Trittst im Abendgrau daher

In ihrer Ansprache zum 1. August forderte sich Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann mit einem Diskurs zu Grenzen heraus. Grossratspräsident Joël Thüring versuchte in seiner Festrede den Heimatstolz zu relativieren.

«Grenzen schliessen nicht nur aus, sie halten auch zusammen»: Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann sprach und sang in Riehen. (Bild: Dominique Spirgi)

«Aus dem grauen Luftgebilde/Tritt die Sonne klar und milde», besagt oder besser besingt die Landeshymne in ihrer dritten Strophe. Das mit der Sonne war nicht ganz so. Als der «Schweizerpsalm» im Sarasinpark zu Ende gesungen war, setzte Regen ein. Zuerst sanft, dann ziemlich kräftig. Die Organisatoren der Bundesfeier in Riehen hatten gut daran getan, ein grosses Festzelt aufzustellen.

In solchen Zelten pflegt man für gewöhnlich die Geselligkeit, das angeregte Gespräch bei Wurst, Bier und Wein. Dies bekamen die Redner an diesem Abend zu spüren: Ihre Worte fielen lediglich auf «geteilte Aufmerksamkeit», wie Elisabeth Ackermann ihre Ansprache mit einem leicht ironischen Seitenhieb beendete.

«Grenzen halten zusammen»

Die grüne Basler Regierungspräsidentin war als offizielle Festrednerin im stramm bürgerlichen Riehen angetreten. Sie versuchte sich in einem Diskurs über Grenzen, ein Begriff, den sie – anders noch als in ihrer Jugendzeit – heute nicht mehr nur als negativ befrachtet verstehe: «Grenzen schliessen nicht nur aus, sie halten auch zusammen», sagte sie. Zum Beispiel eben die Schweiz, auf deren Werte wie «Freiheit, Gleichheit und Solidarität mit Schwachen» sie durchaus stolz sei.

Es war eine inhaltlich nicht überbefrachtete, mehrheitsfähige und kurze Rede, die auch im bürgerlichen Riehen Anklang fand – zumindest bei denjenigen, die ihr gefolgt waren und die Worte mit einem kräftigen Applaus bedachten.

Und während draussen die Kinder im strikt abgegrenzten und von Feuerwehrleuten überwachten Bereich ihre Knallfrösche wieder in Gang zu setzen begannen, stimmten die Menschen im Festzelt die Nationalhymne an. Wie es sich gehört stehend, forsch begleitet durch den Musikverein und den Posaunenchor Riehen, und diesmal mit ungeteilter Aufmerksamkeit. Mitten in den anderen sang auch Elisabeth Ackermann, deren Mundbewegungen verrieten, dass sie den musikalischen Weg vom Morgenrot her mehr als nur alibimässig mitging.

«Liebe Schweiz, bleib Schweiz»

Ob Grossratspräsident Joël Thüring auf dem Bruderholz ebenso engagiert mitgesungen hat, entzieht sich unserem Wissen, denn auch die TagesWoche musste ihre Aufmerksamkeit teilen. Aber der SVP-Politiker hat seine Rede im Internet veröffentlicht, sodass wir dennoch etwas zu berichten haben.

Wie bei einem SVP-Politiker nicht anders zu erwarten, spielte hier der Stolz auf eine Schweiz mit ihrer «bestfunktionierenden direkten Demokratie der Welt». Doch auch Thüring legte offensichtlich Wert auf mehrheitsfähige Worte in der links-grünen Stadt Basel (auch wenn der Standort Bruderholz womöglich etwas nach rechts abfallen dürfte). So liess er Aussprüchen wie «liebe Schweiz, bleib Schweiz» differenziertere Aussagen folgen wie: «Heimat ändert sich, weil wir uns ändern, und auch, weil andere Menschen zu unserer Gesellschaft dazukommen.»

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