Trotz positiver Schlagzeilen hat sich wenig getan in der Basler Velopolitik. Mit dem Nein zum Veloring ist nun klar: Das wird auch so bleiben.
Die Stimmbevölkerung hat die Initiative für einen Veloring am Sonntag mit über 58 Prozent verworfen. Mit dem Ring wären in den nächsten fünf Jahren einzelne Projekte zur Verbesserung der Velosituation umgesetzt worden. Insgesamt in einem ringförmigen Konstrukt.
Es sollte nicht sein. Die einzelnen Teilprojekte werden nun einen schweren Stand haben. Der Ring sollte die Basler Velopolitik in Schwung bringen. Die Liste an Projekten, die für Velofahrer in den letzten Jahren realisiert wurden, ist überschaubar. Hier eine Übersicht:
- Drei Infrastruktur-Projekte: Elsässerrheinweg (2016 eröffnet), Stückisteg (2009 eröffnet) und Neubau des Birskopfstegs (2012 eingeweiht)
- Neue Veloabstellplätze: etwa 1000 Laufmeter seit 2011
- 36 neue Begegnungszonen seit 2011
- 32 neue Tempo-30-Zonen seit 2013
Dazu kommen Öffnungen von Einbahnstrassen für Velofahrer und kleinere Anpassungen der Streckenführung wie neue Veloweg-Markierungen.
Einige dieser Projekte wurden nicht alleine für Velofahrer realisiert. So lädt der Elsässerrheinweg in erster Linie auch Fussgänger zum Flanieren ein und die Begegnungszonen sowie 30er-Zonen dienen primär den Anwohnern.
Brücke ins Glück: Der Stückisteg wurde von den Betreibern des Einkaufzentrums gebaut, damit auch Velofahrer den Weg in den Shopping-Tempel finden. (Bild: Jeremias Schulthess)
Die Beträge, die der Kanton nur für Velofahrer ausgibt, lassen sich deshalb nicht genau beziffern. Das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) schreibt auf Anfrage, für kleinere Massnahmen zugunsten des Veloverkehrs gebe man etwa 2,5 Millionen Franken im Jahr aus.
Viel Ausgaben für Einzelprojekte
Dazu kommen Einzelprojekte, wie die Verbreiterung des Birskopfstegs. Dafür gab Basel-Stadt 720’000 Franken aus und für das Prestigeprojekt Elsässerrheinweg ganze 27 Millionen Franken. Der Stückisteg wurde wiederum vollständig von den Betreibern des Stücki-Einkaufzentrums bezahlt.
Zum Kommentar:
Der 25-Millionen-Ring war schlicht zu wenig sexy
Die Umstellung auf Begegnungszonen würde den Kanton jeweils zwischen 10’000 und 15’000 Franken kosten, schreibt BVD-Mediensprecherin Nicole Stocker. Das heisst, der Kanton gab in den letzten fünf Jahren zwischen 360’000 und 540’000 Franken dafür aus. Genau kann es Stocker nicht sagen, weil dies nirgends zentral erfasst werde.
Viel oder wenig?
Ob es nun viel oder wenig ist, was in den letzten Jahren für Velofahrer getan wurde – das hängt von der jeweiligen Sichtweise ab. Während bürgerliche Politiker regelmässig Hans-Peter Wessels mit dem Feindbild eines Velo-Enthusiasten belegen, geht seine Velopolitik manchen Linken zu wenig weit.
Der Grünen-Grossrat Michael Wüthrich findet, Basel sei noch lange keine Velostadt: «Es geht darum, Wege zu realisieren, auf denen Velofahrer schnell, sicher und ungehindert vorwärtskommen. Das wurde bisher nicht in letzter Konsequenz getan.»
Mit echter Veloförderung mache man sich nicht gerade beliebt, erklärt Wüthrich. Denn man müsste zum Beispiel Parkplätze aufheben, damit die Fahrspur vergrössert werden kann.
«Beim Autoverkehr wird geklotzt»
Heiner Vischer ist anderer Meinung. Der LDP-Grossrat findet, Basel sei bereits eine tolle Velostadt. Es sei sehr viel in den letzten Jahren für Velofahrer gemacht worden. «Vielleicht wurden keine spektakulären Projekte realisiert. Aber es wurde gemacht, was wichtig ist.»
Dazu komme, dass Velofahrer mittlerweile bei jedem Verkehrsprojekt prominent vorkämen. Das sieht auch der Geschäftsführer von Pro Velo, Roland Chrétien, so. «Das Velo wird seit einigen Jahren mitgedacht – aber das reicht nicht.» Es brauche auch Leuchtturmprojekte: «Beim Autoverkehr wird geklotzt, beim Veloverkehr bräuchte es nicht annähernd so viel, um ansprechende Projekte zu realisieren.»
Puzzleteile und Pflästerli
David Wüest-Rudin, Präsident des Vereins Pro Velo und GLP-Grossrat, fasst es so zusammen: «Die Velopolitik hatte in den letzten Jahren drei Elemente. Verschiedene noch unverbundene Abschnitte wie der Birskopfsteg als quasi Puzzleteile, zweitens punktuelle Verbesserungen als eine Art Pflästerlipolitik, und drittens als einziger grösserer Schritt: die Öffnung von Einbahnstrassen für den Veloverkehr.»
Weiterhin gebe es «Hotspots» für Velos, zum Beispiel wie sie die TagesWoche aufgezeigt habe. Dort habe man es versäumt, zu handeln. Und weitere schwierige Stellen würden künftig hinzukommen, zum Beispiel mit der flächendeckenden Ausrüstung der Tramhaltestellen mit behindertengerechten Einstiegen. «An der Elisabethenstrasse zeigt sich, welche Problemstellen auf Velofahrer in Zukunft noch zukommen.»
Die neuralgischen Stellen, die Leserinnen und Leser gegenüber der TagesWoche angaben, befinden sich allesamt nicht auf der Strecke des nun verworfenen Velorings. Ob es dort zu Verbesserungen kommt, ist noch offen.
Für die Grünen Basel-Stadt ist das Nein zum Veloring kein Nein zur Velostadt Basel. Nun sollen vielmehr die «radialen Routen», sprich: die problematischen Strecken von A nach B, angepackt werden. Zum Beispiel, indem der Veloverkehr dort an den Ampeln bevorteilt werden soll.