Sizilien bei Sonnenschein, das kann ja jeder

Das Städtchen Taormina an der Ostküste Siziliens ist im Frühling ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen mit Meerblick. Wenn es denn nicht die ganze Zeit regnet.

Trübe Aussichten: Der einzige Kriminelle, dem wir auf Sizilien begegnen, ist der Wettergott. (Bild: Tino Bruni)

Das Städtchen Taormina an der Ostküste Siziliens ist im Frühling ein idealer Ausgangspunkt für Wanderungen mit Meerblick. Wenn es denn nicht die ganze Zeit regnet.

Nein, normal sei dieses Wetter gewiss nicht, behaupten die Sizilianer Tag für Tag. Zehn Tage Winter, höchstens!, das sei normal. Jetzt im März sollte es den Einheimischen zufolge eigentlich bereits sommerlich warm sein. Ist es aber nicht.

Nachdem wir uns damit abgefunden haben, dass uns der sizilianische Wettergott offenbar lieber als «spezielle» Gäste behandeln will, bestaunen wir statt des Ätna eben die dicke Wolkendecke, die ihn die ganze Woche umhüllt. Und die 60 Euro pro Person, die uns eine Führung bis zum Krater gekostet hätte, investieren wir kurzerhand in kulinarische Entdeckungen. Auf die ist in Sizilien schliesslich immer Verlass.

Über das Wetterpech hinweg trösten uns zudem Metzger Paolo und Tochter Stefania, die Gastgeber unserer einfachen, aber gemütlichen Bleibe am Fusse des Ätna, der Casa Vacanza «La Papuzza». Die beiden versorgen uns reichlich mit selbst gemachten Salsiccie, Involtini und Vini sowie Gemüse aus dem eigenen Garten. Beim netten Plaudern verstehen wir uns bestens, auch wenn wir deren Sprache eher etwas hilflos imitieren als wirklich sprechen. Und als das Dach der «Papuzza» dem womöglich stärksten Hagelsturm auf Sizilien seit hundert Jahren nicht ganz standhält, wissen wir wenigstens, wer di tutto cuore mitfühlt.

Kein Mitgefühl gibt es dafür von unserem Autovermieter. Obwohl wir uns in seinem Fiat wegen höchst dubios quietschender Geräusche in den Kurven nicht immer ganz wohl fühlen, und das Reifenprofil, wie sich beim zweiten Blick herausstellt, buchstäblich nur noch um Haaresbreite den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht, will dieser Vermieter partout nicht auf die Idee kommen, er könnte uns vielleicht doch ein anderes Fahrzeug anbieten. Viel lieber greift er auf den Lieblingssatz seines Berufsstandes zurück: «In Italy, it is no problem.»

Das letzte Mal gehört haben wir denselben Satz in den Cinque Terre, nämlich als ich wissen wollte, ob mein Fahrzeugausweis denn auch für jenes Motorrad gültig sei, das mir der dortige Vermieter anzudrehen beabsichtigte. Und wir lernten wenig später: Ein «no problem» gilt in Italien grundsätzlich – auch wenn man am Ende im Strassengraben landet.



Die Profilrille, so tief wie mein Fingernagel lang – und den habe ich vor dem Urlaub noch geschnitten.

Die Profilrille, so tief wie mein Fingernagel lang – und den habe ich vor dem Urlaub noch geschnitten. (Bild: Tino Bruni)

Mit solcherlei Dingen im Hinterkopf fahren wir am sonnigsten Tag der Woche also schön vorsichtig nach Taormina. Das geschichtsträchtige Städtchen wurde etwa 200 Meter über Meer auf den Terrassen des Monte Tauro erbaut, und da wir eigentlich zum Wandern nach Sizilien gekommen sind, wollen wir denn auch zu Fuss da hoch. Wir stellen den verbeulten Fiat an der Küste ab, direkt gegenüber der kleinen Insel Isola Bella. Die soll während der Saison wahre Menschenströme an den Strand unter uns locken. Wir aber sehen bloss die Wellen des Meeres, als wir unseren Fussweg antreten.

Die Landschaft um uns darf getrost als malerisch bezeichnet werden, der Weg als abenteuerlich. Mit Flipflops käme man hier nicht weit. Zu viel Gestrüpp und zu brüchig die Treppenstufen, die man wohl vor einer Ewigkeit bei schwierigeren Stellen gebaut hatte. Mit passendem Schuhwerk ist der Aufstieg in etwas mehr als einer halben Stunde zu bewältigen. Und etwas Bewegung tut uns nach so vielen sizilianischen Leckereien ohnehin ganz gut.



Mit dem Meer zur Seite spaziert es sich prächtig, auch wenn es bergauf geht.

Mit dem Meer zur Seite spaziert es sich prächtig, auch wenn es bergauf geht. (Bild: Tino Bruni)

Zufrieden erreichen wir den alten Stadtkern. Taormina gilt als absolute Touristenhochburg. Welch ein Genuss, dass wir deren Gassen und Restaurants fast ausschliesslich mit jenen teilen dürfen, die tatsächlich da wohnen. So kann man ganz gemütlich durch das Städtchen schlendern und seine zum Teil uralten Häuser besichtigen.

Nach einer prima Pizza in einer kleinen Trattoria, die wir neben zwei genüsslich Pasta schmatzenden Geschäftsmännern verspeisen, wollen wir dann doch ganz auf den Gipfel des Monte Tauro. Dort liegt das fast noch hübschere Dorf Castelmola, von wo aus man bis zur Fussspitze des italienischen Stiefels sehen kann. Und auf der anderen Seite, wäre diese blöde dicke Wolke nicht noch immer da, den Ätna.



Hübsch gelegen: Taormina am Monte Tauro.

Hübsch gelegen: Taormina am Monte Tauro. (Bild: Tino Bruni)

Im Dorf selbst ist es noch ruhiger als in Taormina. Und da sich hier auch nicht Boutique an Boutique reiht, darf man sich, wenn man so vor seinem Espresso auf dem Dorfplatz sitzt, fast ein wenig wie in jenem Film fühlen, der den Souvenirverkäufer bis heute gute Geschäfte verspricht. Oder man gönnt sich einfach so mitten am Nachmittag den Grappa zum Espresso. «No problem», würde ich mal meinen.

  • Abfahren: Wer das Abenteuer sucht, findet es bei Italy Car Rent. Alle anderen sind mit einem renommierten Mietwagenanbieter besser beraten.
  • Ausschlafen: In der Casa Vacanza «La Papuzza» hat man auf 600 Metern über Meer einen tollen Ausblick und ein gemütliches Zuhause. Es ist alles da, was man braucht, inklusive Grill, Pizza-Steinofen und sizilianische Spezialitäten aus der Metzgerei und dem Garten des Gastgebers.
  • Anschauen: Spielt das Wetter mit, wäre der Ätna sicher die Attraktion. Im Frühling kann dort, wer will, sogar Ski fahren. Tagesausflüge ans Meer und in Städte wie Taormina, Catania oder Siracusa lohnen sich aber ebenso.

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