Systematische Mammografie-Screenings werden in Basel-Stadt eingeführt

Basel-Stadt startet ab sofort ein systematisches Brustkrebs-Früherkennungsprogramm. Warum, wer teilnehmen darf und wieso es nicht unumstritten ist.

Ärzte beim Analysieren eines Mammografie-Screenings. (Bild: zVg, Krebsliga beider Basel)

Basel-Stadt startet ab sofort ein Mammografie-Screening-Programm. Brustkrebs, die häufigste Krebserkrankung bei Frauen, soll somit früher erkannt und entsprechend effizienter behandelt werden. Der Kanton lässt sich das Projekt 500’000 Franken kosten.

Im Kanton Basel-Stadt wohnhafte Frauen zwischen 50 und 69 Jahren erhalten künftig alle zwei Jahre eine Einladung zu einer Mammografie (spezielle Röntgenaufnahme der Brust). Ziel dieser systematischen Untersuchungen ist es, Brustkrebs bereits im Frühstadium zu erkennen. Die Röntgenaufnahme kann Tumoren erkennen, die noch wesentlich kleiner sind als solche, die bei Tastbefunden auffallen.

Am Mittwochmorgen informierten der Vorsteher des Gesundheitsdepartements Carlo Conti sowie Vertreter der Krebsliga beider Basel über die Umsetzung des Programms, welche bereits in vollem Gang ist: In den kommenden Tagen werden die Frauen der entsprechenden Altersgruppe in einem Schreiben darüber informiert, dass das Programm nun startet und was es genau bedeutet. Noch im selben Monat sollen auch die ersten Einladungen zur Untersuchung verschickt werden.

Das Mammografie-Programm wird vom Kanton Basel-Stadt mit einem jährlichen Beitrag von 500’000 Franken finanziert. Die Untersuchungskosten werden nach wie vor von den Krankenkassen übernommen. Bereits ohne Screening-Programm ist die Anzahl der jährlich ausgeführten Mammografien in der Region hoch: 2010 wurden in Basel-Stadt zwischen 16’000 und 17’000 opportunistische Mammografien, das heisst Untersuchungen ohne begründeten medizinischen Verdacht, durchgeführt. Conti schliesst daraus, dass es in Basel eindeutig ein hohes Bedürfnis nach Absicherung und einer regelmässigen Kontrolle gebe.

Strenge Qualitätsvorgaben

Die Anzahl der jährlich durchgeführten Mammografien werde durch das Programm nicht zwingend gross ansteigen, sagt Conti, es diene lediglich dazu, alle Frauen über die Untersuchungsmöglichkeiten zu informieren: «Ob sie dann eine Untersuchung machen wollen, können sie freiwillig entscheiden.» Die Einladungen werden in sieben unterschiedlichen Sprachen verschickt, um auch Frauen mit Migrationshintergrund zu erreichen, wie Conti mehrfach erwähnte. Der Regierungsrat betont denn auch, wie wichtig ein solches Programm sei, um die «Chancengleichheit» der sozial und ökonomisch schlechter gestellten Frauen zu gewährleisten.

«Ob die Frauen eine Untersuchung machen wollen, können sie freiwillig entscheiden.»


Gesundheitsdirektor Carlo Conti

Werner Schmid, Präsident der Krebsliga beider Basel, betont, dass das Screening-Programm zudem klare Qualitätsindikatoren für Mammografien schafft. Im Programm sind sechs unterschiedliche Radiologie-Institute beteiligt, deren Untersuchungsmethoden laut Schmid «extrem hohen technologischen Standards entsprechen». Zudem wurde das Vieraugenprinzip eingeführt: Eine Mammografie muss somit von einem weiteren Arzt eines anderen Instituts analysiert werden, bevor es zu einer Diagnose kommt.

Das Thema ist nicht neu. Die Weltgesundheitsorganisation hat bereits 2002 den Nutzen eines Mammografie-Screenings bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren nachgewiesen. Auch die Krebsliga Schweiz empfiehlt die flächendeckende Einführung der Brustkrebs-Früherfassung durch Mammografie. Doch es gibt auch kritische Stimmen: Das Fachgremium Swiss Medical Board (SMB) etwa rät in einem Bericht vom vergangenen Dezember von systematischen Mammografie-Programmen ab.

Viele Fehlbefunde führen zu psychischer Belastung

Zwar könne Brustkrebs laut dem SMB durch Mammografien tatsächlich frühzeitig erkannt und behandelt werden. Allerdings sei der erwünschten Wirkung «von 1-2 verhinderten Todesfällen auf 1000 Frauen» die unerwünschte Wirkung von «100 Fehlbefunden auf 1000 Untersuchungen» gegenüberzustellen. Eine falsche Diagnose könne zu unnötigen Behandlungen und einer körperlichen sowie psychischen Belastung der betroffenen Frauen führen. Das Fachgremium empfiehlt daher, keine weiteren Mammografie-Programme einzuführen und die bereits bestehenden zu befristen. Der Trend scheint jedoch in die entgegengesetzte Richtung zu verlaufen.

Immer mehr Kantone führen ein systematisches Mammografie-Programm ein. Vor zwei Jahren war ein solches in zwölf Schweizer Kantonen in Kraft oder in Abklärung. Der Basler Regierungsrat gab dem Programm im Herbst 2012 grünes Licht, der Grosse Rat segnete den Beschluss dann im Januar 2013 ab.

Eine Frage bleibt in Bezug auf die Region noch offen: Wird Baselland nachziehen? Ursprünglich wurde das Programm von den beiden Halbkantonen gemeinsam entwickelt. Nun startet Basel-Stadt bereits, während im Baselbiet die Vorlage des Regierungsrats immer noch beim Landrat hängig ist. Der abtretende Regierungsrat Carlo Conti hofft, dass auch in Baselland bald mit dem Mammografie-Screening gestartet wird, denn «es wäre ein schönes Beispiel dafür, wie die beiden Halbkantone ein gemeinsames Programm anpacken können».

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