So waschen Berner Bürgerliche ihren Bundesrat Schneider-Ammann rein

Weder die eidgenössische Steuerverwaltung noch die kantonale Berner Finanzkommission wollen genau wissen, ob Bundesrat Schneider-Ammanns Steuertricks legal waren. Beide fielen auf ein Manöver der Berner Finanzdirektorin Beatrice Simon (BDP) herein.

Bundesrat Johann Schneider-Ammann freut sich ueber die Abstimmung waehrend der Debatte zum Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Dienstag, 10. Dezember 2013, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneid (Bild: PETER SCHNEIDER / Keystone)

Weder die eidgenössische Steuerverwaltung noch die kantonale Berner Finanzkommission wollen genau wissen, ob Bundesrat Schneider-Ammanns Steuertricks legal waren. Beide fielen auf ein Manöver der Berner Finanzdirektorin Beatrice Simon (BDP) herein.

«Simons Vorgehen ist mir ein Rätsel.» Das sagt der Präsident der kantonalbernischen Finanzkommission SVP-Grossrat Jürg Iseli jetzt in einem Interview mit dem «Bund». Wie Iseli derlei sagen kann, ist allerdings erst recht ein Rätsel: Beim «Vorgehen» der Berner Finanzdirektorin Beatrice Simon (BDP) handelt es sich nämlich ganz offensichtlich um ein plumpes Störmanöver gegen die Arbeit der kantonalen Kommission, der Iseli vorsteht.

Doch Iseli und die bürgerliche Mehrheit fielen auf Simons Manöver herein: Das Dossier zu den Steuertricks der Firma Ammann Langenthal während der Zeit vor 2010, als der jetzige FDP-Bundesrat Johann Schneider-Ammann deren Chef war, sei «abgeschlossen», sagt Iseli. Eine unabhängige Untersuchung des Falles gebe es nicht mehr.

Das ist ein praktischer Persilschein aus Bern für den freisinnigen Berner Bundesrat. Untersucht werden soll jetzt nur noch, ob sich die Berner Steuerbehörden korrekt verhalten haben. Dies indes auch nicht speziell bezogen auf den «Fall Ammann», sondern nur generell. Und auch da ist das Ziel ganz offenbar eine Reinwaschung: «Wir wollen die kantonale Steuerverwaltung schützen», gibt Iseli unumwunden zu.

Der plötzliche Meinungsumschwung

Dabei war er noch am 7. Februar klar der Meinung gewesen, die Machenschaften rund um die Steuertricks der Firma Ammann Langenthal mit ihren Steuerspar-Gesellschaften in Luxemburg und Jersey müssten von externer und unabhängiger Seite untersucht werden. Es zeichnete sich dafür auch eine Mehrheit aus SP- und SVP-Leuten in der Finanzkommission ab. Diese hatte eine Sondersitzung zum Thema für den 13. Februar vereinbart.

Doch dann kam plötzlich das Störmanöver von Finanzdirektorin Simon: Sie unterbreite Iselis Kommission einen «konkreten Vorgehensvorschlag», wonach «die Eidgenössische Steuerverwaltung (EStV) als Aufsichtsorgan» beigezogen werden solle, teilte sie schriftlich mit – ohne ihre Unterschrift jedoch.

Kein Büro, keine Angestellten – und dennoch kein Verdacht

Das war ein inkompetenter Querschuss. Aber er zeigte Wirkung im Ziel: «Bei der EStV hat man mir gesagt, wegen des Steuergeheimnisses könne die EStV keine Abklärungen vornehmen», berichtet Iseli nun kleinlaut. Er gibt auch zu: In dieser Sache sei eben «die politische Brisanz sehr gross». Und nun erklären die kantonalen Berner Politiker den Fall Ammann plötzlich keiner mehr. Vorab Finanzdirektoren Simon will keine Hinweise auf Rechtswidrigkeiten im Veranlagungsverfahren mehr sehen. Für sie ist «dieser konkrete Fall erledigt».

Für den Chef der Berner Steuerverwaltung Bruno Knüsel ebenfalls: Die Steuerbehörden müssten zwar sicherstellen, dass es sich bei Tochterfirmen im Ausland nicht um Briefkastenfirmen handle, räumt er ein. Und das Bundesgericht verlangt seit 2003 die Besteuerung der Unternehmensgewinne dort, wo die Hauptaktivitäten der Firma liegen.

Millionen-Vermögen geschäftlich und privat

Doch bei der Ammann Gruppe sei dies bis noch ins Jahr 2009 unproblematisch gewesen, behaupten die kantonal zuständigen Knüsel, Simon und nun auch Iseli fast im Chor. Dabei hat der «Tages-Anzeiger» längst herausgefunden, dass etwa die Ammann-Tochter «Manilux» in Luxemburg weder Büros noch Angestellte oder Aktivitäten aufwies – nur ein Telefon und einen Briefkasten eben.

Schneider-Ammanns «Manilux» steigerte ihr Vermögen dennoch innert weniger Jahren um fast 100 auf weit über 200 Millionen Franken. Der damalige FDP-Nationalrat selber, der zu diesem Zeitpunkt aus der Firma Ammann Langenthal ausstieg, versteuerte 2010, im Jahr seiner Wahl in den Bundesrat, ein Einkommen von weit über 1 Million Franken und ein Vermögen von über 70 Millionen. Für die kantonalen Berner Behörden ist das alles in Ordnung: «Dossier abgeschlossen», heisst es da. Schwamm drüber.

Nachspiel im Nationalrat

Nicht so im Nationalrat in Bundesbern. Dort wartet insbesondere die SP-Fraktion immer noch auf klare Antworten zu dem verworrenen Vorgang von FDP-Bundesrat Schneider-Ammann selber: «Ist das tagelange Schweigen von Herrn Schneider-Ammann damit zu erklären, dass er über die legale Steuervermeidung hinaus auch rechtlich heikle Steuergeschäfte zu verbergen hat», will die SP etwa wissen. Oder: «Wieviel Steuersubstrat hat die Ammann-Gruppe unter Leitung des Wirtschaftsministers mittels Briefkastenfirmen ins Ausland verschoben?»

Inzwischen ist auch ruchbar geworden, dass Schneider-Ammann seine Mandate in Verwaltungsräten seiner dubiosen Firmen in Luxemburg oder auf Jersey entgegen klarer Vorschriften teils nicht im Register der Interessenbindungen der Parlamentarier deklariert hatte. «Wir nehmen nur entgegen, was uns gemeldet wird – und publizieren es», erklärt das zuständige Generalsekretariat der Bundesversammlung dazu.

Eine Kontrolle oder gar Sanktionen nach Verheimlichungen gebe es nicht. Gefordert ist damit das «Büro» des Rates. Es könnte eine Verschärfung der Vorschriften und Sanktionen bei Verfehlungen im Parlamentsgesetz einleiten. So oder so verspricht die SP-Wirtschaftspolitikerin, Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer (BL): «Ob im Büro oder im Rat selber wird der Fall Ammann in der nächsten Session sicher noch zur Sprache kommen.»

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