SP greift Pharma an – und eigene Spitzenvertreter

Zu hohe Gewinne für die Firmen, zu hohe Saläre für die Chefs – und das alles auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten: Es sind harte Vorwürfe, welche die SP Schweiz gegen die Pharma erhebt. Vorwürfe, die sich auch gegen prominente SP-ler aus der Region Basel richten, die sich für den Life-Sciences-Standort stark machen.

SP-Bundesrat Alain Berset - kritisiert von prominenten Parteikollegen aus der Region Basel, aber unterstützt von der SP Schweiz. (Bild: sda)

Zu hohe Gewinne für die Firmen, zu hohe Saläre für die Chefs – und das alles auf Kosten der Konsumentinnen und Konsumenten: Es sind harte Vorwürfe, welche die SP Schweiz gegen die Pharma erhebt. Vorwürfe, die sich auch gegen prominente SP-ler aus der Region Basel richten, die sich für den Life-Sciences-Standort stark machen.

An dieser Mitteilung der SP Schweiz wird eine ganze Reihe Parteimitglieder in der Region Basel gar keine Freude haben. Die Nordwestschweizer Pharmaindustrie spanne die Politik «auf geradezu unglaubliche Art und Weise für ihre Zwecke ein», heisst es gleich zu Beginn des Communiqués. Danach wird die Zürcher Nationalrätin und Parteivizepräsidentin Jacqueline Fehr ebenfalls mit wenig netten Worten zitiert: «Die Pharmariesen zittern um ihre Privilegien und versuchen die Politik einzuschüchtern. Ein solch dreistes Lobbying einer Branche, die grosse Gewinne macht und ihren Chefs exorbitante Saläre zahlt, sprengt den bisher bekannten Rahmen.»

Gemünzt ist dieser Vorwurf unter anderem auf den Branchenverband Interpharma – und auf einige der promintesten Vertreter der SP Basel-Stadt und Baselland. Auf den Basler Volkswirtschaftsdirektor Christoph Brutschin zum Beispiel, auf die Basler Finanzdirektorin Eva Herzog, auf die Basler Ständerätin Anita Fetz oder den Baselbieter Standesvertreter Claude Janiak. Sie alle haben den neuen Gesundheitsminister Alain Berset (ebenfalls SP) bereits öffentlich kritisiert, weil er die Schweizer Medikamentenpreise den Auslandspreisen anpassen und so das Gesundheitssystem in den nächsten drei Jahren um 720 Millionen Franken Ausgaben entlasten will.

Einziger Nachteil: Die Einnahmen der Pharma würden im gleichen Umfang sinken. Und das – so wird befürchtet – könnte die Pharma dazu bringen, Forschung und Produktion vermehrt ins Ausland zu verlegen. Aus diesem Grund haben sich neben bürgerlichen Politikern wie dem Basler SVP-Nationalrat Sebastian Frehner und Gesundheitsdirektor Carlo Conti auch die prominenten SP-ler aus der Region gegen Berset gewehrt. Und für die Pharma.

Erster Sieg für die Pharma

Ihre Vertreter stellen sich auf den Standpunkt, dass die Branche in der Schweiz schon heute massiv unter dem starken Franken leide und fordern, dass die Kosten für Forschung und Entwicklung bei der Preisfestlegung ebenso berücksichtigt werden wie der therapeutische Quervergleich. Dieser bewertet die Wirkung eines Medikaments im Vergleich zu anderen Präparaten. (Über den Widerstand der Pharma haben unter anderem die Basler Zeitung hier und die Sonntagszeitung ausführlich berichtet.)

In der ganzen Auseinandersetzung konnte sich die Pharma diese Woche über einen ersten kleinen Erfolg freuen. Die Gesundheitskommission des Nationalrats hat am Donnerstag einer Motion zugestimmt, die von Berset verlangt, eine einvernehmliche Lösung mit der Pharmabranche anzustreben. Nun hofft Interpharma, dass sich der neue Gesundheitsminister verhandlungs- und kompromissbereit zeigt, auch wenn National- und Ständerat die Motion noch nicht behandelt haben.

Ein Fehler, ist die SP Schweiz überzeugt. Auch mit den von Berset eingeleiteten Massnahmen würden die Währungsvorteile nur teilweise an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergegeben. Mit anderen Worten heisst das: Die Schweizer Versicherten subventionieren weiterhin die Pharma, die ein Grossteil der Medikamente im Ausland herstelle. Darum seien weitere Preissenkungen nötig. Ganz ähnlich sehen das der Preisüberwacher, die Stiftung für Konsumentenschutz und die Krankenversicherer – wegen des tiefen Euros drängen sie alle auf tiefere Medikamentenpreise.

Die Schweizer Arzneimittelpreise werden regelmässig mit jenen von sechs EU-Ländern verglichen und je nach Entwicklung entsprechend angepasst. Beim letzten Vergleich von 2009 war die Berechnungsgrundlage ein Eurokurs von 1.58 Franken. Im vergangenen Jahr lag der Kurs im Schnitt aber nur noch bei 1.23 Franken. Bei der Festlegung der Preise will sich der Bundesrat nun neu nach einem Kurs von 1.29 richten.

 

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