Ob eine Strasse zur Tempo-20-Zone umgebaut wird, können die Anwohnerinnen und Anwohner mitentscheiden. Doch nicht allen gefällt die Idee dieser Mitwirkungsverfahren.
Passanten flanieren, Kinder spielen, die Autos fahren im Schritttempo: Das ist in der Froburgstrasse Alltag. Es ist eine von 76 sogenannten Begegnungszonen in Basel, in denen nur Tempo 20 erlaubt ist.
Es sei ein Bedürfnis der Bevölkerung, in den Quartieren mehr Begegnungsflächen zu haben, schreibt das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD). Aus diesem Grund sollen die Anwohnerinnen und Anwohner auch selbst aktiv werden können und beim BVD einen Antrag stellen, damit ihre Quartierstrasse verkehrsberuhigt wird.
Anwohner stimmen über Projekt ab
Der Umbau der Quartierstrasse ist jedoch an gewisse Bedingungen geknüpft. Zunächst muss die Strasse dafür geeignet sein: Nur Nebenstrassen ohne öffentlichen Verkehr kommen als Begegnungszonen in Frage. Dann erstellt das BVD einen Projektvorschlag, über den die Anwohnerschaft abstimmt.
Befürworten zwei Drittel der Anwohner den Vorschlag, wird die Strasse mit Zone-20-Tafeln, Sitzgelegenheiten und Pflanzentrögen ausgestattet. Diese Veränderungen führen laut BVD zu mehr Wohnqualität und verwandeln Quartierstrassen in einen Spiel- und Aufenthaltsbereich für Jung und Alt.
Doch nicht allen Anwohnern gefällt die Idee, dass ihre Strasse ein Ort der Begegnung und des Spielens sein soll. Vielen Autofahrerinnen und Autofahrern sind die 20er-Zonen ein Dorn im Auge.
Angst um Kratzer am Auto
«Durch den Umbau fallen teilweise Parkplätze weg», erklärt Pascal Regli vom Verein Fussverkehr Schweiz. Wegen der Geschwindigkeitsbegrenzung kommen die Autofahrer zudem auch wesentlich langsamer voran. Ausserdem würden verkehrsberuhigte Quartiere Familien mit Kindern anziehen, sagt Regli. Das passe aber nicht allen Anwohnern, denn spielende Kinder könnten vielleicht mit einem Ball ein parkiertes Auto treffen und beschädigen.
Vielleicht haben solche Argumente zum Nein zur Verkehrsberuhigung in den Ziegelhöfen im Neubad-Quartier geführt. Hier durfte die Anwohnerschaft kürzlich über eine Begegnungszone abstimmen.
Das BVD hatte allen Haushalten im Strassenabschnitt zwischen Neubadrain und Grimselstrasse ein entsprechendes Abstimmungsformular zugeschickt. Zwei Drittel der Anwohner schickten die Formulare ausgefüllt zurück – eine Beteiligung, die im Vergleich zu anderen Projekten relativ hoch sei, wie vom Planungsamt Basel-Stadt zu erfahren ist.
Doch die geplante «Begegnungszone in den Ziegelhöfen» erreichte die nötige Zweidrittelmehrheit nicht: 53 Prozent der Abstimmenden lehnten das Projekt ab. Eine Anwohnerin argumentiert, dass es bereits genügend Grünflächen und Naherholungsgebiete im Quartier gebe. Deswegen habe sie Nein gestimmt. Andere Befragte meinen, dass die knappe Zahl an Parkplätzen den Ausschlag für die Ablehnung gegeben haben könnte.
Nina Schweizer vom Basler Planungsamt bedauert den Entscheid. Begegnungszonen ersetzen ihrer Meinung nach nicht fehlende Gärten, sondern würden eine vielfältige Nutzung des Strassenraums erlauben.
«Basel ist kleinräumig, da braucht es keine Mitwirkung.»
Ganz anderer Ansicht ist Christophe Haller. Dass ein paar engagierte Personen ihre Ideen durchsetzen und dadurch ein ganzes Quartier verändern können, gefällt dem FDP-Grossrat und Präsident des Tourings Clubs (TCS) beider Basel nicht. «Basel ist nicht Tokyo oder New York», sagt er. Basel sei sehr kleinräumig, da brauche es keine solchen Mitwirkungsverfahren.
Ausserdem beurteilt Haller diese Form der Anwohnerdemokratie als «Aushebelung des Parlaments» und «Missbrauch unseres Demokratiekonzepts». Aus seiner Sicht sollte allein der Grosse Rat über solche verkehrspolitischen Massnahmen entscheiden.