Tempo 30 für ganz Basel

SP-Grossrätin Brigitte Heilbronner fordert Tempo 30 auf allen Basler Strassen für die Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Das Bau- und Verkehrsdepartement trifft offenbar bereits entsprechende Abklärungen. Gar keine Freude daran hat man beim TCS. 

 

 

 

 

Bloss nicht zu schnell! In ganz Basel könnte Tempo 30 nachts schon bald als Höchstgeschwindigkeit gelten. (Bild: Michael Würtenberg)

SP-Grossrätin Brigitte Heilbronner hat genug vom nächtlichen Strassenlärm. Darum fordert sie Tempo 30 auf allen Basler Strassen für die Zeit zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Das Bau- und Verkehrsdepartement trifft offenbar bereits entsprechende Abklärungen. Gar keine Freude daran hat man beim TCS.

Tagsüber geht es ja noch. Da ist der Lärmpegel einigermassen konstant. Mal sind die Autos etwas lauter, mal die Flugzeuge und zwischendurch hört man vielleicht sogar Kinder lachen. Daran kann man sich gewöhnen.

Aber nachts, da ist es kaum auszuhalten. Diese Totenstille. Und dann wieder dieser Höllenlärm, wenn ein BMW, Audi oder VW unüberhörbar hochtourig heranbraust. Auch wenn sich der Lärm der Motoren bald wieder in der Stille der Nacht verliert, kommt man als Anwohner kaum mehr zur Ruhe. Denn die nächste Karre ist nur eine Strassenkreuzung entfernt.

So oder so ähnlich erlebt es auch die Basler SP-Grossrätin Brigitte Heilbronner, die ganz in der Nähe des Wasgenrings wohnt, dieser grossen und ziemlich charmlosen Durchfahrtsstras­se, auf der ein Autofahrer tatsächlich nur ein Ziel haben kann: so schnell wie möglich weiterzukommen.

Nun will Heilbronner die Fahrer bremsen, auf dem Wasgenring ebenso wie auf allen anderen Strassen. Mit einem Vorstoss im Grossen Rat fordert sie, dass in Basel nachts flächendeckend «Tempo 30» eingeführt wird. «Der Lärm könnte auf diese Weise drastisch gesenkt werden. Und die Sicherheit würde auf den Strassen erst noch erhöht», sagt Heilbronner.

Planung läuft bereits

Zumindest im Bau- und Verkehrsdepartement scheint sie mit ihren Ideen sehr gut anzukommen. «Im Hinblick auf die Erweiterung der Tempo-30-Zonen in der ganzen Stadt prüfen wir auch temporäre Tempo-30-Zonen», sagt Verkehrsplanerin Barbara Auer. Neue Tempo-Limits seien dort nicht nur nachts vorstellbar, sondern auch tagsüber, im Umkreis von Schulen zum Beispiel. Das entsprechende Konzept will das Verkehrsdepartement bis im Frühjahr vorlegen. Mehr will Auer bis zu diesem Zeitpunkt nicht verraten.

Das ist auch kein Wunder. Denn das Geschäft ist heikel, der Widerstand gross. «Flächendeckend Tempo 30 – auch auf den Ein- und Ausfallachsen, das tönt für mich nach Schikane», sagt Christophe Haller, FDP-Grossrat und Präsident des TCS beider Basel. Überraschen würde ihn ein entsprechendes Konzept aber nicht. «Unser Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels hat zwar zwei Augen, leider sieht er damit aber nur die Velofahrer», sagt Haller. Und weiter: «Einem das Autofahren zu vermiesen, scheint das oberste Ziel der Basler Verkehrspolitik zu sein.»

Dabei sei jede Ausrede recht. Auch die mit dem Lärm. «Dabei ist ein modernes Auto fast genau gleich laut, ob es nun 30 oder 50 fährt.»
Dennoch sei er nicht grundsätzlich gegen temporäre Tempo-30-Zonen. «Dort, wo es der Sicherheit dient, bin ich dafür», sagt er. Bei Schulen sei das möglicherweise der Fall, auf den gros­sen Durchfahrtsstrassen nicht. Darum plädiert Haller dafür, dass Strasse für Strasse einzeln beurteilt wird – und die Tempo-30-Schilder nur sehr zurückhaltend aufgestellt werden.

Trend in die andere Richtung

Der Trend geht möglicherweise aber in eine andere Richtung, wie sich in Zürich zeigt, wo die Planung ziemlich weit fortgeschritten ist. Dort spricht man im städtischen Tiefbauamt offen davon, Tempo 30 auf einer ganzen Reihe grösserer wie kleinerer Strassen zeitlich unbegrenzt einzuführen – und in der Nacht flächendeckend.

Wie die Autofahrer dazu gebracht werden könnten, sich ans neue Tempolimit zu halten, wissen die Zürcher Behörden auch schon – mit der Umschaltung der Lichtsignalanlagen auf den Blink-Modus und einer im Vergleich zu heute deutlich weniger hellen Strassenbeleuchtung. «Damit wird die Einsicht in das doch recht einschneidende Regime gefördert und erst noch ein sichtbarer Beitrag zum Energiesparen geleistet», sagt Erich Willi, Projektleiter Verkehrsplanung im Zürcher Tiefbauamt. Davon muss er nun auch den Stadtrat überzeugen, der in den kommenden Monaten über das Tempo-30-Konzept entscheidet. Es wird eine heftige Debatte erwartet.

Vorbildlich sind die Pläne des Zürcher Tiefbauamtes zumindest in den Augen der Basler Grossrätin Brigitte Heilbronner. Darum würde sie das Modell lieber heute schon als morgen auf Basel übertragen. Doch auch sie ahnt: «Dieser Vorschlag dürfte noch sehr viel zu reden geben.»

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 02/12/11

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