Tram 8: Vom Turnfest-Zubringer zum Grenzgänger

Die Eröffnung der verlängerten Tramlinie 8 wird als Meilenstein des grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehrs gefeiert. Dabei fuhren früher mehrere Drämmli ins nahe Ausland, und auch die Gleise der Achter-Linie reichten einst fast bis zur Grenze.

Einstige Endstation im Dorfkern der Gemeinde Kleinhüningen beim Gasthof Krone

Die Eröffnung der verlängerten Tramlinie 8 wird als Meilenstein des grenzüberschreitenden öffentlichen Nahverkehrs gefeiert. Dabei fuhren früher mehrere Drämmli ins nahe Ausland, und auch die Gleise der Achter-Linie reichten einst fast bis zur Grenze.

Wer auf die Geschichte der Tramlinie 8 zurückblickt, stösst auf mehrere Geschichten: Da ist erstens die Geschichte des Trams mit der Nummer 8, zweitens die Geschichte der Streckenführung nach Kleinhüningen und drittens diejenige des grenzüberschreitenden Verkehrs, der früher zur Normalität auf dem Basler Strassenbahn-Netz gehörte.

Zur ersten Geschichte: Die Geburtsstunde der Strassenbahnlinie 8 war am 5. Juli 1912. Eine reguläre Linie war der Achter ursprünglich aber nicht, sondern lediglich eine temporäre Zubringerverbindung zum 56. Eidgenössischen Turnfest, das in jenem Sommer auf der damals noch praktisch freistehenden Schützenmatte stattfand.

Schwierige Anbindung des Neubadquartiers

Es lag nun eigentlich auf der Hand, die Linie nach dem Turnfest auszubauen, um das wachsende Neubadquartier zu erschliessen. Doch so einfach war dies nicht. Der Grosse Rat erteilte den Plänen, die Linie vom Spalenring über die Arnold Böcklin-Strasse ins Neubad zu führen, eine klare Abfuhr. Das Bachlettenquartier, so die Begründung, sollte unbehelligt bleiben.

Die heutige Strecke durch die Neubadstrasse bis zum Neuweilerplatz wurde erst 1919 beschlossen. Als dringliche Massnahme übrigens und unter Ausschluss des Referendums, um während der damaligen Wirtschaftskrise Arbeitsplätze zu schaffen – eine obligatorische Arbeitslosenversicherung existierte damals noch nicht.

Bis weit nach Kleinhüningen hinein

Die Streckenteil vom Claraplatz in Richtung Norden ist einiges älter. Bereits 1897, also bereits zwei Jahre nach der Einweihung der ersten elektrifizierten Tramlinie Basels, fuhren die ersten Strassenbahnwagen, sie trugen damals die Nummer Vier, vom Claraplatz bis in die damals noch eigenständige Gemeinde Kleinhüningen. Und zwar bereits richtig nach Kleinhüningen hinein, durch die Dorfstrasse bis zum Gasthof Krone bei der Pfarrgasse.

In den 1930er-Jahren wurde die Strecke in Kleinhüningen auf Doppenspur ausgebaut und bis weit in die Kleinhüningeranlage hinein in Richtung Landesgrenze weitergeführt. Es blieb allerdings bei zwei Stummelgleisen, die als Abstellgleise genutzt wurden. Zum weiteren Ausbau der Strecke kam es nicht – im Gegenteil: 1960 verschwanden die Tramgleise nördlich der Wiese, um dem stark anwachsenden Auto- und Lastwagenverkehr Platz zu machen.

Drei grenzüberschreitende Linien



Stadtplan aus dem Jahr 1940 mit den beiden grenzüberschreitenden Tramlinien nach Saint Louis und Hüningen

Stadtplan aus dem Jahr 1940 mit den beiden grenzüberschreitenden Tramlinien nach Saint Louis und Hüningen (Bild: www.stadtplan.bs.ch/geoviewer)

Der Linie 8 reichte es damals also noch nicht ganz bis über die Landesgrenze, die aber an anderen Orten der Stadt sehr wohl überquert wurde. Gleich an drei Stellen fuhren einst Basler Drämmli über die Landesgrenzen hinaus ins Ausland: nämlich nach Saint-Louis, nach Hüningen und nach Lörrach:

  • 1899 beschloss der Grosse Rat den Bau einer Strassenbahnlinie durch das St. Johanns-Quartier bis zur Grenze zu St. Ludwig, das damals noch zum Deutschen Reich gehörte; bereits ein Jahr darauf überquerten die Tramzüge die Grenze, und ab 1911 fuhren sie bis zur katholischen Kirche der elsässischen Gemeinde.
  • Ende 1910 folgte die Einweihung der Tramlinie nach Hüningen. Es bestand sogar die Absicht, diese Linie bis nach Neudorf (Village-Neuf) zu verlängern, samt Güterwagen für die dort ansässigen Gemüsemarktfahrer. Dazu kam es aber nicht.
  • 1914 war Baubeginn der dritten grenzüberschreitenden Strecke nach Lörrach. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs sorgte aber für einen Unterbruch der Bauarbeiten, so dass erst 1919 Pendelwagen bis zum Lörracher Bahnhof verkehrten.

Dem Strassenverkehr geopfert

Alle drei Linien wurden während des Zweiten Weltkriegs unterbrochen, 1947 aber wieder in Betrieb genommen. Das (vorerst) endgültige Aus folgte dann Anfang der 1960er-Jahre. Die Trams wurden durch Autobusse ersetzt.

Erst in jüngerer Vergangenheit gelangten grenzüberschreitende Tramlinie wieder auf die politische Traktandenliste. Nach der Tramlinie 8 soll nun auch die Linie 3 über die Grenze verlängert werden und zwar bis nach Saint-Louis – allerdings nicht auf der alten direkten Strecke, sondern mit einem Umweg über die westlichen Aussenquartiere der elsässischen Gemeinde.


Gleichzeitig zur feierlichen Eröffnung der verlängerten Tramlinie 8 erscheint im Christoph Merian Verlag das Buch «Tram 8 – Grenzenlos». Das vom Tiefbauamt Basel-Stadt herausgegebene Werk gibt nicht nur die Strecken-, Planungs- und Baugeschichte wieder, sondern öffnet auch Blicke auf verschiedene bekannte und weniger bekannte Schauplätze entlang der Strecke.

 

 

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