2014 entgingen dem Kanton Basel-Stadt Steuereinnahmen von 38 Millionen Franken, über 13’000 Betreibungen wurden ausgesprochen. Eine Motion von Rudolf Rechsteiner (SP) fordert eine Systemänderung. Künftig sollen die Arbeitnehmer ihren Lohn direkt der Steuerverwaltung abliefern.
Die Steuerrechnung bringt viele in Bedrängnis und ist nach wie vor die grösste Schuldenfalle. Vergangenes Jahr erhielten gemäss der Sozialberichterstattung 2014 des Statistischen Amtes 13’119 Personen von der kantonalen Steuerverwaltung eine Betreibung. Der geforderte Steuerbetrag liegt bei zwei Dritteln der Betreibungen unter 5’000 Franken, weitere 16,7 Prozent belaufen sich auf 5’000 bis 10’000 Franken.
Dass Leute ihre Steuerrechnung nicht zahlen können, kommt den Stadtkanton jährlich teuer zu stehen: Laut Kaspar Sutter, Generalsekretär im Finanzdepartement, wurde 2014 ein Debitorenverlust von 38 Millionen Franken ausgewiesen (ohne Steuererlasse).
Agnes Würsch von der Schuldenberatungsstelle «Plusminus» wird täglich mit dem Problem Steuerschulden konfrontiert. «Praktisch alle, die zu uns kommen, haben Steuerschulden. Das Inkassosystem bei den Steuern ist verschuldungsfreundlich», sagt die Präventionsverantwortliche. Denn die Steuerrechnung komme bis zu zwei Jahre, nachdem das entsprechende Einkommen erzielt worden sei – dann sei der Lohn meistens schon ausgegeben.
Rechsteiner: Weniger Betreibungen, weniger soziale Probleme
Voraussichtlich am Mittwoch debattiert der Grosse Rat über eine Motion von Rudolf Rechsteiner (SP). Rechsteiner will das System ändern und fordert von der Regierung, dass ein automatisierter freiwilliger Steuerabzug für Angestellte kantonsweit eingeführt wird. Arbeitgeber in Basel-Stadt sollen demnach vom Kanton angewiesen werden, den Direktabzug als Steuervorauszahlung automatisch vorzunehmen. «Mit diesem System gäbe es weniger soziale Probleme, da weniger Leute betrieben würden. Zudem würde die Bürokratie dadurch in der Verwaltung reduziert», sagt Rechsteiner.
Agnes Würsch erhofft sich viel von einer Systemänderung: «So könnten Leute abgeholt werden, die sich wenig um ihren Papierkram kümmern – und man bekommt soviel Geld auf sein Konto überwiesen, wie man auch wirklich ausgeben darf. Ein richtiger Nettolohn eben.»
Die kantonale Verwaltung kennt für ihre Mitarbeitenden bereits den automatisierten freiwilligen Steuerabzug vom Lohn. Im Jahr 2014 wurden 5047 Mitarbeitende angeschrieben. «27 Prozent, respektive 1357 Mitarbeitende mit Wohnsitz in Basel-Stadt, nehmen die Dienstleistung des freiwilligen Steuerabzugs in Anspruch», so Kaspar Sutter.
Bürgerliche mehrheitlich gegen Direktabzug
Joël Thüring (SVP) und Thomas Strahm (LDP) unterstützen die Motion Rechsteiner. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Mehrheit der Bürgerlichen das Anliegen im Grossen Rat ablehnen wird. Barbara Gutzwiller, Direktorin des Arbeitgeberverbandes Basel, ist gegen einen automatisierten freiwilligen Direktabzug. In einem Gastkommentar in der «Basler Zeitung» schrieb sie: «Der Vorschlag zeigt eine erschreckende Umkehr in der Denkweise: Anstatt dem Bürger zuzutrauen, dass er dem Staat abliefert, was diesem zusteht, holt sich der Staat sicherheitshalber zunächst das, was er glaubt, zugute zu haben.» Der Arbeitgeber sei nicht das Inkassobüro des Staates.
Rechsteiner entgegnet, dass in Basel-Stadt bereits 60’000 Ausländer quellenbesteuert würden – und das auf obligatorischer Basis. «Die Arbeitgeber müssten nichts anderes eingeben, als das, was sie ohnehin bereits für ihre quellenbesteuerten Arbeiter machen.»