Was die Bundeshaus-Reporter der TagesWoche und weitere Medien heute morgen als Gerücht vermeldeten, hat sich nun bestätigt: Blocher-Tochter Rahel verkauft ihre Anteile an der «Basler Zeitung», kaum hat sie sie erhalten, schon wieder. Der Käufer ist ein alter Bekannter: Der Tessiner Financier Tito Tettamanti. Tettamanti gründet, wie er jetzt vor den Medien in Zürich erklärt, eine neue Holding, die sich «MedienVielfalt Holding AG» nennt. Dahinter stehen neben Hauptaktionär Tettamanti weitere Investoren.
Blocher deckt Verluste der Druckerei
Tettamanti hat laut eigenen Angaben im Oktober den Kontakt zu Christoph Blocher gesucht. Seither habe sich die Situation des Unternehmens laufend verschlechtert. Tettamanti habe drei Bedingungen gestellt, um die Firma zu übernehmen: 1. Es müsse ein Sanierer, namentlich FDP-Nationalrat Filippo Leutenegger, engagiert werden. Leutenegger war bereits am Ausverkauf des mittlerweile zerschlagenen Verlagshauses Jean Frey («Beobachter», «Weltwoche», «TVStar» und «Bilanz») beteiligt. 2. Blocher müsse garantieren, dass der industrielle Teil der Firma saniert wird. 3. Blocher dürfe nicht an der MedienVielfalt Holding beteiligt sein.
Doch SVP-Impressario Christoph Blocher wird weiterhin eine wichtige Rolle beim wirtschaftlich schwer angeschlagenen Medienkonzern spielen. Gemäss Tettamanti übernimmt Blocher die Verluste der Druckerei. Gegenleistung sei gewesen, dass er – Tettamanti – die Zeitung kaufe. Zur Finanzierungskonstruktion sowohl der neuen Holding wie auch des Kernunternehmens will Tettamanti keine Auskunft geben.
Bekannt ist einzig: Tettamanti hält 18,8 Prozent des Aktienkapitals der neuen Holding, das 40 Millionen Franken beträgt. Deutlich grösser sind seine Stimmrechte (53,6 Prozent). Zweitgrösster Aktionär ist Georges Bindschedler, ein Berner Rechtsanwalt, der einst Verleger der wirtschaftsliberalen Zeitschrift «Schweizer Monat» war. Dort publiziert auch Tettamanti regelmässig.
Zudem beteiligt sich der Tessiner Anwalt Giangiorgio Spiess als Aktionär. Spiess, der bis 2008 Mitglied des Exekutivkomitees der Uefa war, ist eine umstrittene Figur. In Italien wurde er 2007 wegen Beihilfe zum betrügerischen Konkurs des Lebensmittelkonzerns Parmalat verurteilt.
Prominenz im Verwaltungsrat
Sitz der neuen Holding ist Zug. Präsidentin wird die ehemalige Tessiner Finanzdirektorin Marina Masoni. Im Verwaltungsrat der untergeordneten BaZ-Holding sitzen Filippo Leutenegger als Präsident sowie einige namhafte Personen aus der Region: Der Basler Wirt Peter Wyss, der frühere FDP-Nationalrat Hans Rudolf Gysin, Adriana Ospel, die junge Frau des Basler Bankers Marcel Ospel, der Riehener SVP-Einwohnerrat Karl Schweizer, und der Binninger Immobilienverwalter Urs Gribi. Chefredaktor Markus Somm und Geschäftsführer Roland Steffen bleiben im Amt.
Leutenegger will drei Jahre bleiben
Der neue starke Mann bei der BaZ heisst aber Filippo Leutenegger. Zu seinen konkreten Sanierungsplänen befragt, bleibt er vage. Die BaZ müsse wieder auf eigenen Füssen stehen, um unabhängig zu sein, sagt er. Deshalb sei eine Beteiligung Blochers an der Holding nicht infrage gekommen. Viel Zeit, den Turnaround zu schaffen, gibt sich der frühere Arena-Moderator nicht: «Ich gehe davon aus, dass mein Auftrag in drei Jahren erfüllt sein wird.»
Gegen «Political Correctness»
Tettamanti sagt, er halte die Pressekonferenz bewusst in Zürich ab, weil die Holding nichts mit Basel zu tun habe. Den Namen der Holding erklärt er damit, dass Medienvielfalt wie ein gutes Orchester sei. Dieses könne nicht immer dieselbe Musik spielen. Eine Gruppe von Leuten, die Aktionäre, seien seiner Meinung.
Tettamanti sagt, er und seine Mit-Aktionäre glauben, dass «unser Gesellschaftsmodell versagt hat». Darüber müsse man diskutieren. Und dazu wiederum brauche es Querdenker, die sich auch trauen würden, Tabus zu brechen. «Diese Debatte wird durch die heutige Kultur der Political Correctness verhindert.»
Er sei zur BaZ zurückgekehrt, um seine Fehler beim ersten Engagement zu korrigieren. «Ich bin zurück und ich bin nicht allein», so Tettamanti in bester Westernmanier. «Das letzte Mal war es just another Deal, jetzt ist es auch Leidenschaft.»
Der Tessiner kommt auch auf die TagesWoche zu sprechen: «Dank Beatrice Oeri hat die Basler Zeitung nicht mehr ein Monopol. Das ist eine Erleichterung. Das erlaubt uns nicht, eine fanatische Zeitung zu machen, aber das erlaubt uns profilierter zu sein. Denn, wenn es den Lesern nicht gefällt, können sie sich verabschieden.» Die Ähnlichkeit des Namens der BaZ-Holding zur Trägerstiftung der TagesWoche, der Stiftung für Medienvielfalt, sei «reiner Zufall».
Bewegte Vorgeschichte
Tettamanti besass die Zeitung schon einmal und zwar zusammen mit dem Basler Anwalt Martin Wagner. Diese beiden hatten das Medienunternehmen im Februar 2010 dem Verleger Matthias Hagemann abgekauft. Im November 2010 zogen sie sich dann zurück und verkauften die Zeitung offiziell an Crossair-Gründer Moritz Suter. Die eigentlichen Eigentümer blieben aber im Dunkeln.
Der Finanzjongleur aus Lugano fand sich nie in der Stadt Basel zurecht, wo ihm mit offenem Widerstand begegnet wurde. In einem Interview mit dem Tessiner Radio RSI beklagte er sich, dass eine militante Minderheit in der Stadt, die sich rühme, weltoffen zu sein, Basel in eine scheinheilige Provinzstadt verwandelt habe. Tettamanti verglich die Situation mit dem Kommunismus nach dem Zweiten Weltkrieg. Am Rheinknie herrsche eine «geistige Monokultur», meinte er.
Nichts von der Pressekonferenz wusste man bis vor Kurzem auf der Redaktion der BaZ am Hauptsitz Aeschenplatz. Die Belegschaft wurde weder von den neuen Eigentümern noch dem Chefredaktor über die erneute Wende bei ihrem Arbeitgeber informiert.