Tiefgrüne sollen mehr zahlen

Die SBB prüfen die Einführung eines teureren Öko-Billetts. Dies obwohl die Bahn den Ausstieg aus dem Atomstrom sowieso schon beschlossen hat und schon heute zu den umweltfreundlichsten Verkehrsmitteln überhaupt zählt.

Die SBB fährt zu einem Viertel mit Atomstrom. (Bild: Keystone, Gaetan Bally)

Die SBB prüfen die Einführung eines teureren Öko-Billetts. Dies obwohl die Bahn den Ausstieg aus dem Atomstrom sowieso schon beschlossen hat und schon heute zu den umweltfreundlichsten Verkehrsmitteln überhaupt zählt.

Kaum hat die Bahn bekannt gegeben, dass die Billettpreise schon wieder stark steigen, nämlich um durchschnittlich 5.2 Prozent, denken die SBB schon laut über die nächste Preiserhöhung nach, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet. Für einmal soll aber nur zahlen, wer will: Ein Zuschlag für Kunden, die sich ausschliesslich mit erneuerbarer Energie befördern lassen wollen.

Auf den ersten Blick eine scheinbar gute Idee, die von der CVP auch auf dem politischen Parkett den nötigen Schub bekommt. Fünf Prozent Aufpreis schlägt die Partei von Verkehrsministerin Doris Leuthard vor.

Fünf Prozent mehr? Wir rechnen nach: Von den Einnahmen aus dem Verkauf eines Billetts muss die Bahn nur gerade vier Prozent ausgeben, um die gesamten Energiekosten zu decken. Schon heute fährt die Bahn zudem zu drei Vierteln mit Strom aus Wasserkraft. Atomstrom macht nur noch einen Viertel, ab 2013 gar nur noch ein Fünftel aus. Das Unternehmen muss also heute gerade noch ein Prozent der Einnahmen aus dem Billettverkauf für Atomstrom aufwenden. Will die Bahn auch diesen Strom noch durch solchen aus ökologischer Produktion ersetzen, müsste sie rund doppelt so viel dafür bezahlen oder anders gesagt: Die Kosten einer Bahnfahrt würden sich in etwa um ein Prozent erhöhen, nicht um fünf.

Damit konfrontiert, beschwichtigt SBB-Sprecher Daniel Bach: Die Bahn habe noch nicht entschieden, wie hoch ein solcher Zuschlag wäre. Dieser werde aber eher tiefer ausfallen als die von der CVP vorgeschlagenen fünf Prozent. Die Idee eines solchen Öko-Zuschlags habe der SBB-Kundenbeirat vorgebracht. «Wir klären jetzt ab, wie gross dieses Kundenbedürfnis ist», sagt der SBB-Sprecher.

Raimund Hächler, Mitglied des SBB-Kundenbeirats und Solarunternehmer, kann der Idee eines freiwilligen Zuschlags denn auch wenig abgewinnen. Die Bahn müsse wegen der steigenden Trassenpreise die Billettpreis sowieso schon weiter erhöhen. Die Schmerzgrenze sei erreicht. «Ich bin strikt dagegen, dass die Bahn jetzt bei den Kunden um Almosen bettelt». sagt Hächler. Der Bundesrat habe ja den Ausstieg aus der Atomenergie bereits beschlossen und die Bahn sei sowieso schon das umweltfreundlichste Verkehrsmittel. Weshalb sollten da ausgerechnet die Bahnkunden zusätzlich noch einen Öko-Zuschlag zahlen?

Tatsächlich wirbt die SBB selbst damit, dass Reisende mit der Bahn durchschnittlich viermal weniger Energie verbrauchen und zwanzigmal weniger CO2 ausstossen als bei einer vergleichbaren Reise mit dem Auto oder Flugzeug – umgerechnet entspreche der Energieverbrauch lediglich einem Liter Benzin pro hundert Kilometer.

Auch Elmar Grosse Ruse, Projektleiter Klima & Energie beim WWF Schweiz, zeigt sich kritisch: Bei einem solchen Zuschlag müsse für die Kunden absolut transparent sein, wofür die Bahn das Geld einsetze. Vor allem aber dürfe damit nicht einfach der von der Bahn ohnehin schon beschlossene Ausstieg aus der Atomkraft mitfinanziert werden. Und der Baselbieter SP-Nationalrat und Energiespezialist Eric Nussbaumer betont: «Ein solcher Öko-Zuschlag ist nur akzeptabel, wenn die Bahn dank dieser Zusatzeinnahmen sofort noch ökologischer wird, also zum Beispiel überprüfbar früher aus der Kernenergie aussteigt.»

Doch diese Forderung kann die Bahn gar nicht erfüllen, denn noch hat der Verwaltungsrat der SBB erst entschieden, dass er, aber noch nicht genau wann er aussteigen will: Spätestens im Jahr 2025, doch rechnen lässt das Gremium die Fachleute auch, was ein Ausstieg bis 2019 kosten würde.

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