Der neue US-Präsident Donald Trump spricht gerne und viel – auch über die Pharma-Branche, den Wirtschaftsmotor der Nordwestschweiz. Bedroht Trump das Geschäft hiesiger Firmen, oder ist alles nur Schall und Rauch?
Es ist kein Geheimnis, dass es Basel – ja der ganzen Schweiz – ohne die Pharma-Branche wirtschaftlich schlecht gehen würde. Wie schlecht, das zeigt ein Blick auf die Schweizer Handelsbilanz: Die wäre letztes Jahr ohne die Finanzspritze von Basler Pharma-Firmen im Minus gewesen.
Keine Einzeldiagnose: Ohne die Pharma-Branche wäre die Schweizer Handelsbilanz in den vergangenen 15 Jahren negativ gewesen.
Jede negative Veränderung von Pharma oder Life-Sciences würde die Region Basel hart treffen. Doch genau das droht nun laut Experten der UBS, wie die NZZ berichtete: Der neue US-Präsident Donald Trump stelle ein Risiko für den Pharmastandort Schweiz dar. Dies etwa, weil er massiv günstigere Medikamentenpreise gefordert hatte. Das führt wiederum zur UBS-Prognose, wonach sich die Schweizer Aussenhandelszahlen «spürbar verändern» könnten.
Trump: Schwere Risiken und Nebenwirkungen?
Dass Trump die Pharma-Industrie empfindlich treffen will, behauptet er schon lange. Gerne betont der Präsident, er werde etwas gegen die überhöhten Medikamentenpreise unternehmen – was die US-Pharma-Aktien jeweils kurz zum Fallen bringt. Immer wieder.
Nach einem Treffen mit dem Branchenverband PhRMA, an dem auch PhRMA Chairman Elect und Novartis-CEO Joseph Jimenez teilnahm, klang Trump dann schon etwas versöhnlicher.
Allerdings sprach er auch bei diesem Treffen über noch nicht näher definierte «Massnahmen», die man durchaus als angedrohte Strafzölle für ausländische Firmen lesen kann. Und kurz darauf, im März, verschärfte Trump den Tonfall wieder: «Wenn die Reform des Gesundheitswesens durch ist und wir Obamacare los sind, dann wird es Zeit, dass wir uns um Medikamente kümmern», so der Präsident.
Absturz Trumpcare: Gut für Basels Pharma
Doch es kam, wie es in seiner bisherigen Amtszeit bisher fast immer kam: Statt «winning» obenauf zu schwimmen ging der Republikaner wenige Tage später nach dieser Ankündigung mit seiner Trumpcare unter.
Eine strikte Umsetzung von Trumpcare hätte bedeutet: weniger Versicherte, ein kleineres US-Gesundheitswesen, Veränderungen bei der Bezahlung verschreibungspflichtiger Medikamente – entsprechend weniger Business. Nach dem Trumpcare-Flop setzten US-Spital- und Pharma-Aktien dementsprechend zu einem Höhenflug an.
«Es ist sicher eine Erleichterung für den Wirtschaftsstandort Basel, dass Trumpcare nicht durchgekommen ist», sagt Regula Ruetz, Direktorin von Metrobasel, dem Think-Tank für die Entwicklung der Metropolitanregion Basel.
Schall und Rauch
Rhetorisch mag Trumps Devise auch im Gesundheitswesen «America First» und «alles anders als bisher» lauten. Doch bisher hat er das Gegenteil erreicht: Die bei manchen Republikanern so verhasste Obamacare ist in der Bevölkerung beliebt wie nie zuvor.
In dieselbe Richtung deutet Trumps Nominierung von Scott Gottlieb zum neuen Vorsteher der nationalen Gesundheitsbehörde FDA (Food and Drug Administration). Gottlieb hat als Pharma-Lobbyist die FDA-Regulierungen für neue Medikamente jahrelang als zu streng bekämpft − entsprechend kritisch wurde er vom US-Senat zu seinen Verbindungen zur Industrie befragt.
