Mannschaften entgegen zu kommen, die mit unbändigem Einsatz in die Zweikämpfe gehen.

Was haben die brasilianischen Fans eigentlich gesungen, bevor sie vor lauter Fingernägelkauen nicht mehr dazu gekommen sind?

Nun, es scheint in Brasilien ein ähnliches Problem zu bestehen wie in der Schweiz: Die Nationalmannschaft hat keine eigenen Lieder. Oder warum hätten dann vor dem Achtelfinal gegen Chile diese Zettel verteilt werden müssen?

Die verteilten Liedtexte sind umgewandelte Fangesänge von Clubteams. Was zu einer anderen Theorie führt: Der Bierhersteller «Brahma» wollte Werbung und gute Tat vereinen. Indem er die Texte der lokalen Clubs auf die Nationalmannschaft umdichten liess, versuchte er zu verhindern, dass sich verfeindete Fans unterschiedlicher Vereine auf den Rängen in die Haare kommen.

Etwas ähnliches gilt bei den Anhängern der holländischen Nationalmannschaft seit Jahren: Wer mit einem Club-Shirt kommt – oder einen Club-Song anstimmt –, verliert sein Anrecht auf das Ticket. Nur so können Ausschreitungen innerhalb der Anhängerschaft verhindert werden.

Und so sollten die Brasilianer gemäss der Biermarke klingen:

Was denkt eigentlich Diego Armando Maradona?

Viel, wenn der liebe Tag lang ist. Und vor allem erzählt er auch gleich der ganzen Welt, was er denkt. Zum Beispiel, was er von Pelé und Franz Beckenbauer hält, die die Bestrafung des Beisserchens Luis Suarez für richtig halten.

«Diese beiden kommen aus dem Museum, um zu sprechen, und sagen dumme Dinge, weil sie zwei Idioten sind», sagte Maradona in seiner Sendung «De Zurda» im venezolanischen TV-Sender «Telesur».

Für die ewige Nummer 10 gilt diese Aussage natürlich nicht. Maradona würde nie dumme Dinge sagen – und ins Museum stecken lässt er sich auch nicht.

Diego Armando Maradona vor einer Statue seiner Selbst im Museum der Boca Juniors.

Diego Armando Maradona vor einer Statue seiner Selbst im Museum der Boca Juniors.

Gibt es irgendwo ein fieses Gerücht, das sich zum Skandal auswachsen könnte?

Vielleicht. Dem «Spiegel» gegenüber kündigte ein Wettpate eine Stunde vor der WM-Partie zwischen Kamerun und Kroatien eine 0:4-Niederlage der Afrikaner und einen Platzverweis in der ersten Halbzeit an. Kamerun verlor mit 0:4, Alex Song wurde in der 40. Minute nach einer sagenhaft dummen Tätlichkeit des Feldes verwiesen.

Die Fifa selbst gibt an, keinerlei Hinweise auf eine Spielmanipulation zu haben. Allerdings gab es bereits bei den WM-Vorbereitungsspielen der afrikanischen Teilnehmer Hinweise auf Wettbetrug. Dieses «Missgeschick» des nigerianischen Goalies Austin Ejide im Testspiel gegen Schottland zum Beispiel «passierte» nach einer Betrugswarnung.

Welche Informationen aus der Fifa-Pressemappe werde ich heute garantiert vom TV-Kommentator meines Vertrauens vorgelesen erhalten?

  • Mexiko hat sich seit 1994 immer für die Achtelfinals der WM qualifziert. Allerdings hat es bloss 1970 und 1986, damals jeweils als Gastgeber, die Viertelfinals erreicht.
  • Die Holländer stellten mit zehn erzielten Toren die erfolgreichste Offensive der Gruppenphase dieser WM. Allerdings schossen sie auch gleich die Hälfte ihrer Treffer in einem Spiel – gegen Spanien.
  • Mexiko hatte mit bloss einem Gegentor zusammen mit Costa Rica und Belgien die beste Defensive der Gruppenphase.
  • Wesley Sneijder könnte heute zu seinem 15. WM-Einsatz kommen und damit alleiniger holländischer Rekordhalter werden.
  • Costa Rica und Griechenland sind noch nie auf irgend einer Ebene gegeneinander angetreten.
  • Griechenland hat zum ersten Mal überhaupt die K.o-Runde einer WM erreicht, Costa Rica hat die Gruppenphase zum zweiten Mal nach 1990 überstanden.
  • Griechenland ist jene Mannschaft, die mit den wenigsten erzielten Toren weiter gekommen ist. Zwei Tore (davon ein Elfmeter) gegen die Elfenbeinküste reichten für die Achtelfinals.

Jetzt aber Butter bei die Fische: Wie gehen die Spiele heute Abend aus?

Das ist einfach: Gemäss unserem Razinger-Index kommt es zwischen Holland und Mexiko zum Elfmeterschiessen. Und Costa Rica setzt sich gegen Griechenland durch.

 

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