SVP-Kämpfer zu Ja-Parole: «Das war kein Zufallsresultat»

Als erste Kantonalpartei beschloss die Baselbieter SVP am Parteitag ein Ja zu Ecopop. Selbst Oskar Kämpfer bezeichnet im Interview die Initiative als «schwierig» – auch wenn er die Parole nun als Parteipräsident vertritt.

SVP-BL-Präsident Oskar Kämpfer vertritt nun das Ja zu Ecopop. Dennoch sagt er: «Bei Ecopop ist die Zuwanderung strikt limitiert, das ist ein Nachteil der Initiative.» (Bild: Alexander Preobrajenski)

Als erste Kantonalpartei beschloss die Baselbieter SVP am Parteitag ein Ja zu Ecopop. Selbst Oskar Kämpfer bezeichnet im Interview die Initiative als «schwierig» – auch wenn er die Parole nun als Parteipräsident vertritt.

Der Parteitag der Baselbieter SVP warf Wellen. Nicht etwa weil es zum Eklat zwischen dem amtierenden Präsidenten Oskar Kämpfer und dessen Vorgänger Dieter Spiess gekommen wäre. Sondern weil die Partei überraschend die Ja-Parole zu Ecopop beschloss. Damit war die Baselbieter SVP die erste Kantonalpartei, die offiziell Ja zur radikalen Initiative sagte.

Wirklich mit Herzblut verficht die Partei Ecopop aber nicht. Dafür geht die Initiative selbst dem Parteipräsidenten zu weit, wie er im Interview sagt. Für die Baselbieter SVP ist die Ecopop-Initiative vielmehr ein Vehikel, der Forderung nach der Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative Nachdruck zu verleihen.

Herr Kämpfer, die Baselbieter SVP beschloss als erste Schweizer SVP-Sektion das Ja zur Ecopop-Initiative. Wie vertreten Sie die Parole?

Oskar Kämpfer: Ich respektiere selbstverständlich die Meinung der Mehrheit unseres Parteitags vom vergangenen Donnerstag. Ich bin auch absolut überzeugt, dass dieser Entscheid auf der Linie der SVP ist, die eine Begrenzung der Masseneinwanderung will. Ich werte den Entscheid der Mitglieder in erster Linie als Misstrauensvotum an den Bundesrat, der unsere Masseneinwanderungsinitiative nicht umsetzen will.

Unter anderem in einem BaZ-Kommentar und auf einem Baselbieter Politblog wurde der Entscheid für die Ja-Parole allerdings als Frontmachen der SVP-Basis gegenüber der Parteileitung interpretiert, die Ecopop ja gar nicht wolle. Empfanden Sie das auch so?

Nein, überhaupt nicht. Mir sagten sogar einzelne Mitglieder: «Oskar, wir haben jetzt klar Ja gesagt, weil wir hoffen, dass der Bundesrat reagiert». Es gab ja zwei Umfragen in den vergangenen Wochen, die Umfrage von Claude Longchamps GFS und die Umfrage von 20Minuten, der ich übrigens mehr Glaubwürdigkeit zugestehe. Für mich zeigen die Ergebnisse der Umfragen: Es ist nicht allein ein SVP-Thema, wenn die Probleme mit der Masseneinwanderung nicht angegangen werden, es ärgern sich viele darüber. Der Bundesrat unterschätzt die Problematik aus meiner Sicht und riskiert, dass die Stimmbevölkerung den Druck nun erhöhen will. Viele haben das Gefühl, es gäbe noch Manipuliermasse bei der Umsetzung, was aber bei Ecopop effektiv nicht der Fall ist. Das macht die Initiative schwierig.

Sie sind selbst Unternehmer. Wie können Sie die Ecopop-Initiative vertreten?

