Sozialarbeiter auf Abruf

Die Basler Sozialhilfe engagiert Angestellte eines privaten Sozialdienstleisters – weil die staatliche Rekrutierung zu lange dauert.

Bei Personalengpässen greift der Staat regelmässig auf Temporärfirmen zurück. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Die Basler Sozialhilfe engagiert Angestellte eines privaten Sozialdienstleisters – weil die staatliche Rekrutierung zu lange dauert.

Basel-Stadt ist einer der grössten Arbeitgeber der Region und damit ein Schwergewicht auf dem hiesigen Stellenmarkt. Dahinter steckt ein riesiger Apparat: Es gibt einen «Zentralen Personaldienst» und zehn «Dezentrale Personaldienste». Wer Fragen hat, wird nach unten weitergereicht, die Informationen sind nicht breit gestreut, sondern gut verteilt. Bis zum ­Beispiel die Frage nach Temporärangestellten beantwortet ist, braucht es unzählige Telefonanrufe und Mails.

Vor allem bei der Sozialhilfe Basel greift man auf die Dienste eines solchen personellen Dritt­anbieters zurück, und das gleich doppelt: Der private Sozialdienstleister ABS Betreuungsservice AG in Pratteln hilft der Sozialhilfe zweifach aus, wie deren stellvertretende Leiterin Jacqueline Lätsch bestätigt. Erstens würde die sogenannte Leistungsabklärung (LAK) durch die ABS übernommen. Unter LAK ist die Arbeit der Sozial­inspektoren (oder auch -detektive) zu verstehen. Diese überprüfen im Auftrag der Sozialhilfe, ob in einzelnen Fällen die Unterstützungsgelder missbräuchlich bezogen werden.

«Es wäre problematisch, wenn wir diese Abklärungen selbst durchführen würden», erklärt Lätsch die Zusammenarbeit mit der ABS. Zweitens setzt die Sozialhilfe maximal drei Angestellte der ABS ein. Diese Sozialarbeiter unterscheidet auf den ersten Blick wenig von den «eigenen» Angestellten. Sie haben ihren Arbeitsplatz an der Klybeckstrasse, am Sitz der Sozialhilfe. Sie erledigen die gleiche Arbeit und erfüllen die gleichen Aufgaben wie die staatlichen Sozialarbeiter. Der einzige und grösste Unterschied liegt beim Arbeitsvertrag. Im ersten Fall ist dies ein öffentlich-rechtlicher Arbeitsvertrag, mitsamt den entsprechenden Privilegien (etwa mehr Ferien), während die ABS-Sozialarbeiter einem in der Privatwirtschaft üblichen Arbeitsvertrag unterliegen.

Flexibilität nur dank Temporärfirma

1998 gegründet, bietet die ABS verschiedenste Dienstleistungen im Bereich des Sozialwesens an. So führt die Firma etwa die kantonale Asylunterkunft in Kaiseraugst. Gemäss dem SRF-Wirtschaftsmagazin «Eco» macht die ABS mit ihren sozialen Dienstleistungen einen jährlichen Umsatz von 20 Millionen Franken. Die ABS verzichtet auf die Beantwortung unserer Fragen, weshalb an dieser Stelle leider keine Stellungnahme des ­Sozialunternehmens abgedruckt werden kann.

Lätsch begründet den Einsatz von ABS-Mitarbeitern mit der notwendigen Flexibilität, die sich dadurch ergebe: «Wir können dadurch Ausfälle von Langzeitkranken überbrücken. Zudem müssen wir innert weniger Wochen reagieren können, wenn wir einen Anstieg der Fallzahlen feststellen.» Das eigene Rekrutierungsverfahren sei aufwendig, es könne durchaus sechs Monate dauern vom Feststellen des höheren Personal­bedarfes bis zum Arbeitsantritt, sagt Lätsch: «Ein Sozialarbeiter der ABS dagegen steht ein bis zwei Monate nach der Anfrage bereit.»

Im Budgetbericht 2013 rechnet die Sozialhilfe für dieses Jahr mit 100 zusätzlichen «Zahlfällen». Rund 30 solcher Fälle entsprechen einer Vollzeitstelle, dies ebenfalls gemäss dem erwähn­ten Budgetbericht. Zusammen mit dem Bereich Migration, wo mit einer noch stärkeren ­Zunahme der Fälle gerechnet wird, hat die So­zialhilfe rund zehn zusätzliche Vollzeitstellen budgetiert. Gesamthaft schlagen die Personalkosten der Basler Sozial­hilfe mit etwas über 25 Millionen Franken zu Buche und stellen damit einen kleinen Teil des Gesamtaufwandes von knapp 180 Millionen dar.

Dynamisches Budget

Seit einem Grossratsbeschluss aus dem Jahr 2008 hat die Sozialhilfe, anders als die anderen kantonalen Ämter, ein dynamisches Budget. Dieses erlaubt ihr, innerhalb der definierten Schranken, schnell auf starke Fallanstiege oder -abnahmen zu reagieren. Steigen die Fallzahlen in einem bestimmten Umfang an, dürfen zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden. Weil die Fallzahlen aber auch wieder sinken können, muss ein entsprechend rascher Abbau der zusätzlichen Stellen möglich sein. «Diese Flexibilität haben wir nur mit einer temporären oder befristeten Lösung», sagt Lätsch.

Auch die anderen Departemente greifen bisweilen auf Angestellte einer Temporärfirma ­zurück. So bietet beispielsweise das Bau- und Verkehrsdepartement im Bereich der Abfallsammlung bei Krankheitsausfällen Kehricht­lader mit kompletter Besatzung auf.

Beim Justiz- und Sicherheitsdepartement dagegen versuche man, solche Temporäreinsätze zu minimieren, sagt der dortige Personal­leiter Thomas Hu­wyler: «Bei Engpässen oder speziellen Aufträgen werden wenn immer möglich zusätzliche Mitarbeitende befristet oder im Stundenlohn angestellt.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 25.01.13

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