Basel wäre auch nach der Annahme der Bodeninitiative kein Vorreiter einer aktiven Bodenpolitik. Andere Schweizer Gemeinden gehen deutlich radikaler vor. Drei Beispiele zeigen, was alles möglich wäre.
Stadt Zürich
Zürich wird gerne als Vergleich zu Basel herbeigezogen: häufiger, wenn es um den Befund der Wohnungsknappheit geht, seltener, wenn Massnahmen dagegen diskutiert werden. Dabei würde sich der Blick auf Zürich lohnen.
Die Stadt gebe ihre Liegenschaften mit Ausnahme sogenannter Briefmarkengrundstücke nur im Baurecht oder im Tausch gegen ein anderes Grundstück ab, erklärt Patrick Pons, Sprecher des Finanzdepartements auf Anfrage. Es besteht also kein faktisches Verkaufsverbot, wie es die Basler Initiative fordert. Verkäufe, wie jener der Basler Markthalle an Allreal und später Credit Suisse wären in Zürich trotzdem nicht möglich. Dafür kann die Stadt beispielsweise einzelne Einfamilienhäuser ohne Weiteres abstossen, was in Basel nach der Annahme der Bodeninitiative nur mit Kompensationskäufen gestattet wäre.
Parlament hat Mitsprache
Anders als Basel, wo die Regierung über ihre Liegenschaften im Finanzvermögen frei verfügen und diese selbstständig veräussern kann, kennt die Stadt Zürich eine Hürde von 1 Million Franken. Bei Immobilien, die teurer sind, muss zwingend das Parlament einem Verkauf zustimmen. Diese Beschlüsse unterliegen dem Referendum, womit ein demokratischer Kontrollmechanismus besteht, den Basel so nicht kennt.
Die Basler Bodeninitiative will kantonales Land nur noch im Baurecht vergeben. Ein Grundstück wird damit für einige Jahrzehnte quasi verliehen, wofür ein Zins bezahlt werden muss. Bedingungen werden keine daran geknüpft. Das kann als Schwäche der Initiative ausgelegt werden. Denn so wird eine Chance verpasst, über das Baurecht aktiv Wohnpolitik zu betreiben.
Kein Land an private Investoren
Die Stadt Zürich dagegen nutzt das Baurecht, um die Mieten einigermassen unter Kontrolle zu halten. Die Stadt unterhält rund 100 Baurechtsverträge für gemeinnützigen Wohnungsbau. Liegenschaften werden grundsätzlich nicht an renditeorientierte Investoren vergeben. Ausnahmen sind Objekte, die etwa für Genossenschaften nicht geeignet sind.
Was in Basel-Stadt mit dem Kinderspital-Areal passiert ist, wo im Baurecht auf öffentlichem Boden Luxuswohnungen errichtet wurden, wäre in Zürich also nicht möglich.
Überhaupt kennt Zürich einen strengeren Katalog an Bedingungen für Baurechtsverträge als Basel. Einige wichtige Auflagen:
- 1 Prozent des gesamten Bestands einer Genossenschaft muss in der Form von Notwohnungen sozial Benachteiligten zugute kommen.
- 1 Prozent der Bruttogeschossfläche muss unentgeltlich Quartiernutzungen zur Verfügung gestellt werden.
- Belegungsvorschriften
- Wo möglich, ein Anteil von subventionierten Wohnungen
Nyon
Die Wirtschaftskraft Genfs bescherte in den letzten Jahren dem benachbarten Nyon ein rapides Wachstum, das sich noch verstärken soll. Die Gemeinde, die 2012 19’000 Einwohner hatte, soll bis in zehn Jahren um 30 Prozent wachsen. Die Leerstandsquote in der Kleinstadt liegt mit 0,2 Prozent auf Basler Niveau.
Seit 2005 verkauft die Gemeinde kein eigenes Land mehr, sondern kauft stattdessen mit finanzieller Hilfe des Kantons zusätzliche Grundstücke hinzu. Dafür vergibt sie Land zinsgünstig im Baurecht an Genossenschaften, aber auch an private Investoren. Die Bedingung lautet: Es sind mindestens 40 Prozent preisgünstige Wohnungen zu errichten. Preisgünstig heisst 40 Prozent unter Marktmiete.
Private Landeigentümer dürfen zudem ihr Grundstück deutlich stärker bebauen, als das gemäss Vorschriften möglich wäre. Allerdings nur dann, wenn sie im Gegenzug einen Anteil an preisgünstigem Wohnraum bereitstellen.
Rüschlikon
Zugegeben, Rüschlikon spielt mit seinen 5500 Einwohnern in einer anderen Liga als Basel-Stadt. Die Gemeinde hat aber mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Die Lage am Zürichsee, nur sechs Kilometer von der Zürcher Innenstadt entfernt, macht Rüschlikon als Wohnort begehrt.
Die stramm bürgerlich regierte Gemeinde reagierte früh und verhältnismässig radikal (manche würden es sozialistisch nennen). Seit 1970 kauft sie stetig Liegenschaften und übergibt diese mitsamt dem gemeindeeigenen Wohnungsbestand einer Stiftung. Die Wohnungen der Stiftung sind um 20 bis 30 Prozent günstiger als der übliche Marktpreis.
Darüber hinaus verpflichtet Rüschlikon Investoren, bei privaten Bauvorhaben ein gewisses Preisniveau nicht zu überschreiten.
Beispiel Zug, Beispiel Küsnacht
Solche Beispiele gibt es mehr als man glaubt in der Schweiz. Wie die Stadt Zug, die Spezialzonen für günstigen Wohnraum eingerichtet hat. Oder die Gemeinde Küsnacht (ZH), die ihre eigenen Wohnungen und solche auf ihrem Land nur unter Auflagen vermietet. Dazu zählen das Einkommen und die Grösse des Haushalts. Alle zwei Jahre wird überprüft, ob die Mieter noch die Bedingungen einhalten. So soll verhindert werden, dass Personen profitieren, die sich eine teurere Wohnung problemlos leisten könnten.
Beim Liegenschaftsverwalter Immobilien Basel-Stadt hingegen kennt man keine solchen Auflagen – was etwa den Nutzen von Genossenschaften infrage stellt.