Die steigende Zahl von Flüchtlingen stellt das Basler Schulsystem vor Herausforderungen. Dutzende Jugendliche und junge Erwachsene mussten in den letzten Monaten eingeschult werden. Das hat Folgen für das Baselbiet: Der Nachbarkanton muss eigene Strukturen aufbauen.
Die goldene Regel im Umgang mit jungen Flüchtlingen lautet: So früh wie möglich mit der Integration beginnen. Doch der erhöhte Zustrom an Schutzsuchenden stellt das Basler Bildungssystem vor Schwierigkeiten. Alle zwei Monate im Schnitt musste in Basel seit Beginn der Flüchtlingskrise eine neue Schulklasse gebildet werden, in denen vor Krieg und Elend geflohene Jugendliche untergebracht werden. Zwei Millionen Franken kosten die zusätzlichen Angebote pro Jahr ab 2017.
«Man darf keine Zeit verlieren, sondern muss sofort mit dem Sprach- und Integrationsunterricht beginnen», sagt Ulrich Maier, Leiter Mittelschulen und Berufsbildung im Erziehungsdepartement. Dies setze von den Behörden eine grosse Flexibilität voraus, weil man nicht wisse, wie viele Flüchtlinge zugeteilt würden – und vor allem nicht, wie viele davon minderjährig seien.
Gesellschaftliche Regeln auf dem Lehrplan
Bislang, so Maier, gelinge die Kraftanstrengung. Seit den letzten Sommerferien wurden vier neue Integrations- und Berufswahlklassen gebildet, dazu eine Auffanggruppe mit total 76 Schülern. Diese ermöglichen fremdsprachigen Zuzügern, auch nach Erfüllung der obligatorischen Schulpflicht in einem staatlichen Bildungsangebot unterzukommen. Während ein bis zwei Jahren lernen Jugendliche zwischen 16 und 20 Jahren, was es braucht, um den Weg in den Arbeitsmarkt zu finden.
Doch die neugebildeten Integrationsklassen müssen teilweise beim Elementaren beginnen: In einer im Januar aufgegleisten Spezialklasse geht es zunächst nur darum, wie sich die minderjährigen Flüchtlinge in Basel zurechtfinden können, welche gesellschaftlichen Regeln und Konventionen sie beachten sollten.
80 Prozent finden eine Lehrstelle
Denn es sind nicht die fehlenden Räumlichkeiten oder die Schwierigkeiten, ausgebildete neue Lehrkräfte zu finden, welche für die Bildungsbehörde die grösste Herausforderung darstellt, so Maier: «Es ist die grosse Heterogenität der jugendlichen Flüchtlinge.» Manche hätten einen höheren Abschluss vorzuweisen, andere könnten kaum Lesen und Schreiben.
Bislang zeichneten sich die Berufswahlklassen durch eine beachtlich hohe Erfolgsquote aus: 40 Prozent schaffen direkt den Weg in eine Berufslehre, weitere nach einem zusätzlichen Jahr. Nur jeder Fünfte schafft es auch dann nicht, den ersten Schritt auf dem Arbeitsmarkt zu unternehmen. «Die Zahl an Lehrstellen für vergleichsweise Unqualifizierte ist beschränkt», erklärt Maier, weshalb es letztlich nicht alle schaffen.
Baselland muss selber schauen
Probleme schafft die Verteilpraxis des Schweizer Asylsystems bei der Volksschule, weil Familien oft gezwungen sind, im Verlauf des Asylprozesses den Wohnort zu wechseln. So ist ein geregelter Schulbetrieb über längere Dauer oft nicht möglich, sagt Maier. Neun Kindergärtler, 14 Primarschüler und 26 Sekundarschüler mit Fluchthintergrund gehen derzeit in Basel zur Schule.
Bislang schaffe man es in Basel, alle jungen Ankömmlinge zügig in einem Bildungsangebot unterzubringen. Wartefristen gibt es noch keine. Folgen hat die angespannte Situation für den Nachbarkanton Baselland. Um genügend Kapazitäten in den Integrations- und Berufswahlklassen bewahren zu können, hat Basel-Stadt die Vereinbarung aufgekündet, wonach auch Baselland zugeteilte Flüchtlinge teilnehmen können. Der Kanton wurde gebeten, eigene Strukturen aufzubauen.