Justizdirektor Baschi Dürr rühmt sich, in seinem Departement die Überzeit massiv verringert zu haben. Gelungen ist das aber nicht mit strukturellen Massnahmen, sondern durch den Einsatz von viel Geld.
Baschi Dürr lancierte den Basler Wahlkampf ungewohnt früh dieses Jahr. Schon Anfang März, als das bürgerliche Viererticket erst als Idee in den Köpfen der Parteistrategen existierte, führte er eine erste medienwirksame Veranstaltung durch. Dürr nutzte die vierteljährlich stattfindende Informationsveranstaltung des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD), um ausführlich auf seine eigenen Leistungen aufmerksam zu machen. Die anwesenden Journalisten hatten sich eigentlich Antworten erhofft zu einem scharfen Polizeieinsatz wenige Tage zuvor gegen eine friedliche Demonstration.
Dürr zeigte lieber eine drei Jahre alte Powerpoint-Präsentation, um die grössten Erfolge seiner 1000-tägigen Amtszeit als JSD-Vorsteher aufzulisten. Besonders hervorgehoben wurde die sogenannte Trendwende bei den Überstunden im Polizeikorps. Erstmals seit sechs Jahren haben diese abgenommen und dies, obwohl mehr Einsätze geleistet wurden. Dürr, Kommunikationsprofi von Beruf, schaffte es, seine Botschaft rüberzubringen: Sämtliche Medien am Platz betonten tags darauf diese «Trendwende».
Wie eine detaillierte JSD-interne Aufschlüsselung der durchschnittlichen Zeitguthaben zeigt, geht der Grossteil der Überstundenreduktion auf einen einzigen Posten zurück: In Zusammenhang mit dem Ministerratstreffen der OSZE im Dezember 2014 häufte jeder Kantonspolizist im Schnitt 24 Überstunden an. Ein einmaliges Ereignis, das die ohnehin bereits rekordhohen Zeitguthaben der Polizisten weiter aus dem Lot brachte.
Damit dieser Sondereffort die Zeitkonten im JSD nicht über längere Zeit belaste, legte die Gesamtregierung bereits im August 2014 fest (also mehrere Monate vor dem OSZE-Kongress), dass diese Überstunden von Dürr entgegen gängiger Praxis zu 100 Prozent ausbezahlt werden können. Kostendach: rund eine Million Franken.
Gemäss Arbeitszeitverordnung des Kantons kommt die finanzielle Abgeltung von Überstunden nur dann infrage, wenn es nicht gelingt, diese innert 24 Monaten durch Freizeit zu kompensieren. Für die oberen Kader ist eine Auszahlung der Überstunden gemäss Gesetz gar nie erlaubt. Beide Regeln hebelte der Regierungsrat mit seinem OSZE-Sonderbeschluss aus.
Ein Sonderkredit ist für Zweidrittel der abgebauten Stunden verantwortlich
Die durchschnittliche Überzeit im Korps der Kantonspolizei lag Ende 2015 bei 213 Stunden und damit 29 Stunden unter dem Vorjahreswert. Zwei Drittel dieser Reduktion sind auf die Auszahlung der OSZE-Überstunden zurückzuführen, die knapp eine halbe Million Franken gekostet haben. Diese «Trendwende», die sich Dürr im Wahlkampfjahr 2016 so gerne auf die Fahne schreibt, ist also das Ergebnis eines OSZE-Sonderkredites.
Dürr sucht im JSD den Absprung und will als Regierungspräsident repräsentativere Aufgaben übernehmen. Verständlich, dass er sich diesen Erfolg ans eigene Revers heften möchte. Mit der Analyse der TagesWoche konfrontiert, besteht Dürr darauf, die «Trendwende» erreicht zu haben.
«Die Kantonspolizei hat seit vier Jahren noch nie so wenig zu viel gearbeitet», sagt Baschi Dürr.
Auch wenn man den OSZE-Einsatz und die einmaligen Auszahlungen rausrechne, seien die durchschnittlichen Zeitguthaben bei der Kantonspolizei erstmals seit fünf Jahren nicht mehr gestiegen, sondern gesunken. «Die Kantonspolizei hat seit vier Jahren noch nie so wenig zu viel gearbeitet», sagt Dürr. «Ich bin nach wie vor stolz auf unsere Organisation, die auf allen Hierarchiestufen an dieser Trendwende mitgearbeitet hat.»
Neben den OSZE-Überstunden wurden auch weitere Überzeitsaldi finanziell beglichen, sogar Ferientage und Dienstaltersgeschenke liess Dürr auszahlen. Kostenpunkt: insgesamt 1,8 Millionen Franken. Daneben habe sich auch die Pensionierung langjähriger Angestellter günstig auf die durchschnittlichen Zeitguthaben ausgewirkt. Alle diese Massnahmen schlagen sich in der Buchhaltung nieder, doch um von einer tatsächlichen «Trendwende» sprechen zu können, wären tiefergreifende strukturelle Veränderungen nötig. Die Polizisten haben noch immer länger gearbeitet, als sie müssten.
Wie nachhaltig erfolgreich Baschi Dürr im Kampf gegen die Überstunden im JSD tatsächlich war, wird sich erst nächstes Jahr zeigen. Dann, wenn der Wahlkampf bereits über die Bühne ist.