Ein Präsident, der seine angekündigten Reformen nicht durchbringt, ein Pharma-Lobbyist als Chef der obersten Kontrollbehörde: Sind Trumps Ankündigungen nur Schall und Rauch, sind die wirtschaftlichen Sorgen des Auslands über Trumps Präsidentschaft übertrieben?
Schädliche Unsicherheit für den Standort Basel
Das Problem mit Trumps Regierung für die Wirtschaft von Europa und der Schweiz liegt vor allem in der Unberechenbarkeit von Trumps Politik, wie Kommentatoren schon festgehalten haben. Bezogen auf den Pharma- und Wirtschafts-Standort Basel hält auch Metrobasel-Direktorin Regula Ruetz fest: «Trump ist unberechenbar und gefährlich.»
Zwar sei es für die Pharmabranche von Vorteil, dass Trumpcare nicht durchgekommen sei, aber die negativen Faktoren der Politik von Trump überwiegen dennoch bei Weitem. Ruetz: «Die Androhungen der Strafzölle, die Unsicherheit, wie es genau mit der Gesundheitspolitik im wichtigen amerikanischen Markt weitergeht: All das schafft grosse Unsicherheit und wirkt deshalb investitionshemmend. Die negativen Auswirkungen sind auch für unseren Standort spürbar.»
Gefährlich könnte laut Ruetz auch die Tendenz der Regierung Trump zur erneuten totalen Deregulierung sein – beispielsweise bei den Banken. Dies würde zu einer erhöhten Gefahr einer erneuten Überhitzung der Wirtschaft führen. Auch die nationalistischen Tendenzen und die Abschottungspolitik des Trump-Lagers seien keine guten Voraussetzungen für stabile und offene Wirtschaftsbeziehungen und somit für den Basler Standort.
«Der Politik von Trump fehlt jede Besonnenheit», so Ruetz. Es brauche sicher auch Deregulierungsanstrengungen. Die Forderung von Trump nach «one in, two out» (für jede neue Regulierung werden zwei alte aufgehoben), würde sie teilen. Allerdings gelte es genau zu prüfen, welche Regulierungen wenig sinnvoll und deshalb aufzuheben sind.
Regula Ruetz: «Eine der Hauptfolgen von Trumps offensiver und unberechenbarer Art, Politik zu machen: grosse Unberechenbarkeit und Unsicherheit. Das ist für Wirtschaftsstandorte generell schlecht.»
Gute Miene zum bösen Spiel
Die Unsicherheit ist nicht zu leugnen – wie konkret Trump seine «America First»-Strategie tatsächlich umsetzen kann, wird sich zeigen. Die TagesWoche hat bei Novartis und Roche angefragt, ob sich die Befürchtungen um schwieriger werdende Beziehungen zwischen der Schweizer Pharma und dem US-Markt nach dem Scheitern von Obamacare etwas entspannt haben.
Von den Pharma-Firmen hört man – wenig überraschend – neutrale bis optimistisch klingende Einschätzungen, die das eigentliche Thema gekonnt auslassen. «Novartis unterstützt legislative Anstrengungen, um den Zugang zu einer erschwinglichen Gesundheitsversorgung zu ermöglichen und die wissenschaftliche Innovation zu fördern. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit der Administration bei der Unterstützung dieser Ziele», so Sprecher Satoshi Jean-Paul Sugimoto auf Anfrage.
Bei der Roche heisst es, man sei «überzeugt, dass die USA auch in Zukunft Innovation und medizinische Therapiedurchbrüche honorieren werden», und da sehe sich die Firma «gut aufgestellt», sagt Sprecherin Ulrike Engels-Lange. Sie fügt an: «Wie auch schon in der Vergangenheit, werden wir auch zukünftig mit den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass Patienten Zugang zu unseren innovativen Medikamenten haben.»