Als Unternehmer sehe ich das differenziert. Natürlich vertrete ich den Entscheid unserer Basis. Wir müssen aber klar sehen: Die wirtschaftliche Entwicklung, die wir und die nächsten Generationen benötigen, findet Zyklen in Zyklen statt. Das heisst: Irgendwann brauchen wir in der Schweiz mehr auswärtige Arbeitskräfte und irgendwann braucht es wieder weniger. Deshalb hat die SVP auch Kontingente vorgeschlagen. Bei Ecopop ist die Limite aber strikt festgeschrieben. Das ist ein deutlicher Nachteil der Initiative. Ich nehme den Unmut unserer Basis sehr ernst. Und ich hoffe, dass das auch in Bern sehr bald wahrgenommen wird.

«Es ist nicht allein ein SVP-Thema, wenn die Probleme mit der Masseneinwanderung nicht angegangen werden», sagt Oskar Kämpfer, Präsident der SVP BL.

Das Resultat am Parteitag war mit 63 Ja- zu 57 Nein-Stimmen letztlich klar, aber knapp. Worauf führen Sie das zurück?

Ich glaube, viele Mitglieder kamen, um ein Zeichen zu setzen. Der Parteitag hatte aber mehrere Nuancen: Da war ja auch die Ankündigung meines Vorgängers Dieter Spiess, das Wort zu ergreifen und mich anzugreifen, was er dann ja nicht tat. Deshalb kamen auch unabhängig von Ecopop viele Leute, die mich unterstützen wollten. Und viele von ihnen sehen die Dinge wie ich: Man muss dem Bundesrat manchmal einen Schuss vor den Bug geben. Deshalb fiel das Resultat wohl auch knapp für Ecopop aus. Ich sehe das nicht als Zufallsresultat, sondern als klare Äusserung, dass sie in Bern mal wissen sollen, was die Basis eigentlich denkt.

Was aber hätte der Kanton Baselland von einer Annahme von Ecopop?

Schwer abzuschätzen. Wir sind ja nicht unbedingt stark verbaut. Aber die Auswirkungen der Zuwanderung merkt man schon sehr deutlich, auch auf den Strassen. Ein Chemiker der Roche, der aus den USA kommt, wohnt ja nicht unbedingt in der Stadt, sondern in der Agglomeration und muss sich dann durch unendliche Staus in die Stadt bewegen. Das motiviert auch nicht gerade jede Fachkraft. Und es sind ja nicht wenige Fachkräfte, die wir in der Region brauchen, und die benötigen wiederum alle Infrastruktur. Konkret ist schwer abzuschätzen, wie sich Ecopop auf die kantonale Wirtschaft auswirkt. Denn ich hoffe immer noch, dass der Bundesrat eine Lösung erwirkt, damit die Wirtschaft die Leute, die sie braucht, immer noch zuziehen kann.

Auf nationaler Ebene hofft die SVP-Leitung auf ein Nein. Nun sagt Ihr Parteitag aber Ja zu Ecopop. Das ist doch ein Bruch zwischen Spitze und Basis.

Nein, das ist kein Bruch. Dazu muss ich ein paar Zahlen relativieren. Wir haben über 2000 Mitglieder im Baselbiet, davon waren rund 140 am Parteitag. Von einer grossen Mehrheit können wir nicht reden und von einem Bruch schon gar nicht. Wir haben ein gemeinsames Ziel: Die Masseneinwanderungen reduzieren und die damit verbundenen Probleme in den Griff bekommen. Ich will einfach festhalten: Am 30. November stimmen wir ab. Die Stimmcouverts liegen bald in den Briefkästen. Der Bundesrat hat nicht mehr viel Zeit, um zu reagieren und er muss eine Lösung präsentieren. Auf ein Nein zu spekulieren und zu hoffen, dass die Umfrage von Claude Longchamp richtig liegt, ist keine aktive Politik.



«Viele Mitglieder kamen an den Parteitag, um ein Zeichen zu setzen», so Oskar Kämpfer.

«Viele Mitglieder kamen an den Parteitag, um ein Zeichen zu setzen», so Oskar Kämpfer. (Bild: Alexander Preobrajenski)

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