Teurer Rheintunnel soll Autobahn entlasten

Seit Jahren streiten sich Bund und Basel-Stadt um den Ausbau der Osttangente. Nun präsentiert Bern eine Lösung, mit der alle einverstanden sind. Doch der Rheintunnel ist teuer, das Gezerre um die Finanzierung geht erst los.

Wieder Basel am Zug: Astra-Chef Rudolf Dieterle übergibt die neusten Ausbaupläne der Osttangente an die Regierungsräte Pegoraro und Wessels (Mitte). (Bild: Renato Beck)

Seit Jahren streiten sich Bund und Basel-Stadt um den Ausbau der Osttangente. Nun präsentiert Bern eine Lösung, mit der alle einverstanden sind. Doch der Rheintunnel ist teuer, das Gezerre um die Finanzierung geht erst los.

Ende gut, alles gut? Jahaaa, jauchzt Rudolf Dieterle. Diesen Eindruck jedenfalls erweckte der Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra), als er hoch über der Autobahn, im St. Jakob Turm die neusten Pläne präsentierte, mit denen er die verstopfte Osttangente entkrampfen will. «Das ist sie», verkündete Dieterle feierlich, als hätte er soeben den heiligen Gral ausgebuddelt. Wäre es nicht früher Vormittag gewesen, der Berner Spitzenbeamte hätte ein paar Flaschen Schaumwein geköpft.

Grund zum Feiern war durchaus gegeben: Das Astra hat eine Lösung ausgearbeitet, wie die Osttangente erweitert werden kann, ohne die Basler Regierung vor den Kopf zu stossen. Bau- und Verkehrsdirektor Hans-Peter Wessels, der eigentlich eine abgespecktere Variante bevorzugt hatte, zeigte sich «sehr, sehr zufrieden». In Wessels Departement hielt man den nun geplanten «Rheintunnel» zwar für die Wunschvariante, jedoch als nicht finanzierbar. Das Astra wiederum weist die Basler Lösung, die nur eine Richtung untertunneln wollte, als unbrauchbar zurück.

Der Vorschlag des Astra sieht so aus: Ein zweiröhriger Tunnel soll auf der Höhe Birsfelden von der Autobahn abzweigen und unter dem Rhein durchführen, bis er bei der Verzweigung Wiese (Süd–Nord) beziehungsweise der Ausfahrt Klybeck (Nord–Süd) wieder an die bestehende Strecke anschliesst.

Der geplante Rheintunnel

Neue Variante: Der Bund will einen Autobahntunnel unter dem Rhein bauen, der von Birsfelden zur Dreirosenbrücke führt (Karte: Bundesamt für Strassen).

Neue Variante: Der Bund will einen Autobahntunnel unter dem Rhein bauen, der von Birsfelden zur Dreirosenbrücke führt (Karte: Bundesamt für Strassen). (Bild: Bundesamt für Strassen)

Durch den Tunnel soll vor allem der Transitverkehr abgewickelt werden, der rund 20 Prozent des Verkehrsaufkommens auf der vielbefahrenen Strecke ausmacht. Das Astra rechnet damit, dass künftig Dreiviertel des Verkehrs über die Schwarzwaldbrücke fliesst und ein Viertel durch den neuen Rheintunnel.

Frühster Baubeginn ist 2025 – allerdings nur, wenn sich Kanton und Bund nicht wieder zerstreiten und es keine Einsprachen gibt. Vorerst müssen die beiden Basel die neue Variante prüfen und verabschieden. Möglicherweise muss das Projekt auch noch vom Volk abgesegnet werden, denn das Astra verlangt von den Kantonen eine Kostenbeteiligung. 1,4 Milliarden Franken soll der Tunnel nach heutigen Berechnungen kosten, gesprochen hat Bern im Rahmen der nationalen Engpassbeseitigung nur gut 900 Millionen (nach heutigem Stand 1,1 Milliarden).

Keiner will bezahlen

Dass Baselland nicht gewillt ist, auch nur einen Rappen zu sprechen, machte FDP-Regierungsrätin Sabine Pegoraro deutlich: «Wir haben diesen Tunnel nicht bestellt und auch keine Wünsche in Bern deponiert.» Amtskollege Wessels sieht das ähnlich: «Der Autobahnausbau ist Sache des Bundes.» Dieterle wird sich damit kaum abspeisen lassen, schliesslich erfüllt der Rheintunnel so ziemlich alle Forderungen der Stadt.

Nach heftigem Widerstand der Bevölkerung und sämtlicher Parteien haben das Astra und die Basler Regierung Abstand genommen von oberirdischen Ausbauplänen, die Enteignungen und Hausabrisse entlang der Autobahn zur Folge gehabt hätten.

In einer späteren Etappe soll der Transittunnel an den Anschluss Deutschland angebunden werden, was allerdings weitere 300 Millionen Franken kosten würde. In der jetzigen Planung ist der Rheintunnel nur für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Frankreich gedacht. 

Handelskammer mahnt zur schnellen Umsetzung

Ebenfalls bei Bedarf könne der Tunnel auf zwei mal zwei Spuren erweitert werden, sagt Dieterle. Die Kosten dafür seien überschaubar. Damit würden auch die Ansprüche der Wirtschaftsverbände erfüllt, die auf einen ebensolchen Tunnel drängten.

Trotzdem ist Martin Dätwyler, stellvertretender Direktor der Handelskammer beider Basel, zufrieden mit der Variante des Bundes. Aber er mahnt auch «zur konstruktiven Zusammenarbeit». Es müsse jetzt rasch vorwärts gehen und das Projekt nicht wieder zwischen den Behörden hin und her geschoben werden: «Sonst sitzen wir in zwei Jahren wieder da und präsentieren eine neue Variante.»

FDP auf der falschen Spur

Verwirrung herrscht bei der Basler FDP, die sich Sorgen um die Quartierbewohner im unteren Kleinbasel macht. In einer Mitteilung (Artikel-Rückseite) bemängelt die Partei die Schliessung der Autobahneinfahrt Klybeck als Folge des Rheintunnels: «Kritisch festzustellen ist, dass die Interessen des Bundes einseitig zu Lasten der Anwohnerinteressen gewichtet werden.»

Die Einfahrt Klybeck werde nicht angetastet, beruhigt das Astra auf Anfrage. Genutzt würde bloss die bereits heute Notfällen vorbehaltene Ausfahrt Klybeck.

So oder so kommen auf die Autofahrer in der Region nervenaufreibende Jahre zu. Das Astra rechnet bis zur Fertigstellung des Tunnels mit täglichen Staus von bis zu vier Stunden auf dem bereits heute überlasteten Autobahnabschnitt. Und die Lage wird sich nochmals verschlechtern: Noch bevor der Tunnel gebaut wird, muss die Osttangente saniert werden. 

Der nächste Autobahnausbau in Planung

Ebenfalls in Planung ist die Erweiterung der A2 zwischen den Verzweigungen Augst und Hagnau um je eine Spur pro Richtung. Der Abschnitt geniesst höchste Priorität des Bundes im nationalen Programm der Engpassbeseitigung auf dem Nationalstrassennetz.

Grünes Licht hat der Kanton Basel-Stadt zudem für den Gundeli-Tunnel, also den Anschluss Süd. Die Finanzierung des Bundes für das umstrittene Projekt ist gesichert. Allerdings sind sich die beiden Kantone Baselland und Basel-Stadt nicht einig über die richtige Ausbauvariante.

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